Mehr Erkenntnis statt mehr Wissen

Am 168. Jahrestag der ETH zeigte Rektor Günther Dissertori auf, wie er die Lehre weiter verbessern möchte. ETH-Präsident Joël Mesot und SNB-Präsident Thomas Jordan sprachen darüber, wie die ETH zu einer starken Schweiz beiträgt und was es braucht, dass sie ihren Auftrag weiter wahrnehmen kann.

Der Rektor der ETH vor dem Podium, im Hintergrund das Orchester
ETH-Zürich-Rektor Günther Dissertori eröffnete feierlich den diesjährigen ETH-Tag. (Bild: Alessandro Della Bella / ETH Zürich)

Am 18. November feierte die ETH Zürich unter Beisein von hochkarätigen Gästen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik ihren 168. Geburtstag. ETH-Präsident Joël Mesot kam an diesem Samstagmorgen darauf zu sprechen, wie die ETH Zürich mit ihrer Lehre, Forschung und Wissenstransfer zu einer resilienteren Gesellschaft beiträgt. «Vieles, was in unseren 16 Departementen erdacht, entdeckt und verwertet wird, unterstützt die Schweiz und die Welt darin, auf Krisen und Systemstörungen bestmöglich zu reagieren.» Als konkrete Beispiele nannte Joël Mesot einerseits die dieses Jahr mit der Industrie lancierte Koalition für grüne Energie und Speicherung, anderseits das von ETH-Forschenden entwickelte Netzwerk SCION für eine sicherere Internetkommunikation. Um als Institution selbst resilient zu sein, brauche es Vertrauen, Netzwerke und eine verlässliche Finanzierung der Hochschule.

Erkenntnis statt Wissen

«Unserer Herausforderungen, die Krisen sind international. Also soll es, muss es auch die Bildung sein», betonte auch Günther Dissertori, Rektor der ETH Zürich. Aus diesem Grund sei es wichtig, in engem Austausch mit anderen europäischen Hochschulen zu bleiben – so trat die ETH vor rund einem Jahr dem europäischen Universitätsnetzwerk ENHANCE bei.

Dissertori kündigte zudem ein grosses Reformprojekt an, mit welchem der akademische Kalender und das Prüfungswesen so umgestaltet werden sollen, dass die Studierenden mehr zeitlichen Freiraum gewinnen. Zusätzlich sei es wichtig, inhaltlichen Freiraum zu schaffen. «Unser Auftrag ist es, Menschen auszubilden, die die Probleme von morgen lösen können», sagt Dissertori. Diese Probleme – wie beispielsweise der Klimawandel – seien sehr komplex und zum Teil miteinander verknüpft. Aus diesem Grund brauche es bei den Studierenden mehr denn je vernetztes Denken. «Wir müssen den Fokus nicht auf ‘mehr Wissen’, sondern auf ‘mehr Erkenntnis’ legen», so Dissertori.

Unabhängigkeit ist für Forschung und Geldpolitik zentral

Die Festansprache in diesem Jahr hielt Thomas Jordan, Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Die SNB und die ETH seien nicht nur über gemeinsame Projekte und die Konjunkturforschungsstelle KOF miteinander verbunden, sondern hätten auch zahlreiche Parallelen, so Jordan. Beide Institutionen schafften wichtige Voraussetzungen für Wohlstand und Wachstum in der Schweiz und müssten höchst flexibel sein, um auf ein sich rasch veränderndes Umfeld reagieren zu können – sei das eine Pandemie oder eine Krise bei einer Grossbank. «Ohne Unabhängigkeit gibt es keine freie Forschung und keine von Partikularinteressen abgeschirmte Geldpolitik», so Jordan. Diesen grossen Handlungsspielraum gelte es zu bewahren und gleichzeitig bescheiden zu bleiben und sich selbst immer wieder kritisch zu hinterfragen.

Engagierte Studierende

Selbstverständlich kamen auch die Studierenden am ETH-Tag zu Wort: Junge Forschende aus dem Departement Biologie gewährten Einblick in ausgewählte Projekte und Julia Bogdan, Präsidentin des Studierendenverbands VSETH, betonte in ihrer Ansprache das einmalige Netzwerk, das die ETH den Studierenden ermögliche, aufzubauen. Bogdan sprach aber auch vom grossen Leistungsdruck an der Hochschule, der sich negativ auf die psychische Gesundheit der Studierenden auswirken kann.

Julia Bogdan verlieh im Namen der Studierenden im Anschluss zudem die goldene Eule an besonders engagierte Dozierende. Nicola Zamboni aus dem Departement Biologie wurde zusätzlich mit dem Credit Suisse Award for Best Teaching geehrt. Es ist dies die höchste Auszeichnung für die Lehre an der ETH.

Eine Ehrenrätin und ein Ehrenrat ernannt

Traditionsgemäss verleiht die ETH Zürich am ETH-Tag auch die Ehrenratswürde an Persönlichkeiten, die entweder wesentliche wissenschaftliche Arbeiten oder Arbeitsgebiete an der ETH Zürich fördern oder die Hochschule als Ganzes unterstützen. 2023 wurde Wera Hotz Kowner, die als erste Studentin überhaupt Elektrotechnik an der ETH Zürich abgeschlossen hat, für ihre herausragenden Verdienste in der Förderung junger Talente zur Ehrenrätin ernannt. Franz von Meyenburg erhielt die Würde für seine visionäre Förderung des Hochschul- und Klinikstandortes Zürich sowie für die Stärkung des Zusammenspiels von Medizin und Technik im Dienst der Gesellschaft.

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Verleihung der Goldenen Eule für die beste Lehre (Video: ETH Zürich)
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