«Macht ist nicht per se gut oder schlecht»

Die Arbeitspsychologin Petra Schmid befasst sich mit den Auswirkungen sozialer Macht. Ihr interdisziplinärer Ansatz umfasst sowohl Laborexperimente als auch Umfragestudien.

Frau mit gemusteter Bluse lehnt sich an einen Pfeiler einer Wand.
Arbeitspsychologin Petra Schmid: «Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen, dass ihre Arbeit wahrgenommen und geschätzt wird.» (Bild: ETH Zürich / Daniel Winkler

Sie untersuchen die Wirkung sozialer Macht auf unser Verhalten. Was verstehen Sie darunter?
Bei der sozialen Macht geht es um die Kontrolle begehrter Ressourcen wie Geld oder Essen, aber auch Zuneigung oder Wissen. Es reicht nicht, dass jemand Kontrolle über die Ressourcen hat – eine Person ist nur dann sozial mächtig, wenn auch eine andere Person diese Ressourcen begehrt.

Was war Ihre bisher überraschendste Erkenntnis?
Macht wurde lange als etwas Befreiendes beschrieben. Unabhängig von anderen Leuten kann man tun und lassen, was einem gefällt. Daraus folgerte man, dass Macht unweigerlich zu schneller, automatischer Informationsverarbeitung und hemmungslosem Verhalten führt. Meine Forschung zeigt aber, dass Leute, die sich mächtig fühlen, ihr Verhalten und ihre Kognitionen besser kontrollieren können, weshalb sie auch ihre Ziele besser erreichen als Leute, die sich machtlos fühlen.

In welchen Situationen fühlen Sie sich ohnmächtig?
Wenn ich ein Review von «Reviewer 2» bekomme! «Reviewer 2» ist ein Insiderbegriff für herablassende, überkritische und unflexible Gutachter, die wissenschaftliche Arbeiten voreingenommen und destruktiv beurteilen.

Kann man die eigene soziale Macht beeinflussen?
Man kann soziale Macht erlangen, indem man die Leiter einer Hierarchie emporklettert. Macht ist aber auch ein psychologischer Zustand, das heisst, Menschen zeigen unabhängig von ihrer Position unterschiedliche Machtgefühle. Diese werden von der Charaktereigenschaft oder der Stimmung der Person bestimmt, aber auch von aussen – je nach Situation oder Interaktionspartner.

Sind Menschen, die sich machtvoll fühlen, die besseren Arbeitskräfte?
Macht ist nicht per se gut oder schlecht. Leute, die sich mächtig fühlen, lassen sich weniger ablenken oder setzen leichter Prioritäten, was im Arbeitsumfeld sicher ein Vorteil sein kann. Meine Forschung zeigt aber auch, dass Leute, die sich mächtig fühlen, eher Stereotype und Vorurteile gegenüber anderen Gruppen haben.

Was ist das Wichtigste, um Mitarbeitende zu motivieren?
Anerkennung zeigen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen, dass ihre Arbeit wahrgenommen und geschätzt wird.

Zur Person

Petra Schmid ist Professorin für Organizational Behavior am Departement Management, Technologie und Ökologie der ETH Zürich.

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Globe 23/03 Titelblatt:

Dieser Text ist in der Ausgabe 23/03 des ETH-​​​​Magazins Globe erschienen.

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