Spark Award für neues biochemisches Verfahren

Ob Diagnostik oder Therapie: Das biochemische Verfahren von Daniel Richter, Edgars Lakis und Jörn Piel verspricht vielseitige Anwendungsmöglichkeiten in Forschung und Medizin. Für ihre Innovation wurden sie jetzt mit dem Spark Award 2022 der ETH Zürich ausgezeichnet.

Die Gewinner des Spark Awards 2022
Die Gewinner des Spark Awards 2022 (v.l.n.r.): Edgars Lakis, Jörn Piel und Daniel Richter mit Vanessa Wood, ETH Vizepräsidentin für Wissenstransfer und Wirtschaftsbeziehungen. (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)

Die Überraschung hätte nicht grösser sein können. «Wir haben überhaupt nicht mit dem Sieg gerechnet, da unsere Technologie so schwierig zu erklären ist», sagt Jörn Piel. Gemeinsam mit Daniel Richter und Edgars Lakis hat der ETH-Professor für Mikrobiologische Interaktionen ein neuartiges biochemisches Verfahren entwickelt. Damit können Proteine zum Beispiel mit einem Wirkstoff beladen werden, den sie anschliessend an die richtige Stelle im Körper transportieren. Gestern Abend wurden sie dafür vor rund 150 Gästen im Audi Max der ETH Zürich mit dem Spark Award 2022 ausgezeichnet. ETH transfer, die Technologietransferstelle der ETH Zürich, richtete in diesem Jahr bereits zum elften Mal die Preisverleihung für die vielversprechendste Innovation der Hochschule aus.

Insgesamt verzeichnete die ETH Zürich im vergangenen Jahr 99 zum Patent angemeldete Erfindungen. Davon kamen 20 in die Endauswahl für den Award und fünf bis ins Finale. Die Jury und die Experten von ETH transfer überzeugten die vielfältigen Anwendungs-möglichkeiten des Verfahrens der drei Mikrobiologen. Es kann sowohl zur Behandlung von Erkrankungen eingesetzt werden als auch in der Diagnostik und der pharmazeutischen Forschung.

Der grösste Traum der Erfinder: «Wir hoffen es künftig in der Krebstherapie einsetzen zu können, indem wir Antikörper modifizieren», sagt Daniel Richter. Entstanden ist die Methode aus seiner Masterarbeit am Institut für Mikrobiologie. Im nächsten Schritt hat er sie gemeinsam mit Doktorand Edgars Lakis weiterentwickelt. Pluspunkt ihres Verfahrens ist, dass Proteine auch innerhalb von lebenden Zellen verändert werden können.

Erfolgreiche Schweizer Erfindungen

Die diesjährigen Gewinner des Spark Awards reihen sich in eine lange Reihe erfolgreicher Innovationen aus der Schweiz ein. «Die Schweiz ist eine Nation der Erfinderinnen und Erfinder», betonte denn auch Vanessa Wood, ETH Vizepräsidentin für Wissenstransfer und Wirtschaftsbeziehungen, in ihrer Begrüssungsrede. Weltweit läge sie auf Platz drei.

Die ETH Zürich steuere jährlich rund hundert Patente dazu bei, die zudem oft in erfolgreichen Unternehmen mündeten. Als Beispiele nannte Wood frühere Spark Award-Gewinner wie das ETH Spin-off Haelixa, das sich mit der Rückverfolgung von Produkten auf DNA-Basis einen Namen gemacht hat, oder die Vorjahresgewinner, die ihre Herstellungsmethode für nachhaltige Verbundwerkstoffe nun mit dem Spin-off Antefil Composites umsetzen.

Vanessa Wood im vollen Audi Max.
Vanessa Wood, ETH Vizepräsidentin für Wissenstransfer und Wirtschaftsbeziehungen, begrüsst die Gäste im vollen Audi Max. (Bild:ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)

Bis das Verfahren der Gewinner des Spark Award 2022 in der pharmazeutischen Industrie und schliesslich in der Medizin und Diagnostik zur Anwendung kommen wird, ist es allerdings noch ein längerer Weg. Dessen sind sich die drei Forschenden auch bewusst. Als nächsten Meilenstein gilt es, die prinzipielle Durchführbarkeit nachzuweisen. Anschliessend könnten die Prototypen in vorklinischen Studien an Modellorganismen getestet werden.

Durchhaltevermögen ist essenziell

Dass Innovation einen langen Atem braucht, bestätigte auch Keynote-Rednerin Veronique Larcher, Direktorin für AMBEO Immersive Audio bei Sennheiser. Um Produkte von herausragender Qualität zu entwickeln, ist mehr als Forschung und Wissenschaft nötig, betonte die musikbegeisterte Mathematikerin, die mit ihrer Tätigkeit für Sennheiser ihre beiden Leidenschaften verbinden kann.

«Es braucht Durchhaltevermögen und man muss auch Misserfolge in Kauf nehmen», so Larcher. Nur durch gute Zusammenarbeit im Team und ein Verständnis für die Bedürfnisse der Zielgruppe könne man am Ende ein erfolgreiches Produkt entwickeln.

Keynote-Rednerin Veronique Larcher
Keynote-Rednerin Veronique Larcher, Direktorin für AMBEO Immersive Audio bei Sennheiser. (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)

Die Siegertechnologie:

Vielseitiges Verfahren: Daniel Richter, Edgars Lakis und Jörn Piel haben ein biochemisches Verfahren entwickelt, das grosses Potenzial für Medizin und Forschung in sich birgt. Mit ihrer Methode können sie ein ausgewähltes Protein mit einer frei wählbaren Nutzlast, zum Beispiel einem Arzneimittel oder einem Biomarker, verbinden. Da die Verbindungs-Reaktion selektiv stattfindet, können Zellfunktionen präzise verändert werden.

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Die Finalisten

Feines Fingerspitzengefühl: Robotern fehlt es bislang an Fingerspitzengefühl. Dadurch fassen sie entweder zu fest zu und zerbrechen Objekte oder sie fallen ihnen aus der Hand. Johannes Weichart, Cosmin Roman und Christofer Hierold haben eine flexible Netzstruktur mit dicht aneinander gefügten Sensoren entwickelt, die dem Rezeptornetz der menschlichen Hände ähnelt. Sie soll künftig in Roboterhände integriert werden. So können sie Objekte besser ertasten und festhalten.

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Schnellere Wirkstoffprüfung: Die Entwicklung von Medikamenten ist teuer und langwierig. Umso wichtiger ist es, möglichst früh die Wirkstoffkandidaten zu identifizieren, für die eine Weiterentwicklung vielversprechend ist. Matthias Bütikofer, Roland Riek und Félix Torres haben eine Messmethode auf Basis der Kernspinresonanz (NMR) Spektroskopie erfunden, die schnell und zuverlässig zeigt, ob ein Wirkstoffkandidat mit dem Ziel-Molekül interagiert und mit welcher Intensität.

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Pflanzliches Fleisch: Der Markt für Fleischersatz-Produkte wächst. Besonders beliebt sind pflanzliche Alternativen, deren Konsistenz, Geschmack und Optik an Fleisch erinnern. Martin Hofmann und Jan Vermant haben ein Verfahren entwickelt, mit dem in vegetarischen Produkten das für Steaks typische Muskel- und Fettmuster erzeugt werden kann. Das Verfahren ist gut skalierbar und eignet sich insbesondere für den industriellen Einsatz.

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Digitales Bargeld: Nur Bares ist Wahres – heisst es nicht zu Unrecht. Wer bar zahlt, kann sicher sein, dass das Geld beim Empfänger ankommt, und dass die Zahlung bei Bedarf vertraulich bleibt. Dies soll künftig auch bei Transaktionen mit digitalen Währungen möglich sein. Karl Wüst, Kari Kostiainen und Srdjan Capkun haben die digitale Währung «Platypus» entwickelt, die Inlandszahlungen zuverlässig und einfach abwickelt und zugleich die Privatsphäre schützt.

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