Die Pandemie nagt an der Zufriedenheit der ETH-Studierenden

62 Prozent sind zufrieden mit ihrem Studium, gegenüber 82 Prozent im Jahr 2015. Der Hauptgrund für den Rückgang ist die Pandemie. Bei vielen spezifischen Fragen – etwa zum Unterricht – hat sich die ETH aber verbessert. Das zeigt eine Umfrage bei den ETH-Studierenden.

Studenten der ETH auf der Polyterasse
Die Mehrheit der Studierenden ist und bleibt zufrieden, dennoch hat die Pandemie Spuren hinterlassen. (Bild: ETH Zürich)

Die Mehrheit ist zufrieden: 62 Prozent der Studierenden gaben an, mit ihrem Studium an der ETH zufrieden oder sogar sehr zufrieden sein. 27 Prozent waren unschlüssig und 12 Prozent sind unzufrieden oder sehr unzufrieden.

Das ergibt eine Umfrage, die die ETH im April durchgeführt hat. Zwischen dem 13. und 25. April hat eine externe Firma 17’876 Bachelor- und Masterstudierende angeschrieben, knapp 7600 haben bei der Online-Befragung mitgemacht. Nicht befragt wurden Weiterbildungs-Studierende und Doktorierende.

Im Jahr 2015 hat die ETH bereits einmal nach der Zufriedenheit mit dem Studium gefragt. Damals lag die Gesamtzufriedenheit höher: 82 Prozent gaben an, sehr zufrieden oder zufrieden zu sein, 14 Prozent waren unentschlossen und lediglich 5 Prozent unzufrieden.

Regula Christen, Leiterin der Abteilung Studentische Dienste an der ETH hat die Umfrage im Auftrag der Rektorin durchgeführt. Die Resultate überraschen sie nicht: «Dass die Zufriedenheit unter den aktuellen Verhältnissen leidet, haben wir erwartet. Die Umfrage ist aber vor allem dazu da, Warnsignale und verborgene Entwicklungen zu erkennen. Glücklicherweise sehen wir keine solchen. Die Probleme, die sich zeigen, sind uns bekannt.»

Pandemie raubt Motivation

Der Grund für die gesunkene Zufriedenheit liegt nahe, und lässt sich durch die Umfrage auch belegen: die persönliche Situation der Studierenden litt in der Pandemie. Sie beeinträchtigt viele in ihrem Studium.

Lediglich 57 Prozent stimmen zu, sich trotz Pandemie angemessen ihrem Studium widmen zu können. Von jenen, die dem widersprachen, empfinden vier von fünf eine fehlende Motivation und ebenso viele vermissen den Austausch mit anderen Studierenden.

Sarah Springman, Rektorin der ETH Zürich, sagt: «Wir sind uns bewusst, dass die Pandemie und die langen Phasen ohne Kontakt mit anderen Studierenden schwer wiegen. Das brachte einige in sehr schwierige Situationen. Auch deshalb war es uns so wichtig, dieses Semester wieder mit Unterricht vor Ort starten zu können.»

792 Studierende oder 13 Prozent haben der Aussage, dass ihre gesundheitliche Verfassung es ihnen erlaubt, sich ihrem Studium angemessen zu widmen, nur teilweise, eher oder gar nicht zugestimmt. Von diesen gibt wiederum die Mehrheit an, an einer vorübergehenden psychischen Beeinträchtigung zu leiden.

Hilfe und Unterstützung boten in schwierigen Situationen die verschiedenen Beratungsangebote an der ETH. Wer diese nutzte, fand sie mehrheitlich sehr hilfreich. Die Bekanntheit der Beratungsstellen variiert jedoch stark.

Guter Unterricht, zu wenig Zeit

Den Unterricht selbst bewerten die Studierenden mehrheitlich positiv: Trotz des Fernunterrichts geben 79 Prozent an, die Vorlesungen zu besuchen, für die sie sich eingeschrieben haben. 78 Prozent sagen, dass die Dozierenden auch ausserhalb der Vorlesungen für Fragen zur Verfügung stehen. Und 74 Prozent stimmten der Aussage zu, dass das Studium an der ETH Zürich ihre Fähigkeit fördert, Inhalte kritisch zu reflektieren und aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Im letzten Punkt ist die Zustimmung seit 2015 gestiegen.

Nach wie vor hadern die Studierenden mit der Zeit: nur 43 Prozent finden den zeitlichen Aufwand für ihr Studium angemessen, 35 Prozent stimmen zu, dass die Anzahl Kreditpunkte dem Aufwand gerecht werden. Und lediglich 30 Prozent empfindet, genügend Zeit zur Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen zu haben. 68 Prozent geben an, nicht genügend Ferien zu haben, um sich danach wieder erholt dem Unterricht zu widmen. Der aktuelle akademische Kalender, in dem Prüfungsphasen bis nahe an den Start des neuen Semesters reichen, wird denn auch von vielen in den freien Kommentaren bemängelt.

Sarah Springman sagt: «Wir sehen klar, dass es hier Handlungsbedarf gibt. Das akademische Jahr war bereits Thema an grossen strategischen Sitzungen mit den Departementen, den Dozierenden und den Studierenden. Der Entwurf erster alternativer Designs des akademischen Jahres waren Thema des diesjährigen Lehr-Retreats.»

Auch für andere Herausforderungen, die sich in der Umfrage zeigen, gäbe es bereits Lösungen – oder sie seien in Arbeit. So sollen etwa Bekanntheit und Profil der Beratungsstellen verbessert werden. Für das Lernen unter Zeitdruck – etwa auf die Basisprüfung – gebe es gute Workshops. Im Rahmen einer Kampagne  ermutigt die ETH ihre Studierenden bereits heute, bei psychischen Problemen Hilfe zu suchen.

Respektvoller Umgang an der ETH

Eine grosse Mehrheit der Befragten (92 Prozent) erlebt an der ETH einen respektvollen Umgang und 89 Prozent geben an, dass ihr Studienumfeld «frei von Diskriminierung, welche die Würde einer Person herabsetzt» sei. Ein Viertel der Studierenden ist allerdings höchstens zum Teil überzeugt, dass eine Beschwerde angemessen behandelt wird und nur knapp die Hälfte weiss sicher, von welchen Stellen sie bei Diskriminierung im Studiengang Unterstützung erhält.

Ungebrochen ist das Zugehörigkeitsgefühl: 83 Prozent der Befragten sind stolz, an der ETH zu studieren und 84 Prozent gaben an, sich an der ETH willkommen zu fühlen. Und auch die administrativen Abläufe werden von den Studierenden mehrheitlich positiv bewertet, die Beurteilung hat sich seit 2015 sogar verbessert.

Die Pandemie brachte in den Augen der Studierenden übrigens auch Positives: Laut der Umfrage wünscht sich eine Mehrheit der Studierenden auch in Zukunft einen Anteil an Fernunterricht oder hybrid geführte Kurse, weil dies die Flexibilität erhöhe und alle sich den Stoff im eigenen Tempo aneignen können. Zudem schätzen die Studierenden die Aufzeichnungen der Kurse.

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