Warum China die USA militärtechnisch nicht allzu bald einholen wird

Wird China die militärisch und geopolitisch führende Macht USA demnächst einholen? Nein, sagen Forschende des ETH-Center for Security Studies und des Nato Defense College. Die zunehmende Komplexität militärischer Technologien erschwert die Nachahmung moderner Waffensysteme.

Vergrösserte Ansicht: Wird China die militärisch und geopolitisch führende Macht USA demnächst einholen? (Bild: Shutterstock)
Wird China die USA als militärisch führende Macht bald einholen? (Bild: Shutterstock)

Könnten Konkurrenten der Vereinigten Staaten deren hoch entwickelte Waffensysteme leicht nachahmen und damit ihre militärisch-technologische Überlegenheit untergraben? Diese Frage haben Andrea Gilli vom Nato Defense College und Mauro Gilli vom Center for Security Studies der ETH Zürich untersucht und kürzlich im Wissenschaftsjournal International Security veröffentlicht.

In der Regel geht die bestehende Forschung über internationale Beziehungen davon aus, dass weniger entwickelte, aber militärisch und politisch aufstrebende Staaten einen «Vorteil der Rückständigkeit» ausnutzen können. Sie könnten demnach die Lücke zur militärischen Technologie der hoch entwickelten Staaten relativ einfach und schnell schliessen, indem sie deren Technologien kopieren und nachbauen.

Auch neuere Forschungsarbeiten vertreten die These, dass die Globalisierung zusammen mit der Verbreitung von eigentlich zivilen, aber militärisch genutzten Techniken (sogenannte Dual-use-Güter) und den technologischen Fortschritten im Bereich Kommunikation das Kopieren und Nachbauen von Militärtechnologien erleichtert haben.

Diese Annahme sei empirisch jedoch nicht bestätigt, sagt ETH-Forscher Mauro Gilli, «sie übersieht nämlich eine der wichtigsten Veränderungen, die bei der Waffenentwicklung stattgefunden hat: die exponentielle Zunahme der Komplexität der Militärtechnologie».

Komplexe Produktion erschwert Cyberspionage

Mit der zunehmenden technologischen Komplexität der Waffen verändert sich auch deren Herstellung. Diese ist heute so anspruchsvoll, dass sie eine Nachahmung von Waffensystemen erschwert – entsprechend können auch Länder wie China trotz globaler Vernetzung und modernster Echtzeit-Kommunikation nicht einfach so Hightech-Waffen der USA kopieren. Es ist daher nicht zu erwarten, dass China demnächst die Leistung von Amerikas am weitesten entwickelten Systemen, wie zum Beispiel den F-22/A Tarnkappenjäger, ohne weiteres nachbilden kann.

Dass der Rekonstruktion von Militärtechnologien durch Reverse Engineering und Cyberspionage praktisch Grenzen gesetzt sind, zeigen Andrea Gilli und Mauro Gilli anhand Chinas Bemühungen, die US-Tarnkappenjäger nachzuahmen und neuste Drohnen zu entwickeln. Ihre Ergebnisse werden auf dem Nachrichtenkanal externe SeiteTwitter lebhaft diskutiert.

Literaturhinweis

Gilli, A, Gilli M: Why China Has Not Caught Up Yet. Military-Technological Superiority and the Limits of Imitation, Reverse Engineering, and Cyber Espionage. International Security, Vol. 43, No. 3 (Winter 2018/19), pp. 141–189. doi: externe Seite10.1162/ISEC_a_00337

Gilli, A, Gilli M: Militärtechnologie: Mythos Imitation. CSS Analysen zur Sicherheitspolitik Nr. 238 (2019).

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