Eine attraktive Hochschule für alle

Der diesjährige ETH-Tag stand ganz im Zeichen der Studierenden und der Würdigung der Verdienste des scheidenden ETH-Präsidenten Lino Guzzella. In verschiedenen Reden wurden die zahlreichen Highlights des Jahres hervorgehoben, aber auch die bevorstehenden wichtigen Aufgaben der ETH thematisiert.

Vergrösserte Ansicht: ETH-Rektorin Sarah Springman beim Einmarsch am ETH-Tag 2018. (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)
ETH-Rektorin Sarah Springman beim Einmarsch am ETH-Tag 2018. (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)

Gemeinsam mit geladenen Gästen aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft feierte die ETH Zürich am 17. November ihren 163. Geburtstag. In seiner Festansprache betonte Bundesrat Ignazio Cassis die Bedeutung der internationalen Beziehungen für den Forschungsstandort Schweiz. Dabei ging er besonders auf das europäische Förderprogramm ein, dass die EU nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative sistierte und bei dem die Schweiz erst 2017 wieder voll assoziiert wurde. 2021 starte das neue EU-Forschungsrahmenprogramm «Horizon Europe» und die Schweiz habe ein grosses Interesse an einer vollständigen und gleichberechtigten Teilnahme an diesem Programm, so Bundesrat Cassis. «Wie in der Forschung ist auch in der Politik ein Alleingang wenig erfolgversprechend. Die Wissenschaft gehört zur Politik und die Politik gehört zur Wissenschaft. Ihre Stimme, liebe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ist auch ausserhalb der alma mater wichtig», richtete der Bundesrat das Wort an die Anwesenden.

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Bundesrat Ignazio Cassis betonte die Bedeutung der internationalen Beziehungen für den Forschungsstandort Schweiz. (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager).
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ETH-Präsident Lino Guzzella erwähnte in seiner Rede die vielen Erfolge des vergangenen Jahres. (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)

Intensive Lernphase

ETH-Präsident Lino Guzzella erwähnte in seiner Rede die vielen Erfolge des vergangenen Jahres, wie etwa die Fields-Medaille, die im Sommer an ETH-Professor Alessio Figalli verliehen wurde oder auch den gelungenen Start des Medizin-Bachelorstudiengangs und der ETH+-Initiative. Er äusserte er sich aber auch zu den Vorwürfen bezüglich mangelhaftem Führungsverhalten gegen einige ETH-Angehörige und meinte: «Wir alle an der ETH haben im letzten Jahr eine intensive Lernphase durchlaufen und wir haben wirksame Massnahmen ergriffen, welche zu spürbaren Verbesserungen führen werden.» Um den langfristigen Erfolg einer Weltuniversität zur gewährleisten, brauche es vor allem drei Bedingungen: Ressourcen, Offenheit und Autonomie. Zum Schluss bedankte er sich bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, die den Erfolg der ETH überhaupt erst möglich machen: «Nur wenn wir selbstlose Beiträge zur Willensnation Schweiz leisten, wird die Idée Suisse auch in Zukunft eine Erfolgsidee sein.»

«Students first»

ETH-Rektorin Sarah Springman betonte in ihrer Rede: «An der ETH kommen die Studierenden zuerst.» Sie zählte zahlreiche Massnahmen auf, mit denen die ETH die Betreuung vor allem der Doktorierenden noch verbessern möchte. Die ETH Zürich sei weiterhin eine attraktive Hochschule für alle. Davon zeuge die neue Rekordzahl von 21'000 Studierenden, der wachsende Frauenanteil in den meisten Studiengängen und die Tatsache, dass über 95 Prozent der Bachelorstudierenden auch für das Masterstudium an der ETH bleiben würden.

Die wachsenden Studierendenzahlen stelle die ETH jedoch auch vor grosse Herausforderungen. Es sei der ETH aber bis jetzt gelungen, die Qualität in der Lehre auf einem hohen Niveau zu halten – nicht zuletzt dank Innovationen. «Die Digitalisierung hilft uns in manchen Bereichen, trotz steigender Studierendenzahlen die Qualität der Lehre zu halten – vielleicht sogar zu steigern. Trotzdem gilt es in den kommenden Jahren Wege zu finden, wie wir vor allem qualitativ wachsen können. Wir wollen weiterhin weltweit die besten Studierenden für die ETH begeistern», so die Rektorin. 

Sarah Springman
ETH-Rektorin Sarah Springman betonte in ihrer Rede: «An der ETH kommen die Studierenden zuerst.» (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)

Engagierte Studierende und ausgezeichnete Lehrer

Selbstverständlich kamen auch die Studierenden am ETH-Tag zu Wort: So zeigten junge Forschende des Departements Informatik den Anwesenden, wie sie basierend auf maschinellem Lernen Algorithmen für Roboter entwickeln, wie Rechenzentren und das Internet sicherer werden oder wie Mensch und Computer künftig interagieren werden.

Der Verband der Studierenden VSETH verlieh zudem die Goldene Eule für exzellente Lehre. Jeweils eine Lehrperson pro Departement erhielt diese Auszeichnung. Professor Markus Reiher vom Labor für Physikalische Chemie wurde zusätzlich mit dem Credit Suisse Award for Best Teaching geehrt.

Zwei Ehrendoktorinnen, ein Ehrendoktor und ein Ehrenrat

Traditionell verleiht die ETH an ihrem Feiertag die Ehrendoktorwürde an herausragende Forscherpersönlichkeiten. Professorin Lia Addadi lehrt und forscht am Weizmann Institut in Rehovot in Israel. Mit dem Ehrendoktortitel würdigt die ETH Zürich ihre bahnbrechenden Arbeiten zur Biomineralisierung, die zahlreiche Anwendungen in der Medizin und den Materialwissenschaften erlauben.

Vergrösserte Ansicht: Der Ehrendoktor Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Stefan W. Hell, die beiden Ehrendoktorinnen Prof. Dr. Lia Addadi und Prof. Dr. Naomi Oreskes sowie Ehrenrat Prof. Dr. Hengartner (v.l.n.r.). (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)
Der Ehrendoktor Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Stefan W. Hell, die beiden Ehrendoktorinnen Prof. Dr. Lia Addadi und Prof. Dr. Naomi Oreskes sowie Ehrenrat Prof. Dr. Hengartner (v.l.n.r.). (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)

Professor Stefan W. Hell leitet als Direktor zwei Max-Planck-Institute in Göttingen und Heidelberg. Mit der Erfindung und Entwicklung der «Stimulated Emission Depletion» (STED)-Mikroskopie revolutionierte er die Möglichkeiten zur Beobachtung und Charakterisierung der kleinsten Bausteine des Lebens. Dafür wurde er 2014 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.

Die Harvard-Professorin Naomi Oreskes zählt zu den weltweit renommiertesten Wissenschaftshistorikerinnen. Sie hat bahnbrechende Beiträge zur Geschichte der Erdwissenschaften und zur sozialen Dynamik von politisch motivierter Wissenschaftsskepsis geleistet. Mit ihren Büchern und Artikeln hat Naomi Oreskes zudem entscheidend zum gesellschaftlichen Diskurs über den Klimawandel beigetragen.

Zudem wurde Prof. Dr. Hans Hengartner für sein ausserordentliches Engagement zur Förderung der Lehre und Forschung zum Ehrenrat der ETH Zürich ernannt.

Kritischer Geist, ethische Verantwortung

Zum Abschluss der akademischen Feier nutzte ETH-Ratspräsident Fritz Schiesser die Gelegenheit, Lino Guzzella zu verabschieden und an seine Verdienste zum Wohl der Hochschule zu erinnern. Dass die ETH heute einen Beitrag zur Ausbildung künftiger Ärztinnen und Ärzte leiste, sei nicht zuletzt Lino Guzzella zu verdanken. Mit der Critical-Thinking-Initiative habe er zudem die Fähigkeit der Studierenden, komplexe Sachverhalte zu verstehen und Zusammenhänge zu erkennen, gefördert. «Die Ausbildung junger Menschen liegt Lino Guzzella am Herzen. Sie sollen sich zu Persönlichkeiten entwickeln mit kritischem Geist, die sich ihrer ethischen und sozialen Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt bewusst sind.»

Weitere Dokumente, Reden und Fotos finden Sie unter: ETH-Tag 2018

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