Ausgezeichneter Elektronen-Beobachter

Hans Jakob Wörner erhält den Klung-Wilhelmy-Wissenschaftspreis für seine Forschung an extrem schnellen Elektronenbewegungen während chemischer Prozesse.

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Für seine Arbeit auf dem Gebiet der Elektronenbewegung erhält Hans Jakob Wörner den Klung-Wilhelmy-Wissenschaftspreis. (Bild: Martin Huppert / ETH Zürich)

Chemische Reaktionen sind allgegenwärtig, in jeder Zelle eines Organismus, in der Atmosphäre, in Gewässern, im Erdboden. Als Strukturformeln oder in chemischer Kurzschreibweise sehen Reaktionen noch einfach aus: Substrat A reagiert mit Substrat B und wird zu Produkt C. Tatsächlich handelt es sich um einen rasanten Tanz von Teilchen: Elektronen wechseln innerhalb von Femtosekunden, also Billiardsteln von Sekunden, von einem Atom zum anderen, chemische Bindungen brechen und bilden sich neu. Was genau dabei geschieht, war lange nicht klar.

Den komplexen Tanz der extrem schnellen Elektronen und der im Vergleich eher langsamen Atomkerne zu verstehen, ist das Ziel des Physikochemikers Hans Jakob Wörner, Professor am Laboratorium für Physikalische Chemie der ETH Zürich. Für seine Pionierleistung, mit neuen Methoden Elektronen bei chemischen Reaktionen in Echtzeit zu beobachten, erhält er nun den Klung-Wilhelmy-Wissenschaftspreis. Mit 75'000 Euro gehört die Auszeichnung zu den höchstdotierten, privat finanzierten Preisen für deutsche Nachwuchsforscher und wird im jährlichen Wechsel an Chemiker und Physiker verliehen.

Bewegung eines «Elektronenlochs»

Die Jury würdigt Wörner für seine Arbeiten zur Elektronenbewegung in Molekülen auf der Subfemto-Zeitskala, also in Zeiträumen von Attosekunden. Dazu entwickeln Wörner und sein Forschungsteam spezialisierte Spektroskopie-Verfahren, bei denen beispielsweise mit ultrakurzen Laserpulsen einem Molekül ein Elektron entrissen wird. Verbindet sich das Elektron anschliessend wieder mit seinem Ursprungsteilchen, sendet es einen Lichtblitz aus, den die Forscher mittels Spektroskopie analysieren. Daraus können sie Rückschlüsse auf Ladungsverteilung und Geometrie des Moleküls im Augenblick der Rückkehr des Elektrons ziehen. Mithilfe dieser Methode konnten Wörner und seine Gruppe erstmals Elektronenbewegung in der chemisch bedeutenden Valenzschale von Molekülen messen. Insbesondere konnten Sie zeigen, wie diese Elektronenbewegung chemische Reaktionen kontrolliert und wie sich ein «Elektronenloch» – nach plötzlicher Entfernung eines Elektrons aus einem Molekül – bewegt.

Wörner war schon als Kind von der Chemie fasziniert. «Ich wollte wissen, wie das Universum aufgebaut ist», sagt der 33-Jährige. Der Wunsch zu verstehen, wie chemische Reaktionen ablaufen und wie man sie kontrollieren kann, bewogen ihn zum Chemiestudium. Bereits für seine Dissertation an der ETH Zürich erhielt er 2007 eine Auszeichnung, später folgten unter anderem 2012 ein ERC Starting Grant, der Ruzicka Preis der ETH Zürich sowie 2013 die Mitgliedschaft in der Jungen Akademie der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.

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