Ein Fünfeck als Juwel der Systembiologie

Das ETH-Departement für Biosysteme erhält ein neues Zuhause: Auf dem Life-Sciences-Campus im Basler Schällemätteli-Areal wird bis 2020 ein markantes, fünfeckiges Lehr- und Forschungsgebäude gebaut.

BSSE 540 Grad Hof
Bis 2020 zieht das Departement für Biosysteme in ein neues Gebäude um. Dieses ist um einen zentralen Innenhof mit Passage herum aufgebaut. (Grafik: Nickl & Partner)

Ein «Fünfeck» wird künftig die Systembiologinnen und Systembiologen der ETH Zürich beherbergen. Gebaut wird das polygonale Lehr- und Forschungsgebäude bis 2020 auf dem Schällemätteli-Areal in Basel, wo es direkt neben den beiden Universitätskliniken und dem Bio- und Pharmazentrum der Universität Basel stehen wird.

Mit dem Standortwechsel weg vom Rosentalareal, wo das Departement für Biosysteme (D-BSSE) seit 2007 provisorisch untergebracht ist, rückt das BSSE noch näher zu den Basler Lebenswissenschaften. Das Schällemätteli-Areal, wo einst das Frauenspital stand, wird in den nächsten Jahren nämlich zu einem modernen Life-Science-Campus ausgebaut.

«Der neue Standort hat den Vorteil, dass unsere Forschenden in unmittelbarer Nachbarschaft zum Biozentrum und zur klinischen Forschung sind, was dem Austausch zwischen ETH und Universität Basel nur förderlich sein kann», sagte Roman Boutellier, Vizepräsident Personal und Ressourcen der ETH Zürich, heute in Basel, wo der Kanton Basel-Stadt, die Universität Basel und die ETH Zürich an einer Medienkonferenz den Neubau vorstellten.

Das «Fünfeck» entworfen hat das Büro Nickl & Partner aus München. Die Architekten Christine Nickl-Weller, Hans Nickl und Gerhard Eckl haben sich im Wettbewerb, den das Basler Hochbauamt mit den Hochschulen durchführte, gegen 17 ausgewählte Teams durchgesetzt. Der Juryentscheid fiel einstimmig aus.

Kommunikation als Gestaltungsprinzip

Vor allem zwei Aspekte überzeugten die Jury am Siegerprojekt, das den Titel «540 Grad» trägt: Zum einen die Art, wie sich das Gebäude in den Campus eingliedert, zum andern die Weise, wie es im Innern die Räume für die wissenschaftlichen Nutzungen anordnet und die Betriebsabläufe unterstützt.

Besonders gefallen hat der Jury, wie die Münchner Architekten die Labors und Büros der Professuren auf sechs Stockwerken verteilen und entlang der transparenten Fassaden aufreihen. «Die Durchmischung von theoretischen und experimentellen Professuren ist gut gelungen», schreibt die Jury in ihrem Bericht.

Dieser Aspekt sei für die weitere Entwicklung des Departements sehr wichtig, sagt Renato Paro, Professor für Biosysteme, der das BSSE in der Jury vertreten hat. «Für ein interdisziplinäres Forschungsgebiet wie die Systembiologie ist es zentral, dass die Architektur die Kommunikation zwischen den Forschenden fördert», erklärt er.

Paro ergänzt, dass das BSSE in den vergangenen Jahren seine Kernkompetenzen in der experimentellen und synthetischen Biologie gezielt mit theoretisch arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erweitert hat. Deren mathematisches Know-how ist bei der Auswertung der experimentellen Daten und der Modellierung der biologischen Prozesse gefragt.

BSSE 540 Grad Kreuzung
Der Haupteingang des neuen Forschungsgebäudes mit seinen transparenten Fassaden liegt auf der Südseite des Schällemätteli-Campus. (Grafik: Nickl & Partner)

Für Drazenka Dragila-Salis, Direktorin ETH Bauten und Jurymitglied, verschränkt das «Fünfeck» auf sehr einleuchtende Weise den Campus mit dem Quartier. «Der Entwurf von Nickl & Partner bildet ein organisches Ganzes, dessen Architektur eine Atmosphäre des Vertrauens in der Lehre und Forschung erzeugt», sagt sie, «Die ETH gewinnt einen exzellenten Raum für Spitzenforschung und Basel ein städtebauliches Juwel für seinen Life-Science-Campus.»

Innenhof wird zur Passage

Ein «kommunikativer Charakter» durchzieht denn auch die Gestaltung des «Fünfecks»: So verbinden geschwungene und offene Treppen die Stockwerke. Im Erdgeschoss befinden sich neben Begegnungszonen auch Seminarräume sowie Arbeitsplätze für die Studierenden, die am BSSE einen Studiengang in Biotechnologie besuchen.

Das gesamte Gebäude ist um einen zentralen Innenhof herum aufgebaut. Dieses «Atrium» ist wie eine Passage gestaltet. Sie beginnt beim Haupteingang am Südrand des Campus und öffnet sich zum Biozentrum der Universität Basel hin - sinnbildlich für die Zusammenarbeit der ETH mit der Universität Basel.

Rund 400 bis 500 Mitarbeitende aus 18 Professuren werden dereinst im neuen Gebäude arbeiten. Derzeit umfasst das Departement 15 Professuren und 300 Mitarbeitende. Allein die sechs Assistenzprofessuren mit Tenure Track erhöhen den Raumbedarf in naher Zukunft, da sich deren Forschungsgruppen noch im Aufbau befinden.

Infrastruktur wird modernisiert

Wichtig für die Planung sind die Laboreinrichtungen und die Technologieplattformen: Für Forschungsgebiete wie die Systembiologie und die synthetische Biologie, in denen Technologien und Versuchsanordnungen rasch wechseln können, ist eine flexible Architektur entscheidend. Laborräume etwa müssen jederzeit umgebaut werden können, was auf dem Schällemätteli einfacher sein wird als im aktuellen Gebäude des BSSE, das aus den 1960er-Jahren stammt.

Eingerichtet wird zum Beispiel ein «GMP-Labor» (englisch für «Good Manufacturing Practice»). Ein solches Labor erfüllt sowohl die Standards von Forschungslabors als auch jene von klinischen Labors, in denen man Patientenstudien durchführen darf.

Hinzu kommen auch Reinräume für ingenieurorientierte Entwicklungen wie Nanowerkzeuge oder die «Lab-on-a-Chip»-Technik oder Anlagen zur Genom-Sequenzierung und Stammzellen-Analyse.

Die Infrastrukturen finanziert die ETH Zürich. Sie stehen jedoch allen Forschenden auf dem Campus zur Verfügung. Handkehrum können die ETH-Forschenden die Labortierräume, Unterrichtsräume oder die Bibliothekseinrichtungen der Universität benutzen.

«Core & Shell»

Die Gesamtkosten des Neubaus belaufen sich auf rund 200 Mio. Franken. Der Rohbau ist Eigentum der Universität Basel, sie wird das Gebäude jedoch nicht selber nutzen, sondern der ETH Zürich vermieten. Der Bau wird im so genannten «Core-&-Shell»-Verfahren realisiert; das heisst die Universität verantwortet den Rohbau und die Fassade, während die ETH Zürich, wie dies auch bei Immobilien im Eigentum des Bundes üblich ist, für den Innenausbau und die Betriebseinrichtungen zuständig ist.

Ende 2014 soll das Vorprojekt abgeschlossen sein, ein Jahr später die Baueingabe erfolgen. Im Winter 2019/20 dürfte das «Fünfeck» bezugsbereit sein.

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