Symposium zu Ehren von Heinrich Rohrer

An der ETH Zürich trafen sich gestern führende Wissenschaftler, um die Verdienste von Heinrich Rohrer zu würdigen. Der Physik-Nobelpreisträger und ETH-Alumnus verstarb im Frühling dieses Jahres.

Gerd Binnig
Gerd Binnig vom IBM-Forschungslabor in Rüschlikon würdigte am Symposium seinen Kollegen Heinrich Rohrer. (Bild: Heidi Hostettler / ETH Zürich)

«Heinrich Rohrer war eine prägende Figur für die Wissenschaft und hat die Entwicklung der modernen Nanotechnologie entscheidend geprägt», sagt Christian Degen vom Laboratorium für Festkörperphysik über den bedeutenden Physiker. Er organisierte zusammen mit Gianni Blatter, theoretischer Physiker an der ETH, und den Kollegen Walter Riess und Gerd Binnig vom Forschungslabor der IBM Rüschlikon das Symposium zu Ehren von Heinrich Rohrer. Rohrer studierte in den Fünfzigerjahren an der ETH und war ab 1963 für das IBM Forschungslabor in Rüschlikon tätig. Zusammen mit Gerd Binnig erhielt er 1986 den Nobelpreis für die Entwicklung des Rastertunnelmikroskops.

«Auch wenn damals schon klar war, dass es sich um ein bedeutendes Instrument handelt, konnte niemand ahnen, wie breit es heute eingesetzt würde», erklärt Blatter. Das Rastertunnelmikroskop – kurz auch STM (für Scanning Tunneling Microscope) genannt – nutzt den sensiblen Tunnelstrom zwischen der Spitze und der Oberfläche und macht damit nicht nur Atome sichtbar, sondern ist auch ein Werkzeug, mit dessen Hilfe Atome kontrolliert angeordnet werden können. Tatsächlich werden das STM und verwandte Geräte heute in der Physik, Elektronik, Chemie und Biologie, aber auch bei der Entwicklung von neuen Materialien im Nanobereich eingesetzt. Am Symposium trafen sich Wegbegleiter von Heinrich Rohrer und STM-Forscher der ersten Stunde, aber auch Wissenschaftler, für deren aktuelle Forschung das Rastermikroskop eine zentrale Rolle spielt.

Atome gezielt platzieren

Einer von ihnen ist Andreas Heinrich, der am IBM Almaden Research Center in San Jose forscht. Wurde hier erstmalig das kleinste IBM Logo mittels Verschieben von Xenon Atomen durch ein Rastertunnelmikroskop geschrieben, so ist Heinrichs Ziel heute atomare Komponenten für den Computer zu bauen. Daneben hat er aber auch der Welt kleinsten Film «gedreht»: «A Boy and his Atom».

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Rolle der Schweizer Uhrenindustrie

Auch die Schweizer Uhrenindustrie hat ihren Platz in diesem Forschungsgebiet: Das später entwickelte Atomkraftmikroskop, kurz AFM, vermag auch Atome auf isolierenden Oberflächen zu sehen. Dazu wird der Arm der Spitze in Schwingungen versetzt und Frequenzverschiebungen der Bewegung geben Auskunft über das atomare Kraftprofil an der Oberfläche. Wie Franz Giessibl von der Universität Regensburg erklärt, stellt sich heraus, dass die Quarzstimmgabeln elektronischer Uhren ausgezeichnete Taster für das AFM ergeben. Mit dem AFM eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Chemie oder für die Biologie – wie am Symposium zu hören war, können auch funktionale, organische Nanosysteme erforscht und verbessert werden.

Wann immer in der Nanotechnologie von Kohlenstoff-Nanoröhren, den Eigenschaften von Graphen oder von neuen Magnetspeichern die Rede ist, wird deutlich, was die Forschung Gerd Binnig und Heinrich Rohrer zu verdanken hat. «Ohne das Rastertunnelmikroskop ist die moderne Nanotechnologie schlicht nicht denkbar», meint Blatter. Um den Einfluss von Heinrich Rohrer und Gerd Binnig auf die Nanotechnologie angemessen zu würdigen, erhielt das gemeinsame Forschungszentrum von IBM und ETH Zürich bei seiner Einweihung im Jahre 2011 den Namen Binnig and Rohrer Nanotechnology Center.

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