Von der ersten Studentin bis zu den heutigen Forscherinnen

Vergrösserte Ansicht: Matrikel der ersten Studentin der ETH, Nadezda Smeckaja (Quelle: Hochschularchiv)
Matrikel der ersten Studentin der ETH, Nadezda Smeckaja (Quelle: Hochschularchiv)

Die Anfänge des Frauenstudiums
Die ETH war bei ihrer Gründung 1855 die zweite Hochschule Europas, an der Frauen regulär zum Studium zugelassen waren. Da Mädchengymnasien aber fehlten, konnten praktisch nur Ausländerinnen von den fortschrittlichen Bedingungen profitieren.

Die erste Frau die an der ETH ein Studium aufnahm war die Russin Nadezda Smeckaja. Sie schrieb sich 1871 in den Studiengang des Ingenieurwesens ein. Ihre Landsfrau, Marie Kowalik, erlangte 1877 als erste Frau das Diplom der ETH. Sie hatte Land- und Forstwirtschaft belegt. Die Studentinnen an der ETH blieben aber noch lange eine Ausnahmeerscheinung. Nur in der Pharmazie und in den Lehramtsstudiengängen traf man sie etwas häufiger an.

Vergrösserte Ansicht: Marie Baum, die erste wissenschaftliche Assistentin der ETH (Quelle: Reichstags-Handbuch 1920)
Marie Baum, die erste wissenschaftliche Assistentin der ETH (Quelle: Reichstags-Handbuch 1920)

Die ersten Wissenschaftlerinnen
In der Schweiz war es sehr schwierig Forscherin zu werden. Die Anstellung der ersten wissenschaftlichen Assistentin der ETH, Marie Baum, stiess 1897 auf grössere Widerstände und blieb auf ein Jahr befristet. Hedwig Delpy und Laura Hezner, die 1909 und 1910 als erste Frauen an der ETH den Doktorgrad respektive die Habilitation erlangten, setzten ihre Forschungen nicht an der ETH fort. Die ETH-Agronomin Marianne Plehns hingegen wurde als eine der ersten Frauen auf eine Professur in Deutschland berufen.

Wissenschaftlerinnen fanden nur bei Professoren wie dem Geologen Albert Heim oder dem Biologen Carl Schröter eine Anstellung, die sich von der öffentlichen Kritik nicht beeindrucken liessen. Heim war der Ehemann der ersten Schweizer Ärztin, Marie Heim-Vögtlin. Marie Heim hatte als erste Schweizer Studentin der Universität Zürich einen landesweiten Skandal ausgelöst. Heute ist das Frauenförderprogramm des Schweizerischen Nationalfonds nach ihr benannt.

Vergrösserte Ansicht: Studierende der Agronomie 1971 (Quelle: Hochschularchiv)
Studierende der Agronomie 1971 (Quelle: Hochschularchiv)

Von der Forderung nach Berufstätigkeit bis zur ersten Professorin
Die meisten ausländischen Studentinnen kehrten zu Beginn des ersten Weltkriegs in ihre Heimatländer zurück, so dass der Anteil der Frauen an den Studierenden drastisch zurückging. In der Zwischenkriegszeit wurde in der Schweiz das Recht auf Berufstätigkeit für Frauen zu einem der wichtigsten Anliegen der verschiedenen Frauenverbände. 1928 organisierten sie in Bern die Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit. Die künstlerische Leitung lag bei Lux Guyer, einer der ersten Schweizer Architektinnen, die einen Teil ihrer Ausbildung an der ETH absolviert hatte.

Die gesellschaftliche Liberalisierung und das anhaltende Wirtschaftswachstum seit dem Ende des 2. Weltkriegs ermöglichten mehr und mehr Frauen zu studieren. An der ETH stieg der Frauenanteil aufgrund ihrer technischen Ausrichtung jedoch deutlich langsamer. Nur die Pharmazie und die Biologie stiessen bei den Maturandinnen auf reges Interesse. Folgerichtig war es eine Biologin, die Geobotanikerin Krystina Urbanska, die 1979 als erste Frau an der ETH zur Titularprofessorin ernannt wurde. Mit der Architektin Flora Ruchat-Roncati erhielt die ETH 1985 relativ spät ihre erste ordentliche Professorin.

Vergrösserte Ansicht: ETH-Forscherin heute (Quelle: 150 Jahre ETH Zürich)
ETH-Forscherin heute (Quelle: 150 Jahre ETH Zürich)

Die Etablierung gezielter Fördermassnahmen
Zeitgleich begannen sich Studentinnen und Wissenschaftlerinnen der ETH gemeinsam für ihre Interessen einzusetzen. Die Frauen kritisierten die auf Männer zugeschnittenen Förder- und Arbeitsstrukturen in der Forschung, und forderten mehr Berufungen von Professorinnen, gezielte Fördermassnahmen für Nachwuchsforscherinnen, und die Schaffung von Kinderkrippenplätzen an der ETH.

Die Anstrengungen resultierten 1993 in der Gründung der Stelle für Chancengleichheit von Frau und Mann der ETH. Eine herausragende Rolle spielte dabei die Geologin Katharina von Salis, die zunächst in beratender Funktion für Equal! tätig wurde und später als Mitinitiatorin und erste Präsidentin des Bundesprogramms Chancengleichheit viel für die Frauen an den Schweizer Hochschulen erreichte. Als der ebenfalls sehr engagierte ETH-Präsident Jakob Nüesch 1997 zurücktrat, zählte die ETH bereits zwölf ordentliche und ausserordentliche Professorinnen, ausserdem fünf Titular- und acht Assistenzprofessorinnen.

In den letzten Jahren betrug der Frauenanteil unter den Studierenden und Doktorierenden knapp über 30%. Hingegen finden sich auf der Stufe Professur erst 18% Frauen. Aktuelle Zahlen finden sich in den jährlichen Equality Monitorings. Die ETH will den Frauenanteil unter den Studierenden und Forschenden weiter erhöhen und investiert daher in Fördermassnahmen auf allen Stufen. Weitere Informationen dazu finden sich im Gender Action Plan.

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