Wegbereiter einer vertrauenswürdigen künstlichen Intelligenz

Am 20. Oktober wird das neue ETH AI Center eröffnet. Geschäftsführer ist seit dem 1. Oktober Alexander Ilic. Was hat den zweifachen Unternehmer des Jahres und Mitgründer des ETH Spin-​offs Dacuda bewogen, an die ETH Zürich zurückzukehren?

Alexander Ilic
Als Unternehmensgründer zurück an die ETH: Alexander Ilic ist der Geschäftsführer des neu gegründeten ETH AI Centers. (Bild: ETH Zürich / Nicola Pitaro)

Spannende Aufgaben reizen Alexander Ilic – darauf hat der 39-​Jährige bisher immer geachtet, wenn er sich für eine neue berufliche Herausforderung entschied. So auch bei seinem aktuellen Stellenwechsel: Seit dem 1. Oktober 2020 ist Ilic Geschäftsführer des neu gegründeten ETH AI Centers, das am 20. Oktober offiziell eröffnet wird. Das ETH AI Center verfolgt das Ziel, Forschende zu vernetzen, die die theoretischen oder methodischen Grundlagen der künstlichen Intelligenz (KI) untersuchen, KI-​Methoden für ihr Fachgebiet entwickeln oder die Auswirkungen von KI erforschen.

Ein Schwerpunkt des Centers wird es sein, Top-​Talente zu fördern, die in der Lage sind, neue KI-​Ansätze an der Schnittstelle von Grundlagenforschung, Industrie und Unternehmertum zu erschliessen. «Diese talentfokussierte Ausrichtung gefällt mir, ich sehe dort Spielraum, die Führungspersönlichkeiten und die AI-​Forschung von morgen mitzugestalten und meine Erfahrungen nutzbringend einzusetzen», sagt Ilic.

Weitere Informationen über ETH AI Center und wie man mitwirken kann, werden Alexander Ilic, Andreas Krause, Vorsteher des Centers, und Detlef Günther, Vizepräsident für Forschung, am 20. Oktober an der Eröffnung vortragen. Diese wird per Livestream übertragen. ETH-​Angehörige und Interessierte sind eingeladen, daran teilzunehmen (s. Box).

Erlebte Startup-​Kultur

Spannende Aufgaben ziehen sich wie ein roter Faden durch Ilics Laufbahn: «Ich habe immer darauf geachtet, wo inspirierende Personen sind und wo ich am meisten lernen kann», sagt er. Das war schon in seinem Informatikstudium so, das er von 2000 bis 2003 in München in weniger als der Hälfte der typischen Studien­dauer absolvierte. Dort kam er zum ersten Mal mit künstlicher Intelligenz in Berührung und beteiligte sich an Projekten der Computerlinguistik, die sich mit der Kommunikation zwischen Mensch und Maschine befassten, beziehungsweise damit, ob und wie man Autos durch blosses Reden steuern könnte.

An die ETH kam Ilic 2006, weil ihn Elgar Fleisch und sein Umfeld überzeugten: «Ich war begeistert, was ich von diesen inspirierenden Personen lernen konnte», erinnert sich Ilic, der sowohl Schweizer als auch Deutscher ist. Bei Fleisch, Professor für Informationsmanagement, schloss er mit einer Doktorarbeit über adaptive Sensorsysteme in der Logistik ab.

Während eines Forschungsaufenthalts am MIT in Boston erlebte er, wie man in Amerika mit Unternehmensgründungen umgeht: «Am MIT fragt man weniger, ob man ein Startup gründet, sondern wann. Die lebendige, akademisch verankerte Gründerszene dort hat meine Einstellung zum Unternehmertum wesentlich geprägt.»

2009 gehörte Ilic zu der Gruppe von Studierenden, die das ETH Spin-​off Dacuda gründeten. Die Frage, die Ilic damals packte, war, wie sich aus bildverarbeitender Computer Vision-​Technologie ein Produkt für den IT-​Konsumentenmarkt entwickeln liesse. Dacuda erfand dabei die weltweit erste scannende Computermaus und setzte, als die Kameratechnik der Smartphones weiter fortgeschritten war, auf Kamera-​basiertes Positionstracking und 3D Scanning für Virtual & Augmented Reality.

Dacudas Erfolg war so gross, dass 2017 die amerikanische Augmented Reality-​Unternehmung Magic Leap Dacuda aufkaufte. Ilic erkannte seine nächste spannende Aufgabe und übernahm Leitung und Aufbau der Schweizer Einheit von Magic Leap.

Vom «next big thing» zur menschzentrierten KI

Ihn faszinierte es, eine Technologie mitzugestalten, aus der womöglich der nächste grosse technische Durchbruch nach dem Smartphone hervorgehen wird. Unter «Augmented Reality» (deutsch: erweiterte Realität) versteht man Technologien, die an Computer Vision (deutsch: computerbasiertes Sehen) anschliessen sowie reale und virtuelle Welten miteinander verbinden. Typische Anwendungen dafür gibt es auf dem Smartphone, wenn man zum Beispiel eine Stadt besichtigt und Informa­tionen dazu direkt auf den Gebäuden erscheinen oder von einer virtuellen Figur vorgestellt werden.

Heute findet das noch meistens auf dem Bildschirm eines Smartphones statt. In Zukunft könnten diese Zusatzinformationen direkt über eine Brille auf die Netzhaut projiziert werden. Im Gegensatz zu Smartphones könnten diese Brillen dank KI automatisch direkt auf Änderungen in der Umgebung reagieren und uns so im Alltag noch intensiver als Smartphones begleiten.

Während im Ausland bereits alle grossen Technologiefirmen in nächste technologische Entwicklungen investieren, beobachtet Ilic, verhält sich Europa vergleichsweise passiv. Ilic sieht künstliche Intelligenz als die nächste Welle der Digitalisierung, bei der neue Firmen entstehen und bestehende Marktführer verschwinden werden.

«Der technologische Fortschritt wird unsere Gesellschaft verändern», sagt Ilic, «nun liegt es an uns, dies aktiv nach unseren Werten mitzugestalten.» Für Ilic war dies ein wesentlicher Grund, von einem amerikanischen Technologiepionier in die Geschäftsführung des ETH AI Centers zu wechseln.

Grundlagenforschung und Praxisbezug

Das Leitbild des Centers spiegelt den Fokus auf gesellschaftliche Werte und stellt den Menschen in den Vordergrund. Die Frage, was künstliche Intelligenz vertrauenswürdig macht, ist ein Schwerpunkt des ETH AI Centers, der Ilic zusagt.

Die Thematik, wie man KI-​Modelle entwickeln kann, die sicher und zuverlässig funktionieren und deren Ergebnisse erklärbar, interpretierbar und fair sind, erhält am ETH AI Center einen hohen Stellenwert, denn sie betrifft hochrelevante Fragen zu den gesellschaftlichen Auswirkungen und der Ethik der KI (vgl. Globe 3/2020).

Ilic erkennt zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten, die sich in der KI zwischen Lehre, Forschung, Industrie und Unternehmertum ergeben. Hier will er, der zweimal eine Auszeichnung als Unternehmer des Jahres erhielt und seine Habilitation an der Universität St. Gallen (HSG) abgeschlossen hat, seine Erfahrung einbringen und Talente im KI Bereich fördern, «um unsere Zukunft verantwortungsvoll als Forscher, Innovationstreiber oder Unternehmer mitzugestalten.»

Einladung zur Eröffnung des ETH AI Centers

Das neu gegründete ETH AI Center versteht sich als Wegbereiter für vertrauenswürdige, breit zugängliche und inkludierende KI-​Systeme zum Nutzen der Gesellschaft. Es bringt KI-​Forschende aus allen Fachrichtungen und Departementen der ETH zusammen.

Mit der Beteiligung von zunächst 29 Professuren, eigenen Räumen und neuen Fellowship-​Programmen wird die starke Position der ETH bei der Erforschung dieser Schlüsseltechnologie gefestigt. Das Center ist weiterhin offen für weitere Professuren, die sich an der ETH mit KI-​relevanten Themen beschäftigen und sucht auch Studierende, die im KI-​Umfeld unternehmerisch aktiv sein wollen.

Das ETH AI Center lädt alle ETH-​Angehörigen ein, virtuell
am 20. Oktober ab 16 Uhr bis 18 Uhr
an der offiziellen Eröffnung teilzunehmen.
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