Offenheit, Verantwortung, Inklusion, Respekt, Befähigung, Einfallsreichtum

Sechs Werte prägen künftig die Art und Weise, wie wir an der ETH Zürich forschen, lehren und miteinander arbeiten oder lernen. Ein integrierter Ansatz stellt einen Bezug zu Vision und Mission der Hochschule sowie zu den Kompetenzen der Mitarbeitenden her und vereint damit alle kulturbildenden Determinanten.

Nun stehen sie fest: Die Schulleitung hat nach einer breiten Diskussion innerhalb der ETH ein Set von sechs Werten verabschiedet, welche die Basis für die Zusammenarbeit und den Studienalltag an der ETH Zürich bilden: Offenheit, Verantwortung, Inklusion, Respekt, Befähigung und Einfallsreichtum.

Diese Werte stehen nicht für sich alleine. Vielmehr sind sie eingebettet in einen integrierten Ansatz, der sich von der Vision und Mission über die Werte bis hin zu den Kompetenzen und dem daraus resultierenden Verhalten im Arbeitsalltag erstreckt. Doch alles der Reihe nach.

Rückblende: Die Wertediskussion

Als die Schulleitung das Organisationsentwicklungsprojekt rETHink lancierte, beauftragte sie den Workstream 6, eine ETH-weite Kultur- und Wertediskussion zu führen. Ausgangspunkt waren die fünf in der ETH-Charta festgeschriebenen Werte Offenheit, Vielfalt, Teamgeist, Verantwortung und Exzellenz.

Manche werden sich erinnern: Zunächst erfolgte ein Aufruf an alle ETH-Angehörigen, sich an einer Pulsmesser-Umfrage zu den bestehenden Werten zu beteiligen. Aufgrund der Rückmeldungen zeichnete sich bereits ab, dass die meisten Werte unbestritten sind. Fragen wurden vor allem zur Exzellenz gestellt: Ist das ein Wert oder nicht vielmehr das Resultat der vereinten Anstrengungen, die auf den anderen Werten basieren? Ausserdem wurden gewisse Werte vermisst, wie beispielsweise Respekt.

In einem zweiten Schritt wurden sämtliche Abteilungen, Departemente, Institute und Teams, aber auch Gremien und studentische Fachvereine dazu aufgefordert, in Workshops die ETH-Kultur zu reflektieren. Dafür wurden ganz unterschiedliche Methoden und Tools zur Verfügung gestellt; auch Moderator:innen standen für Diskussionen zur Verfügung. Die Resultate wurden in einem externe SeiteMiroboard gesammelt.

Resultate der Wertediskussion

Das Projektteam von Workstream 6 würdigte die Resultate der Umfrage und der Diskussionen. Dabei stachen drei Beobachtungen hervor, wie Chris Luebkeman, operativer Co-Leiter des Workstreams, ausführt: «Zunächst durften wir feststellen, dass die angestossene Kultur- und Wertediskussion bei ETH-Angehörigen auf fruchtbaren Boden stiess.» Das erste Fazit aus den Rückmeldungen: Die ETH wäre ein besserer Ort, wenn die aktuellen Werte mehr gelebt würden.

«Aus den Diskussionen kam aber auch die Anregung, spezifischere Werte für die ETH zu entwickeln, die ein noch stärkeres Gefühl der Zugehörigkeit und Identität schaffen», sagt Luebkeman und gibt gleich ein Beispiel: «Immer wieder genannt wurde die «Ermöglichungskultur», die an unserer Hochschule einen hohen Stellenwert geniesst.»

Die dritte Erkenntnis überrascht kaum: Als wenig orientierungsstiftend wurde die Exzellenz eingeschätzt. Zwar sei Exzellenz ein Markenzeichen von Spitzenuniversitäten, aber auch ein überstrapazierter und schlecht definierter Begriff. «Aus den Diskussionen ging zudem hervor, dass Exzellenz für sich allein, das heisst ohne Kombination mit den anderen Werten, eher zu Konflikten führt als zu Integration», sagt Luebkeman.

Die Werte der ETH Zürich

Von den ursprünglichen fünf Werten fanden Offenheit und Verantwortung Eingang ins neue Werteset. Aus Vielfalt wurde Inklusion, ein Begriff, der als Wert spezifischer ist, weil er zum Ausdruck bringt, wie wir Vielfalt effektiv nutzen können. Eng damit verbunden ist Respekt, ein Wert, der schon sehr früh von verschiedenen Seiten in die Diskussion eingebracht wurde.

Dass ein guter Teamgeist ein hohes Gut darstellt, war unbestritten. Doch was liegt einem guten Teamgeist zugrunde? «Ein von Respekt geprägter Umgang ist die Grundlage dafür», sagt Gudela Grote, die gemeinsam mit Chris Luebkeman den Workstream leitete. «Ein Team funktioniert aber vor allem dann besonders gut, wenn die einzelnen Mitglieder die besonderen Fähigkeiten ihrer Kolleginnen und Kollegen schätzen und alle ihre individuellen Stärken einbringen können», führt sie weiter aus. So hat die Befähigung – auch als Referenz an die Ermöglichungskultur – Eingang in den Wertekanon gefunden.

Bleibt von den ursprünglichen Werten noch die umstrittene Exzellenz: «Unbestritten war, dass die ETH nach Exzellenz strebt», betont Grote. «Deshalb haben wir vorgeschlagen, die Exzellenz nicht als Wert aufzunehmen, sondern in der Mission der ETH zu verankern.»

Dafür wurde ein Begriff als sechster Wert aufgenommen, der die identitätsstiftende Innovationskraft der ETH speist: Der Einfallsreichtum.

Werte verankern und im Alltag leben

Um die Werte zu verankern und die Kultur weiterzuentwickeln, hat Workstream 6 leicht umzusetzende Aktivitäten vorgeschlagen, die sich im Alltag der ETH integrieren lassen. «Wir empfehlen, dass sich ETH-Angehörige in einer Forschungsgruppe, einem Institut, einer Verwaltungseinheit oder sogar in einem ganzen Departement in regelmässigen Abständen die Zeit nehmen, eine offene und ausführliche Kulturdiskussion zu führen», sagt Grote. Auch die Evaluationen von Abteilungen oder die Klausuren von Schulleitung und Departementsvorsteher:innen eignen sich, um kulturelle Aspekte zu thematisieren. Auf individueller Ebene sollen die ETH-Kultur und die Werte sowohl bei neuen Mitarbeitenden wie auch bei Austrittsgesprächen angesprochen werden.

Integrierter Werte-Kompetenzen-Ansatz

Vergrösserte Ansicht: Infografik welche die sechs Werte zeigt: Einfallsreichtum, Respekt, Verantwortung, Offenheit, Einbeziehung, Befähigung

Wertebasiert handeln

Neben den Werten sind Sozial- und Leadership-Kompetenzen von zentraler Bedeutung für die Ausprägung einer institutionellen Kultur. Während Werte als eine Art Leitplanken Orientierung für Entscheide und Handlungen bieten, sind Kompetenzen eine Kombination aus Fähigkeiten, Wissen und Einstellungen. Kompetenzen ermöglichen, auf Basis der Werte zielgerichtet zu handeln.

Den Zusammenhang zwischen Werten und Kompetenzen erklärt Gudela Grote anhand eines konkreten Beispiels: «Mit dem Wert der Offenheit signalisiert die ETH, dass Verhaltensweisen wie ‘Wertschätzung zeigen’ oder ‘von anderen Meinungen und Perspektiven lernen’ gewünscht sind. Diese Verhaltensweisen erfordern Kompetenzen, beispielsweise die Fähigkeit, sich in die Situation anderer zu versetzen. Und diese Fähigkeit will die Hochschule vermitteln.»

Integrierter Werte-Kompetenzen-Ansatz

Parallel zur Wertediskussion arbeitete eine Arbeitsgruppe im Auftrag des Vizepräsidiums für Personalentwicklung und Leadership an Sozial- und Leadershipkompetenzen. Dafür lud die Gruppe ETH-Mitarbeitende aus allen Bereichen zu Co-Creation-Workshops ein, holte ein breites Feedback ein und verdichtete die Resultate zu einen Vorschlag mit sechs Kompetenzen.

In einem Austausch mit den Verantwortlichen von Workstream 6 wurden die verschiedenen kulturbestimmenden Determinanten in einem integrierten Ansatz zu vereint. So wurde ein Bogen gespannt von der Vision und Mission der ETH Zürich über die Werte bis hin zu den Kompetenzen und dem aus ihnen resultierenden Verhalten.

«Es ist die Summe vieler kleinerer und grösserer Massnahmen, die einen kulturellen Wandel ermöglicht», ist Grote überzeugt. Und sie betont noch einmal, wie wichtig die Kultur einer Institution ist: «Kultur ist jener strategische Erfolgsfaktor einer Institution, der eigenständig entwickelt und nicht einfach übernommen werden kann.» Nur die kontinuierliche Arbeit an ihrer Kultur werde es der ETH erlauben, ihre Spitzenposition unter den akademischen Institutionen dieser Welt zu halten oder sogar auszubauen.

Weitere Informationen

Die vollständigen Resultate aus der Wertediskussion sowie die Folgerungen und Empfehlungen, die Workstream 6 daraus abgeleitet hat, sind im DownloadCulture Report (PDF, 4.1 MB) (in Englisch) zusammengefasst.

Zur Bedeutung von Kompetenzen und wie diese im Alltag verankert werden sollen, folgt ein separater Artikel auf «Intern aktuell».

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