«Mitarbeitende und Vorgesetzte haben eine gemeinsame Verantwortung»

Die ETH-Mitarbeitenden wurden angehalten, allfällige hohe Zeitguthaben (Ferien, Überstunden, Überzeit, Dienstaltersgeschenke) abzubauen. Lukas Vonesch, Leiter der Abteilung Personal der ETH Zürich, erklärt im Interview, was es mit dieser Aufforderung auf sich hat.

Lukas Vonesch
Lukas Vonesch, Leiter Abteilung Personal (Bild: ETH Zürich / Gian Marco Castelberg)  

Herr Vonesch, die ETH-Mitarbeitenden mit hohen Zeitguthaben (Ferien, Überstunden, Überzeit, Dienstaltersgeschenke) werden aufgefordert, diese abzubauen. Gibt es eine neue Regelung, die zu beachten ist, oder warum wurde diese Aufforderung gerade jetzt angebracht?

Tatsächlich ist diese Aufforderung nicht mit neuen Regelungen verbunden. Das Beziehen von Ferien und allfälligen anderen Zeitguthaben ist schon lange in personalrechtlichen Bestimmungen verankert – wie etwa im Reglement zur Erfassung der Arbeitszeit und Abwesenheiten oder in der Personalverordnung der ETH Zürich. Im Hochschulumfeld bzw. im wissenschaftlichen Bereich wird sehr eigenverantwortlich gearbeitet, weswegen dieses Thema bisher nicht im Vordergrund stand. Andere Arbeitgeber setzen dies schon länger konsequent um und fordern Mitarbeitende auf, ihre bestehenden Zeitguthaben zu beziehen.

Die ETH Zürich sensibilisiert die Mitarbeitenden bereits seit 2017 bezüglich dieses Themas. Während dies bis anhin mehrheitlich individuell geschah, wird der Abbau von hohen Zeitguthaben nun mit einem verbindlichen Massnahmenplan umgesetzt. Auch der Bund stellt vermehrt Anforderungen an den korrekten Umgang mit zu hohen Zeitguthaben, welchen die ETH Zürich nachkommen muss.

Welche Mitarbeitende sind von der Aufforderung, ihre Zeitguthaben abzubauen, betroffen?

Der Grossteil der Mitarbeitenden, rund 75 Prozent, hat die Zeitguthaben bestens im Griff und bezieht Freizeit und Ferien. 20 Prozent der Mitarbeitenden haben leicht erhöhte Zeitguthaben, die sie mit etwas mehr Planung und Eigenverantwortung weiter reduzieren können. Nur 5 Prozent – das sind etwa 350 Personen – haben sehr hohe Zeitsaldi. Hier braucht es einen verbindlichen, systematischen Abbau der bestehenden Zeitguthaben. Diese Mitarbeitende und deren vorgesetzte Personen werden von Human Resources kontaktiert und aufgefordert, einen verbindlichen Abbauplan zu erstellen, um die Zeitguthaben zu reduzieren. Die HR Personalberatung unterstützt die betroffenen Personen gerne bei Fragen oder Unklarheiten.

Wie ist beim Abbau von Zeitguthaben vorzugehen und welche Verantwortung haben Professorinnen, Professoren, vorgesetzte Personen und Mitarbeitende?

Zeitguthaben sind in dem Jahr zu beziehen, in dem sie anfallen. Mitarbeitende und Vorgesetzte haben eine gemeinsame Verantwortung beim Thema Zeitguthaben. Mitarbeitende handhaben ihre Zeitguthaben selbstverantwortlich und tragen ihre Abwesenheiten korrekt ins ETHIS Zeitmanagement-System ein. Dagegen sind Professorinnen, Professoren und vorgesetzten Personen verpflichtet, ihren Mitarbeitenden zu ermöglichen, Ferien zu beziehen bzw. allfällige Zeitguthaben zu kompensieren. Sie können Mitarbeitende dazu anhalten, die Zeitsaldi einzuhalten.

Mitarbeitende, die per Januar 2021 zu hohe Zeitguthaben aufgewiesen haben, werden via E-Mail aufgefordert, ihre Zeitguthaben abzubauen. Betroffene Mitarbeitende müssen einen schriftlichen Abbauplan für ihre Zeitguthaben erstellen und diesen mit der vorgesetzten Person besprechen.

Gibt es Fristen, die beim Abbau der Zeitsaldi zu beachten sind?

Generell sind Ferien in dem Jahr zu beziehen, in dem sie anfallen. Sollte dies nicht möglich sein, dürfen bei einem Vollzeitpensum grundsätzlich maximal zwei Wochen ins Folgejahr übertragen werden. Diese zwei Wochen müssen bis zum 31. März des Folgejahres bezogen werden.

Überstunden/Überzeit sind während dem Jahr laufend zu kompensieren, sodass nicht mehr als 100 Stunden ins Folgejahr übertragen werden. Für Mitarbeitende gilt eine Übergangsfrist bis Ende 2022.

Was passiert, wenn Mitarbeitende mit hohen Zeitguthaben der Aufforderung zum Abbau nicht nachkommen?

Die ETH Zürich vertraut auf die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden und Führungsverantwortung der Vorgesetzten. Human Resources unterstützt die Mitarbeitenden und vorgesetzten Personen bei der Umsetzung. Die im Abbauplan vereinbarten Ziele sind jedoch verbindlich und sind einzuhalten. Sollte dies nicht möglich sein, muss der Abbauplan angepasst werden. Wird der Abbauplan trotzdem nicht eingehalten, kann der Bezug von Ferien oder eine Kompensation unter Umständen angeordnet werden.

Warum ist es wichtig, dass die Zeitguthaben eigenständig und korrekt eingetragen und bezogen werden?

Dies hat zwei Aspekte.

Erstens dient arbeitsfreie Zeit unserer Erholung und fördert unsere Gesundheit, unsere Balance als auch unsere Leistungsfähigkeit. Die Gesundheit der Mitarbeitenden liegt in der Fürsorgepflicht eines Arbeitgebers und ist der ETH Zürich sehr wichtig.

Zweitens geben Mitarbeitende ihre Zeitguthaben bzw. An- und Abwesenheit ins ETHIS Zeitmanagement-System ein. Diese Zeitsaldi sind dann rechtsverbindlich und führen zu finanziellen Verpflichtungen. Bei Austritt müssen allenfalls Ferienguthaben ausbezahlt werden oder ein interner Stellenwechsel wird durch hohe Zeitguthaben erschwert.

Welche Mitarbeitenden haben eine Zeiterfassungspflicht und wo können die ETH-Mitarbeitenden sowie Professorinnen, Professoren bzw. vorgesetzte Personen die Zeitguthaben einsehen?

In ETHIS können die ETH-Mitarbeitenden einsehen, welche Zeiterfassungspflicht für sie gilt. Dort finden sie auch eine Übersicht ihrer Zeitguthaben. Auch Professorinnen, Professoren und vorgesetzte Personen finden die Zeitsaldi der Mitarbeitenden in ETHIS. Bei allfälligen Fragen steht die HR Personalberatung zur Verfügung.

Die ETH Zürich führt das flexible Jahresarbeitszeitmodell. Was bedeutet das für die Mitarbeitenden und wie steht dies im Zusammenhang mit dem Abbau der Zeitguthaben?

Das Jahresarbeitszeitmodell erlaubt den Mitarbeitenden, die Stunden aus den arbeitsintensiveren Phasen in weniger arbeitsintensiven Phasen ganzjährig zu kompensieren. Durch diese Flexibilität können die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeitenden sowie die der ETH Zürich aufeinander abgestimmt werden. Dieses Modell fördert die Work-Life-Balance, das Wohlbefinden sowie die Eigenverantwortung und wird als Benefit geschätzt.

Die Corona-Pandemie hat sich auf verschiedenste Art und Weise ausgewirkt. Stiegen in diesen Monaten auch die Zeitguthaben der ETH-Mitarbeitenden an?

Tatsächlich war die Pandemie für alle anspruchsvoll und für viele Mitarbeitende mit Mehraufwand verbunden. Dazu kommt, dass es nicht gerade sehr einfach und attraktiv war, Ferien während dieser Zeit zu planen und zu beziehen.

Glücklicherweise bietet sich die kommende Zeit wieder für Ferien, Kompensation und somit für den Abbau von Zeitguthaben an. In dem Sinne wünsche ich allen Mitarbeitenden schöne und erholsame Sommer- und Ferienwochen!

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