Ein wachsames Auge auf Exporte

Der Austausch von Wissen und Technologie mit dem Ausland kann gesetzlich beschränkt oder gar verboten sein. Die Exportkontrollstelle der ETH berät ETH-Angehörige und schützt sie vor Fehlern.

Anfang der 80er-Jahre wurde bekannt, dass der Bau einer Giftgasfabrik im Irak auch dank westlicher Zulieferer möglich gewesen war. Dies war einer der Auslöser, dass auf internationaler Ebene Abkommen zur Rüstungskontrolle vereinbart wurden. Sie wachen über die Weiterverbreitung von Know-how, Waren und Software für die Entwicklung oder Herstellung von Rüstungsgütern und Gütern mit doppeltem Verwendungszweck – militärisch und zivil.

Auch die Schweiz zog mit und hat in der Folge eigene Gesetze zur Ausfuhrkontrolle geschaffen. Die EU kennt ähnliche Bestimmungen, und ein gewichtiger, rund um den Globus wirkender Pol sind in diesem Kontext die USA: Weltweit, wo kontrollierte Güter mit US-amerikanischer Herkunft im Spiel sind, pocht die Weltmacht auf die strikte Durchsetzung ihrer Regeln.

Dessen müssen sich nicht nur Unternehmen bewusst sein, die ihre Produkte im Ausland verkaufen wollen. Sämtliche Wirtschaftsteilnehmer sind betroffen, auch öffentliche Institutionen, und damit auch die Hochschulen. «Für Forschende der global vernetzten ETH ist dies eine Herausforderung. Denn sie haben ja grundsätzlich den Anspruch, ihr Wissen international zu teilen», sagt Silvia Nast, Beauftragte der ETH Zürich für Exportkontrolle.

Die Aufgabe von Silvia Nast ist es, Exportkontrollfragen zu prüfen und Forschende bei diesem Thema zu unterstützen. Die erfahrene Exportleiterin arbeitete lange in internationalen Firmen und sorgte dort während über zehn Jahren für das sichere rechtliche Fundament der Exporttätigkeit. Seit 2017 ist sie, als einzige Spezialistin mit diesem Fokus an einer Schweizer Hochschule, an der ETH Zürich tätig.

Vergrösserte Ansicht: Cartoon: Stephan Lütolf
Cartoon: Stephan Lütolf

Nicht im Fokus: Lehre und Grundlagenforschung

«Wenn sich Forschungswissen nicht nur im zivilen Bereich einsetzen lässt, sondern auch destruktiv, sprechen wir von ‘Dual-Use’-Fällen. Forschende der ETH müssen sich im Alltag fragen, ob bei ihren Themen die Exportkontrolle greifen kann und im Austausch mit dem Ausland allenfalls eine behördliche Bewilligung eingeholt werden muss», betont sie. «Das liegt oft nicht auf der Hand. Ich will nicht dramatisieren, aber Verstösse, wenn auch nur aus Unachtsamkeit, können für den Einzelnen hohe Geldstrafen nach sich ziehen, in schweren Fällen sogar Haftstrafen.»

Von der Exportkontrolle nicht betroffen ist die Lehre bis und mit Bachelorstufe, da die vertiefte und aktive Forschung an Projekten erst auf Masterstufe einsetzt. Und auch zwei für die ETH zentrale Kategorien von Forschung sind ausgenommen: alle Forschungsresultate, die bereits publiziert worden sind, sowie die Grundlagenforschung, sofern daraus kein Prototyp entsteht und ins Ausland exportiert wird.

Aber wo ist konkret Vorsicht geboten? «Typische Beispiele sind Güter im Bereich Kerntechnik oder Infrarottechnologien, aber auch solche aus der Halbleitertechnik und Telefonie. Diese können vielen konstruktiven Zwecken dienen, aber in Waffensystemen eingesetzt eben auch destruktiven», sagt Silvia Nast. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Produkt selbst hergestellt wurde oder von einem Lieferanten stammt. «Ist vorgesehen, dass es im Rahmen eines Verkaufs, Verleihs oder einer Schenkung die Schweiz verlässt, muss zuerst geprüft werden, ob die Exportkontrolle greift.»

Genau hinsehen auch bei Personen wichtig

Bereits der mündliche Austausch an einer wissenschaftlichen Tagung mit internationalen Teilnehmenden, ob im In- oder Ausland, oder auf einer Geschäftsreise könne genügen, dass Exportbestimmungen tangiert werden, gibt die Exportspezialistin zu bedenken. Nämlich dann, wenn dort kritisches, unveröffentlichtes Know-how preisgegeben werden könnte.

Auch Forschungsverträge mit akademischen oder Industriepartnern können exportspezifische Klauseln enthalten. «Von deren genauer Einhaltung kann die ganze Partnerschaft abhängen», meint Silvia Nast. Sitze zum Beispiel in einem Kooperationsprojekt, in dem exportkontrolliertes Wissen ausgetauscht wird, eine Person aus einem international sanktionierten Land am Tisch, werde es problematisch.

Exportkontrolle erstreckt sich also nicht nur auf Güter, sondern auch auf Personen. So sollte auch bei der Anstellung von ausländischen Mitarbeitenden oder beim Wissensaustausch mit akademischen Gästen genau hingesehen werden.

Support in Zweifelfällen

Beim Entscheid, ob etwas unter die Exportkontrolle fällt, steckt der Teufel im Detail. Auch die hohe thematische Komplexität der ETH trägt dazu bei, dass die Klassifizierung oft zur Knacknuss wird. Umso hilfreicher ist es, dass der Bund allen Exporteuren umfangreiche und verbindliche Listen für Dual-Use- und Rüstungsgüter zur Verfügung stellt; dasselbe tun die EU und die USA. «Diese Listen sind das A und O, um zu erkennen, ob etwas von Exportgesetzen erfasst wird», so die Expertin.

«Wer forscht, entwickelt und wer Produkte herstellt, kauft oder verkauft, sollte diese Güterlisten kennen oder mindestens regelmässig konsultieren». Zugriff darauf ermöglicht die Website der ETH-Exportkontrolle. Sie stehe zur Verfügung, wenn ETH-Angehörige Zweifelsfälle oder ganz einfach Fragen zum Thema haben, sagt Silvia Nast. «Ich freue mich, wenn sie sich rechtlich geschützt ihrer Kernkompetenz widmen können, dem Forschen und Entwickeln.»

Informationen zur Person

Silvia Nast ist eidgenössisch diplomierte Exportleiterin. Seit mehr als 10 Jahren ist sie als Exportkontrollbeauftragte tätig, zuerst in der Industrie, seit 2017 an der ETH Zürich. Sie verfügt über eine rechtswissenschaftliche Zusatzausbildung, umfassende Kenntnisse der schweizerischen, europäischen und US-ame­ri­ka­nischen Exportkontroll-Gesetz­gebung und berät ETH-Angehörige in allen Fragen im Zusammenhang mit Warenausfuhren.

Silvia Nast

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