ETH-Werkstatt stellt Produkte für Spitäler her
Im Rahmen der Initiative helpfulETH stellen ETH-Angehörige dringend benötigte Produkte für Spitäler her. In einer Studierendenwerkstatt auf dem Campus Hönggerberg sind bereits Gesichtsschütze und eine virensichere Vorrichtung zur Aufbewahrung von Smartphones und Tablets entstanden.
Die Coronakrise stellt Mitarbeitende von Spitälern und Pflegeeinrichtungen vor neue Herausforderungen, für die es noch keine probaten Mittel gibt. Die Initiative «helpfulETH» stellt kurzfristig Ingenieurslösungen für den Alltag von Gesundheitseinrichtungen bereit.
Als Produktionsstätte dient bis jetzt hauptsächlich der Makerspace, eine Werkstatt im Student Project House an der ETH Zürich auf dem Hönggerberg. Sie wird von Studierenden betrieben und ist unter anderem mit 3D-Druckern und Laserschneidmaschinen ausgestattet. Zurzeit entwickeln dutzende Freiwillige aus der ETH, gemeinsam mit Experten aus der Industrie, aufgrund von Bedürfnismeldungen aus Gesundheitseinrichtungen Produkte, die rasch gefertigt und zur Verfügung gestellt werden können. Das Werkstattteam hat die Erlaubnis erhalten, den Makerspace unter Einhaltung der geltenden Sicherheitsregeln auch im Notbetrieb zu nutzen.
Erste Produkte in der Testphase
Der Fokus liege auf einfach herzustellenden Objekten, sogenannten «Minimum Viable Products», erklärt Marvin Breuch. Er ist Maschinenbau-Masterstudent und leitet den Makerspace. Zwei Produkte werden bis jetzt in der Werkstatt gefertigt. Das eine ist ein Gesichtsschutz, der das ganze Gesicht bedeckt und Tröpfchen abwehrt. Rund 50 Stück sind bereits zu Testzwecken an Spitäler geliefert worden. Im Optimalfall liessen sich bis zu 1400 Stück pro Woche herstellen, meint Breuch.
Das andere Produkt dient dazu, Kommunikationsgeräte steril zu halten. Das sei wichtig, weil auf Patientenakten in Spitälern oft über Smartphones oder Tablets zugegriffen werde, sagt Robotikstudent Mathis Först, der momentan die Produktion im Makerspace koordiniert. Diese Geräte lassen sich aber unter anderem aufgrund ihrer Öffnungen kaum sterilisieren. Die Vorrichtung, die im Makerspace gefertigt wird, erlaubt es, die Geräte auch in kontaminierten Bereichen zu nutzen, ohne sie mit Viren in Berührung zu bringen.
Die Pflegenden legen dazu das Gerät in einen sterilen Druckverschlussbeutel, welcher die Benutzung des Touchscreens weiterhin erlaubt. Dann ziehen sie ihre Schutzkleidung an und betreten den Bereich. Nach Verlassen des kontaminierten Bereichs schneiden die Pflegenden den Beutel auf und lassen das Gerät durch die obere Öffnung in die Box fallen. Anschliessend desinfizieren sie sich, ziehen ihre Schutzkleidung aus und entnehmen dann das Gerät aus einer anderen Öffnung der Box, die virenfrei bleibt. Auch diese Vorrichtung wird bereits in Spitälern getestet.
Freiwillige tragen das Projekt
Wie aber läuft die Entwicklung eines Produktes im Detail ab? Medizinische Einrichtungen informieren helpfulETH über bestehende «Needs», also Bedürfnisse. Die Gruppe evaluiert, ob sich das jeweilige Bedürfnis mit den vorhandenen Mitteln und innert nützlicher Frist stillen lässt. Dann macht sich gegebenenfalls ein spezialisiertes Projektteam an die Entwicklung und leitet anschliessend einen Fertigungsauftrag an die Werkstatt. Eine kleinere Zahl von Prototypen wird ausgeliefert, von den Spitälern getestet und dann mithilfe von deren Feedback ausgereift. Geleitet werden die Prozesse von Studierenden und Doktorierenden der ETH sowie von Alumni und Alumnae, die teilweise jahrzehntelange Erfahrung in verschiedenen Industrien mitbringen. Auch Ärztinnen und Juristen sind beteiligt.
Der Makerspace ist Teil des Student Project House, das seit 2016 als offene und interdisziplinäre Plattform für Projekte von ETH-Studierenden dient. Die Leitung des Student Projekt House übernahm Anfang dieses Jahres Lucie Rejman, Dozentin am Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie. Sie hebt den essenziellen Beitrag von Freiwilligen hervor: «Die erfolgreiche Betreibung unserer offenen Werkstatt wäre nicht möglich ohne den Einsatz der Makerspace-Manager». Das sind ETH-Angehörige, die in der Werkstatt normalerweise Projekte von Studierenden betreuen. Nun sind 17 davon freiwillig und intensiv in der Fertigung im Einsatz. Natürlich müssen die geltenden Sicherheitsvorschriften eingehalten werden: So befinden sich jeweils nur höchstens zwei Personen gleichzeitig in der Werkstatt und Geräte werden vor und nach dem Gebrauch desinfiziert.
Grosser Einsatz von Freiwilligen
Die Arbeit von helpfulETH beschränkt sich aber nicht auf physische Objekte. Unter anderem werden auch Trainingsvideos produziert, um medizinisches Personal einzulernen. Das sei momentan nötig, weil in Spitälern für Corona-Einsätze teilweise Personal aus anderen Bereichen abgezogen werde, sagt Stefan Boës, promovierter Medizinaltechniker. Er ist beim Student Project House für das Mentoring und Coaching zuständig und unterstützt in der helpfulETH-Intiative die Vernetzung der laufenden Projekte. Zum Beispiel kämen Fachleute aus der Chirurgie zum Einsatz, die dort wegen der Einschränkung der Operationen nun weniger dringend benötigt würden. Für die neue Aufgabe müssten sie instruiert werden. «Das führte zu der Idee, Trainingsvideos zu erstellen, damit nicht für diese Einarbeitung noch mehr Personal in Anspruch genommen wird», so Boës.
Bei helpfulETH gehen laufend weitere «Needs» ein. Gleichzeitig wächst der Pool von Freiwilligen, die ihre Expertise einfliessen lassen. Auch Produktionsräume und -Geräte kommen hinzu: So hat kürzlich das Departement Architektur rund 100 zusätzliche 3D-Drucker zur Verfügung gestellt. Damit wächst die Produktionskapazität der Initiative. Das Ziel, so Marvin Breuch, sei eine Ausweitung des Unterstützungsradius auf medizinische Einrichtungen in der ganzen Schweiz.
Ingenieurinnen und Ingenieure, aber auch Medizintechnikerinnen und Juristen, die bei helpfulETH ihre Expertise einbringen wollen, melden sich direkt über die Website von helpfulETH.
Wer die Initiative organisatorisch oder administrativ unterstützen will, meldet sich bei helpfulETH am besten externe Seiteüber Slackcall_made.