Maniok mit verbesserter Stärke

Pflanzenbiotechnologen der ETH Zürich haben Maniok mit Hilfe der berühmten Genschere CRISPR/Cas9 genetisch verändert. Die neue Sorte enthält amylosefreie Stärke, welche für die Verarbeitung von Vorteil ist.

Amylosefreie Stärkekörner aus Maniok unter dem Elektronenmikroskop. (Bild: Simona Rodighiero, ScopeM, ETH Zürich)
Amylosefreie Stärkekörner aus Maniok unter dem Elektronenmikroskop. (Bild: Simona Rodighiero, ScopeM, ETH Zürich)

Maniok ist weltweit einer der wichtigsten stärkehaltigen Nutzpflanzen. Ihre stärkereichen Wurzelknollen machen über eine halbe Milliarde Menschen satt. Und sie wird auch anderweitig eingesetzt, etwa für die Papierherstellung oder als Lebensmittelzusatz. Doch obwohl Maniokpflanzen ziemlich anspruchslos sind und selbst in Trockengebieten überleben, ist es zeitaufwändig, den von Bauern bevorzugten Sorten mittels Kreuzungen neue, nützliche Merkmale anzuzüchten.

Zusammen mit zwei ETH Forschungslaboren hat ETH-Wissenschaftler Simon Bull deshalb einen neuen Ansatz gewählt, um Maniok mit neuen Eigenschaften auszustatten. Und zwar verwendeten die Wissenschaftler der Labore für Pflanzenbiochemie und Pflanzenbiotechnologie zusammen mit Hervé Vanderschuren von der Universität Liège die Genschere CRISPR/Cas9, um die Nutzpflanze genetisch zu verändern. Ihre Studie darüber ist soeben im Fachmagazin «externe SeiteScience Advances» erschienen.

Die Versuche mit den neuen Maniok-Linien dienten in erster Linie der Grundlagenforschung und der Technologieentwicklung ohne direkten kommerziellen oder industriellen Anwendungen.

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Video: ETH Zürich

Mit dem Gen-Editierwerkzeug veränderten sie zwei Gene in Maniok dahingehend, dass die Pflanze veränderte Stärke produziert. Diese besteht in der Regel aus 15 Prozent Amylose und 85 Prozent Amylopektin. Die neue Stärke enthält kaum oder gar keine Amylose mehr.

Um dies zu erreichen, bauten die Forscher Maniokpflanzen einen Block aus mehreren Fremdgenen ein. Darunter waren das Cas9-Gen und ein Steuerungsgen, welche das CRISPR/Cas9-System benötigt, um die Erbsubstanz an der gewünschten Stelle zu zerschneiden. Weiter enthielt der Block ein Gen aus einer anderen Pflanze, der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana, das zum Blühen anregt.

Genschere inaktiviert Gene

In embryonalem Maniokgewebe liessen die Forscher die Cas9-Genschere die Gene GBSS und PTST zerschneiden. Beide Gene sind an der Amyloseproduktion beteiligt. Sind diese defekt, kann die Maniokpflanze keine Amylose mehr herstellen.

Mehrere besonders aussichtsreiche Pflanzenvarianten zogen die Forschenden im Gewächshaus auf und prüften sie auf ihren Amylosegehalt in den Wurzelknollen. So fanden die Wissenschaftler einige Varianten, die gar keine Amylose mehr herstellte. Die Stärke in der Wurzel dieses modifizierten Manioks enthielt demnach nur noch Amylopektin.

Der Maniok mit amylosefreien Speicherwurzeln reiht sich ein in eine Liste von global bedeutenden Nutzpflanzen wie Mais und Kartoffeln, die ein ähnliches Merkmal tragen.

Fremdgene durch Kreuzung eliminiert

Um die eingeführten Fremdgene wieder zu entfernen, kreuzten die Pflanzenwissenschaftler zwei Individuen der genmodifizierten amylosefreien Maniokvariante schliesslich miteinander. Bei diesen Individuen wurden die Fremdgene nur auf einem von zwei identischen Chromosomen eingebaut. Maniok besitzt von jedem Chromosom zwei Kopien. Aus diesem Grund sollte jeder vierte Nachkomme, der aus dieser Kreuzung hervorging, frei von Fremdgenen sein.

«Ohne Blüten hätten wir keine Kreuzungen durchführen können, um das fremde Genmaterial zu eliminieren», betont Bull. Die Fähigkeit, nur noch amylosefreie Stärke zu produzieren, blieb jedoch erhalten. «Das heisst, dass in der ersten Generation von Nachkommen das von uns gewünschte Merkmal erhalten blieb, die Fremdgene aber restlos ausgekreuzt werden konnten», sagt der Pflanzenwissenschaftler.

Die Kunst war, Maniok zum Blühen und zur Samenproduktion zu bringen. Gewöhnlich blüht diese Pflanze im Freiland nur selten, im Gewächshaus fast nie. Maniok wird in der Regel nicht sexuell vermehrt, sondern über Stecklinge, die genetisch identisch sind.

Methode spart viele Jahre Züchtung

Das Verfahren, das Bull und seine Kollegen entwickelt haben, beschleunigt die Züchtung von Maniok erheblich. «Die gewünschte Eigenschaft, dass Maniok nur Amylopektin enthält aber keine Amylose, hat man auch mit normaler Kreuzungs-Züchtung hinbekommen, betont Bull. «Aber dafür brauchte man tausende von Pflanzen und mehrere Jahre, und nicht nur ein paar wenige Pflanzen, die wir innert weniger Monate entwickelt haben.»

Maniok ist in vielen Ländern des Südens und vor allem Afrikas eine wichtige Kohlenhydratquelle. Die Pflanze speichert in ihren Wurzeln grosse Mengen an Stärke. Die Wurzeln werden oft für den lokalen Markt weiterverarbeitet. Kleinbauern erzielen damit einen Teil ihres Einkommens.

Weil aber auch amylosefreie Maniokstärke breit angewendet wird, muss die Amylose vor der Weiterverarbeitung über mehrere zum Teil energieintensive Prozessschritte aus der Stärke entfernt werden. Auch könnten Konsumenten die amylosefreie Wachsstärke bevorzugen. «Die neue Manioksorte dürfte deshalb sowohl bei Konsumenten als auch in der Industrie auf grosses Interesse stossen», hofft Simon Bull.

Literaturhinweis

Bull SE, Seung D, Chanez C, Mehta D, Kuon J-E, Truernit E, Hochmuth A, Zurkirchen I, Zeeman SC, Gruissem W, Vanderschuren H. Accelerated ex situ breeding of GBSS- and PTST1-edited cassava for modified starch. Science Advances 4, eaat6086 (2018). DOI: externe Seite10.1126/sciadv.aat6086

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