Kochen, auch wenn es windet

Ein von Studenten und einem Doktoranden der ETH Zürich entwickelter Campingkocher trägt die Flamme in seinem Innern. Beeinträchtigung durch Wind und Wärmeverluste werden so stark vermindert. Möglich war das neue Design durch die additive Fertigungstechnik.

Vergrösserte Ansicht: Peakboil
Wie eine Gugelhupfform: Der Brenner liegt im Innern des Kochgefässes (Blick von oben). (Bild: ETH Zürich / Peter Balicki Szczesiak)

Sommerzeit ist auch Campingzeit. Da lässt sich wunderschön auch einmal auf gewohnten Luxus verzichten und stattdessen ein einfaches Abendessen auf einem Camping-Gaskocher zubereiten. Wenn nur dieser Wind nicht wäre, der so stark weht, dass er andauernd die Flamme des Gasbrenners auspustet.

Ein ETH-Doktorand und Studenten des Design and Technlology Lab von der ETH Zürich und der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) haben nun einen neuartigen Kocher entwickelt, dem auch starker Wind nichts anhaben kann: Ein gugelhupfförmiges Kochgefäss umschliesst einen Gasbrenner und schirmt diesen vom Wind ab.

Praxistest auf dem Gipfel

Weitere Designbesonderheiten führen dazu, dass der Kocher äusserst energieeffizient ist: Die Wand des Gasbrenners ist gewellt – ähnlich einer Zitruspresse. «Dadurch ist die Kontaktfläche zwischen Flamme und Kocher erhöht», erklärt Julian Ferchow, Projektleiter und Doktorand in der Gruppe von ETH-Professor Mirko Meboldt. «Deswegen und weil die Wand sehr dünn ist, ist die Wärmeübertragung zum Inhalt des Gefässes optimal,» ergänzt der ETH-Student Patrick Beutler, der seine Bachelorarbeit auf dem Projekt machte.

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Kochgefäss und Brenner als Prototyp. (Bild: ETH Zürich / Julian Ferchow)
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Die Oberfläche des Brenners ist gewellt und dadurch vergrössert, die Innenstrukturen sind komplex und ermöglichen eine effiziente Luft- und Gaszufuhr in die Brennkammer. (Visualisierung: ETH Zürich / Patrick Beutler)

Im Innern des Brenners steckt ebenfalls viel Ingenieur-Expertise: Bei den Gasdüsen handelt es sich um sogenannte Venturi-Düsen. «Durch ihre Geometrie entsteht ein lokaler Unterdruck. Dadurch wird der Luftzug erhöht, was die Qualität der Flamme verbessert und die Effizienz weiter erhöht», sagt Ferchow.

Einen Prototyp des Kochers stellten die Forscher zusammen mit Inspire, der Organisation an der Schnittstelle von ETH Zürich und der Schweizer Maschinen- und Metallindustrie her. Sie nennen den Kocher «Peakboil». Passend zum Namen testeten sie den Prototyp im Frühjahr auf einer Skitour auf dem Gipfel des Säntis. «Es war windig, und wir hatten grosse Probleme, einen konventionellen Kocher in Betrieb zu nehmen. Mit unserem Prototypen konnten wir das Wasser problemlos erhitzen», erzählt Ferchow.

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Praxistest auf dem Säntis. (Video: ETH Zürich)

Schicht für Schicht

Das spezielle Design von Peakboil war nur dank additiver Fertigungsweise möglich. Mittels Selektivem Laserschmelzverfahren stellten Ferchow und seine Kollegen den Gaskocher Schicht für Schicht aus Edelstahl her. Bei dieser Technik wird eine Schicht feinen Metallpulvers auf eine Grundplatte aufgetragen. Mit einem computergesteuerten Laserstrahl wird dieses selektiv punktgenau geschmolzen. Wenn das geschmolzene Metall anschliessend erstarrt, bindet es an die Grundplatte. Anschliessend wird die nächste Schicht Metallpulver aufgetragen und lokal geschmolzen. So entstehen von unten nach oben in Schichten von jeweils einem Dreissigstel Millimeter komplexe Objekte.

«Diese Technik lässt uns sehr viele Designfreiheiten, welche konventionelle Herstellungsverfahren nicht bieten», erklärt Ferchow. «Mittels Metallguss beispielsweise wäre es niemals möglich, so dünne Kanäle herzustellen, wie wir sie im Innern unseres Gasbrenners haben.»

Das Selektive Laserschmelzverfahren wurde ursprünglich für die Herstellung von Prototypen entwickelt (Rapid Prototyping). «Mittlerweile ist das Verfahren jedoch so weit ausgereift, dass damit auch Serienprodukte hergestellt werden können», sagt Ferchow.

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Der Prototyp im Test. (Bild: ETH Zürich / Julian Ferchow)

Mit Designpreis ausgezeichnet

Peakboil wurde unlängst von einer international besetzten Fachjury aus Designexperten und Ingenieuren im Rahmen der «3D Pioneers Challenge» in der Kategorie Design ausgezeichnet. Dieser vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft ausgerichtete Wettbewerb ist nach Angaben der Organisatoren eine der am höchsten dotierten Auszeichnungen im Bereich Innovation im 3D-Druck.

«Die Jury hatte unsere Idee eines ressourcenschonenden Brenners honoriert, auch im Hinblick darauf, dass die von uns realisierte Outdoor-Anwendung als Beispiel dienen kann für industrielle Anwendungen der additiven Fertigung, wo ein grosses Potenzial liegt», sagt Ferchow. «Peakboil dient als Demonstrationsobjekt, mit dem wir Unternehmen zeigen können, was mit additiver Fertigungstechnik alles möglich ist und worauf man bei der Konstruktion besonders achten muss.» Weiterentwicklungen von Peakboil wären beispielsweise ein Gas-Durchlauferhitzer zur Warmwasserbereitung oder gar eine Gasturbine.

Zunächst aber möchten Ferchow und seine Kollegen bei ihrem Gaskocher bleiben und ihn im Design and Technlology Lab noch verbessern, wozu sie ihr Preisgeld verwenden werden. «Ich könnte mir vorstellen, die Effizienz des Brenners durch eine Optimierung der Gas- und Luftströme noch weiter zu steigern. Auch hoffen wir, Industriepartner zu finden, die gemeinsam mit uns das Produkt weiterentwickeln», so Ferchow.

Sommerserie

Im Rahmen einer Serie präsentiert ETH-News während der Ferienzeit regelmässig Beiträge zu Forschung und Innovation, welche etwas mit der schönsten Zeit des Jahres zu tun haben.

Bisher erschienen:

11.07. Schwitzen für ein kühleres Singapur

18.07. Wissenschaftler für einen Tag

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