Europäische Fördermittel für vier ETH-Professoren

Vier Forscher der ETH Zürich sind mit den prestigeträchtigen ERC Advanced Grants ausgezeichnet worden. Ihre Projekte werden in den nächsten fünf Jahren mit insgesamt rund 12,7 Millionen Schweizer Franken vom europäischen Forschungsrat gefördert.

Die ERC Advanced Grants gehören zu den begehrtesten Auszeichnungen im europäischen Forschungsraum. Mit ihnen fördert der Europäische Forschungsrat (ERC) ausschliesslich Projekte von etablierten Spitzenforschenden. Wer sich erfolgreich um diese Fördermittel bewirbt, erhält neben viel Renommee auch namhafte finanzielle Unterstützung. Die angenommenen Projekte werden während fünf Jahren mit rund 2,2 bis 3,8 Millionen Franken unterstützt.

17 Forschende der ETH Zürich haben sich für die ERC Advanced Grants beworben. Von ihnen schafften es 88 Prozent in die zweite Ausschreibungsrunde, und mehr als die Hälfte wurden mit «ausgezeichnet» (Kategorie A) bewertet und erfüllen somit die Kriterien für einen Grant. Wer am Schluss tatsächlich einen Grant erhält, hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel davon, wie viel Geld insgesamt dem ERC zur Verfügung steht und wie viel davon an jeden einzelnen Forschenden geht. Diejenigen ETH-Forschenden, die dieses Jahr den Grant knapp verpasst haben, können sich deshalb bei der nächsten Ausschreibung gute Chancen ausrechnen.

Die ETH muss attraktiv bleiben

Die ausgezeichneten Projekte kommen aus Forschungsbereichen, in denen die ETH Zürich eine führende Position einnimmt, also zum Beispiel Physik, Materialwissenschaften oder Erdwissenschaften. Auch die intensive Forschung auf dem noch jüngeren Gebiet der Biosysteme trägt Früchte. Dies passt zur Strategie der ETH Zürich, die in der medizinischen Forschung neue Wege beschreiten möchte. «Für mich sind diese Grants der Beweis, dass herausragende Professorinnen und Professoren an die ETH berufen werden», sagt Prof. Detlef Günther, Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH Zürich. «Um sich auch in Zukunft im europäischen Wettbewerb behaupten zu können, muss die ETH weiterhin so attraktiv bleiben, damit die weltweit besten Talente an dieser Hochschule lernen, lehren und forschen wollen.»

Chancen auf vollständige Assoziierung intakt

Mit der Unterzeichnung des Kroatien-Protokolls durch den Bundesrat im März und mit der deutlichen Annahme der Vorlage gestern durch den Nationalrat sind die Chancen der Schweiz für eine vollständige Assoziierung zum Forschungsprogramm Horizon 2020 gestiegen. Detlef Günther betont, dass diese vollständige Assoziierung für die Schweizer Hochschullandschaft zentral ist. «Die ERC Grants sind ein Leistungsausweis für die einzelnen Forscherinnen und Forscher. Sich nicht darum bewerben zu können, könnte Talente davon abhalten, in die Schweiz zu kommen, und das wäre ein grosser Nachteil für die Schweizer Forschungslandschaft.»

Die ERC Advanced Grants gehen an folgende Forscher:

Vergrösserte Ansicht: Charalampos Anastasiou

Charalampos Anastasiou ist Professor für theoretische Teilchenphysik. Als Schwerpunkt seiner Forschung macht er theoretische Voraussagen für die Experimente am Teilchenbeschleuniger LHC am Cern. Vor sechs Jahren erhielt er bereits einen ERC Starting Grant, um damit mathematische und computerbasierte Methoden zu entwickeln, um die am LHC gemessenen Teilchenkollisionen zu simulieren. Mit dem nun erhaltenen ERC Advanced Grant wird er diese Arbeit weiterführen. Das Ziel sind noch genauere Simulationen für die Beobachtungen rund um die Entstehung von Higgs-Bosons und weiterer Teilchen. Letztlich erhofft sich Anastasiou jedoch, dass sich einige der Messungen der Experimente nicht mit den Simulationen und dem Standardmodell der Teilchenphysik erklären lassen, was zur Entdeckung neuer physikalischer Gesetze führen könnte.

Vergrösserte Ansicht: Manfred Fiebig

Manfred Fiebig, Professor am Departement Materialwissenschaft, ist spezialisiert auf die Erforschung von neuartigen Materialien mit einer inneren magnetischen und elektrischen Ordnung, sogenannten Multiferroika. Oft werden diese im Labor in einem Bedampfungsprozess (Pulslaserdeposition) in dünnen Schichten hergestellt. Derzeit können die magnetischen und elektrischen Eigenschaften der Materialien erst nach Abschluss des Herstellungsprozesses untersucht werden. In seinem ERC-Projekt wird Fiebig eine neue Laser-Messtechnik entwickeln, die es erlaubt, diese Eigenschaften bereits während der Herstellung in Echtzeit zu verfolgen. So können während der Produktion die Schichtsysteme durch ständige Nachführung der Herstellungsparameter auf eine maximale technologische Nutzbarkeit hin optimiert werden. Solche Materialien könnten die Grundlage neuartiger magneto-elektrischer Sensoren, Bauteile oder Datenspeichermedien werden.

Andreas Hierlemann

Andreas Hierlemann ist Professor am Departement Biosysteme der ETH Zürich in Basel. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Entwicklung von mikroelektronischen Systemen, um damit biomedizinische Fragestellungen experimentell zu beantworten. In seinem ERC-Projekt wird es darum gehen, Netzwerke von Nervenzellen in Zellkultur mit leistungsfähigen Mikroelektronik-Chips umfassend elektrophysiologisch zu untersuchen, und zwar in bisher unerreichtem räumlichem und zeitlichem Umfang: Auf der räumlichen Skala werden gleichzeitig Informationen sowohl von kleinsten Zelluntereinheiten als auch von aus vielen Zellen bestehenden Netzwerken erfasst. Die zeitliche Skala soll vom Millisekundenbereich kurzer Nervenimpulse bis zu Wochen und Monaten für langandauernde Entwicklungsprozesse reichen. Das Projekt will wichtige Grundlagen liefern für die Erforschung neurologischer Erkrankungen sowie für die Entwicklung neuronal organisierter Datenverarbeitungssysteme.

Johan Robertsson

Johan Robertsson ist Professor am Departement Erdwissenschaften. Er erforscht, wie sich seismische Wellen ausbreiten und wie sich diese nutzen lassen, um daraus Informationen zur Struktur und Zusammensetzung des Erdinneren zu erhalten. Im Rahmen seines ERC-Projekts möchte er einen komplett neuen Ansatz entwickeln, um im Labor zu untersuchen, wie sich seismische Wellen in verschiedenen Gesteinen ausbreiten. Der ETH-Professor wird ein Versuchssystem aufbauen, das aus einem experimentellen Teil und einer Computersimulation besteht. Diese beiden Komponenten sind über Sensoren und Antriebsmechanismen so eng miteinander verwoben, dass sich seismische Wellenfelder vom Experiment in die Simulation ausbreiten können und umgekehrt. Es soll damit sogar erstmals möglich werden, die Wellenausbreitung dreidimensional in Zeitumkehr zu veranschaulichen. Die gewonnenen Erkenntnisse könnten unter anderem bei der Suche nach Geothermiequellen und fossilen Brennstoffen angewandt werden sowie in der Medizin zum Zertrümmern von Nieren- und Gallensteinen.

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