10 Millionen für junge Talente

Sieben Forschende der ETH Zürich erhalten einen ERC Starting Grant. Damit unterstützt der europäische Forschungsrat junge Talente am Anfang ihrer akademischen Laufbahn. Mehr als die Hälfte der Grants geht dieses Jahr an junge Forscherinnen.

Je rund 1,5 Mio. Schweizer Franken erhalten die sieben Forschenden aus dem wichtigsten Fördertopf Europas. Damit können sie ihre Forschungsprojekte und auch ihre Karriere wesentlich vorantreiben. «Sich dem Wettbewerb zu stellen, ist eine wertvolle Erfahrung für alle Forschenden, von der sie nur profitieren können. Unsere Aufgabe ist es deshalb, junge Talente zu motivieren, die noch ganz am Anfang ihrer Laufbahn stehen», meint Detlef Günther, Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen an der ETH Zürich. Ein gutes Beispiel dafür ist die erst 33-jährige Maryam Kamgarpour, die zum Zeitpunkt der Eingabe eine Postdoktorandin war und nun – gemäss den ETH-Richtlinien – aufgrund des Starting Grants eine Assistenzprofessur erhalten wird.

Insgesamt 11 Projekte förderungswürdig

Für Günther ist deshalb entscheidend, dass man junge Forschende ermutigt und unterstützt – selbst dann, wenn sie auf den ersten Anlauf nicht erfolgreich waren. Nebst den sieben ausgezeichneten Projekten wurden vier weitere Eingaben vom Forschungsrat als grundsätzlich förderungswürdig eingestuft, die aber aufgrund begrenzter Finanzmittel in diesem Jahr nicht berücksichtigt wurden. «Ich freue mich über alle 24 Projekte, die von ETH-Forscherinnen und -Forschern in diesem hochkompetitiven Wettbewerb eingereicht wurden. Dass dann über 45 Prozent der Projekte im europäischen Wettbewerb zu den besten gezählt haben, ist eine grossartige Leistung», so der Vizepräsident.

Im letzten Jahr konnten sich Schweizer Forschende nicht um die Starting Grants des Europäischen Forschungsrats bewerben, da die Schweiz nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative aus dem Forschungsprogramm Horizon 2020 ausgeschlossen worden war. Nach der Teilassoziierung gehen bei dieser Vergabe wieder rund 16 Mio. Schweizer Franken in Form der ERC Starting Grants 2015 an den Zürcher Forschungsstandort. Sollte jedoch bis Dezember 2016 keine Lösung gefunden werden, droht der Schweiz erneut die Zurückstufung zum Drittstaat. Für Detlef Günther ist klar: «Alle Entscheidungsträger der Schweiz sind jetzt gefordert, damit auch den jungen Forschenden in der Schweiz ein Umfeld geboten werden kann, in dem sie sich optimal entwickeln können, um sich in der Top-Liga der Wissenschaft zu positionieren. Wenn sie aus dem europäischen Wettbewerb ausgeschlossen werden, nimmt man ihnen die Chance sich mit den Besten zu messen.»  

Die sieben Projekte im Kurzüberblick:

Vergrösserte Ansicht: Eleni Chatzi

Eleni Chatzi ist Assistenzprofessorin am Institut für Baustatik und Konstruktion. Ihr ERC-Forschungsprojekt hat zum Ziel, die Lebensdauer von Windturbinen zu erhöhen und die Verwaltung der Turbinen für die Betreiber effizienter zu gestalten. Mit einer Kombination von kostengünstiger Sensor-Technologie und State-of-the-Art-Algorithmen will sie ein intelligentes System bereitstellen, mit dem sich die Lebenszyklen der Turbinen überwachen und beurteilen lassen. Letztlich möchte sie mit dem Projekt einen wirksamen «Schutzanzug» für den gesamten Lebenszyklus der Turbinen entwickeln.

Vergrösserte Ansicht: Torsten Hoefler

Torsten Hoefler ist Assistenzprofessor für Informatik und erforscht, wie man heterogene Grossrechner mit Millionen Prozessoren unterschiedlicher Architektur effizient programmieren kann. Auf solchen massiv-parallelen Computersystemen höchste Leistung zu erzielen, ist eine zentrale Herausforderung in der Informatik. Komplexe Anwendungen wie etwa Klimasimulationen erfordern, dass möglichst viele Rechenoperationen gleichzeitig auf verschiedenen Prozessoren erfolgen. Herkömmliche Ansätze zur Parallelisierung werden jedoch zunehmend ineffizient. Hoefler und seinen Team wollen nun datenzentrische Programmiertechniken entwickeln, die es erlauben, Anwendungen optimiert für verschiedene Computerarchitekturen zu übersetzen.

Vergrösserte Ansicht: Maryam Kamgarpour

Maryam Kamgarpour ist Postdoc und Dozentin am Institut für Automatik. Sie interessiert sich in ihrer Forschung dafür, wie sich Unsicherheiten in komplexen dynamischen Systemen wie dem Luftverkehrssystem und dem Stromnetz kontrollieren lassen. In ihrem ERC-Projekt möchte sie eine Theorie sowie Algorithmen für eine Feedback-Steuerung von Stromnetzen zu entwickeln, welche wetterabhängige Schwankungen bei der Produktion von erneuerbarem Strom sowie Nachfrageschwankungen berücksichtigt. Ziel des Projektes ist es, Unsicherheiten besser quantifizieren und kontrollieren zu können und damit die Stabilität und Effizienz des Stromnetzes zu erhöhen.

Vergrösserte Ansicht: Laura Nystroem

Laura Nyström ist Assistenzprofessorin am Institut für Lebensmittelwissenschaften, Ernährung und Gesundheit. Ihre Gruppe erforscht schwerpunktmässig Ballaststoffe und die damit verbundenen Phytochemikalien in Getreidekörnern und anderen Pflanzenbestandteilen. In ihrem vom ERC geförderten Projekt möchte Nyström die Verbindungen in Lebensmittelfasern erstmals auf molekularer und atomarer Ebene untersuchen.Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können unter anderem dazu dienen, die Bestandteile von funktionellen Lebensmitteln weiter zu verbessern.

Vergrösserte Ansicht: Martin Pilhofer

Mit Sekretionssystemen können Bakterien bei Kontakt bestimmte Proteine in andere Zellen injizieren und dadurch Konkurrenten bekämpfen oder auch Krankheiten auslösen. Martin Pilhofer, Assistenzprofessor am Institut für Molekularbiologie und Biophysik, möchte in seinem ERC-Projekt das häufigste bakterielle Sekretionssystem, T6SS, eingehend untersuchen und dessen Funktionsweise in einem neuartigen Modell darstellen. So möchte er herausfinden, weshalb mehrere dieser Sekretionssysteme in bestimmten Zellregionen koordiniert werden und wie diese in der Zellhülle verankert sind. Ausserdem will er beobachten, was passiert, wenn das Sekretionssystem mit einer anderen Zelle in Kontakt kommt.

Vergrösserte Ansicht: Sai Reddy

Wie genau der Körper mit der Produktion von Antikörpern auf Impfungen reagiert, ist für die Wirksamkeit der Impfungen und für die Immundiagnostik zentral. Noch immer verstehen Wissenschaftler diese Antikörperantwort jedoch nicht im Detail. In seinem ERC-Projekt möchte Sai Reddy, Assistenzprofessor für Biomolekulares Engineering, die Antikörperantwort auf molekularer Ebene erforschen. Er wird dazu die Methoden der Hochdurchsatz-DNA-Sequenzierung und der Computational Biology verwenden. Auf den Ergebnissen aufbauend möchte Reddy das Design von Impfstoffen verbessern und neue Bioinformatik-Methoden für die Immundiagnostik erarbeiten.

Vergrösserte Ansicht: Vanessa Wood

Vanessa Wood ist Professorin im Department Informationstechnologie und Elektrotechnik. Sie möchte mit ihrem ERC-Starting-Grant erforschen, wie die Elektrochemie von Lithium-Ion-Batterien und deren Struktur – von der atomaren Ebene bis zum makroskopischen Objekt – zusammenhängen. Davon erhofft sich Wood ein besseres Verständnis für die Ursachen der Leistungsgrenze von Batterien. Weiter möchte sie Richtlinien entwickeln, um eine höhere Leistungsfähigkeit und Sicherheit von Lithium-Ion-Batterien zu erzielen. Ausserdem wird sie wirtschaftlich tragfähige technische Lösungen erarbeiten, die auf diesen Richtlinien beruhen. Lithium-Ion-Batterien werden heute weit verwendet und haben ein hohes Potenzial für die Elektromobilität und die Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen.

Nachtrag vom 24.02.2016

Ein zusätzlicher Wissenschaftler der ETH Zürich kommt in den Genuss eines ERC Starting Grants:

Vergrösserte Ansicht: Martin Vechev

Martin Vechev, Assistenzprofessor am Departement Informatik, entwickelt neue Methoden, die helfen, Software zuverlässiger, sicherer und effizienter zu machen. Weil Computerprogramme und die damit gelösten Aufgaben immer umfangreicher und komplexer werden, kommen die bisher dazu genutzten Methoden an ihre Grenzen. In seinem ERC-Projekt möchte Vechev diese Grenzen sprengen, indem er sich riesige, «Big Code» genannte Open-Source-Software-Datenbanken zunutze macht. Es geht darum, die darin enthaltene Information mit Methoden des maschinellen Lernens semantisch herauszufiltern und sie anschliessend statistisch auszuwerten. Die damit gewonnenen Erkenntnisse sollen helfen, neue Programmiermethoden zu entwickeln, allenfalls sogar solche, mit denen sich Teilbereiche des Programmierens automatisieren lassen.

ERC Starting Grants

Mit diesen Grants fördert der Europäische Forschungsrat ERC unabhängige Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforscher beliebiger Nationalität mit 2 bis 7 Jahren Erfahrung nach Abschluss der Promotion und einer vielversprechenden wissenschaftlichen Karriere. Entscheidendes Kriterium für die Vergabe ist die Exzellenz des eingereichten Forschungsprojekts, das in einer öffentlichen oder privaten Forschungsorganisation, die ihren Sitz in einem externe SeiteEU-Mitgliedstaatoder externe Seiteeinem assoziierten Staat hat, durchgeführt werden muss. Während 5 Jahren werden die Projekte mit bis zu 1,5 Millionen Euro gefördert.

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