Virtuose der Synthese

Der Ruzicka-Preis 2015 geht an Henning Jessen, Professor für Bioorganische Chemie an der Universität Freiburg im Breisgau. Der 36-jährige Deutsche erforscht mit grossem Erfolg, wie sich sekundäre Botenstoffe im Labor chemisch verändern oder sogar künstlich erzeugen lassen.

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Henning Jessen. (Bild: zVg H. Jessen)

Botenstoffe sorgen dafür, dass die Zellen von Organismen miteinander kommunizieren können und stellen dadurch sicher, dass das Zusammenspiel dieser Zellen richtig funktioniert. Henning Jessen, Professor für Bioorganische Chemie an der Universität Freiburg im Breisgau, befasst sich mit der chemischen Biologie von Sekundärbotenstoffen, jenen Botenstoffen also, die Signale von ausserhalb der Zelle, welche die Membran nicht passieren können, innerhalb der Zelle weiterleiten und verarbeiten. Die chemische Biologie dieser Sekundärbotenstoffe ist noch wenig erforscht und doch erhoffen sich die Wissenschaftler von diesem Forschungsgebiet Antworten auf grundlegende Fragen der Biologie.

Ansätze klug kombinieren

Bahnbrechende Resultate erzielte Henning Jessen mit seinen Forschungsarbeiten im Bereich der sogenannten Inositol-Pyrophosphate. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Fettstoffwechselkrankheiten, starkem Übergewicht und Diabetes Typ 2. Verschiedene Studien legen nahe, dass eine wichtige Funktion von Inositol-Pyrophosphaten darin besteht, die Aufnahme von Glucose aus dem Blut zu regulieren. Mäuse, die ein bestimmtes Enzym nicht besitzen, das Inositol-Pyrophosphate herstellt, zeigen eine hohe Insulinsensitivität. Verbunden damit nehmen sie nur wenig an Gewicht zu und erkranken nicht an Diabetes. Jessen und sein Team kombinieren Ansätze der synthetischen Chemie und der Biologie, um die molekularen Ursachen dieser Mechanismen zu klären.

Für seine wegweisenden Resultate erhält Henning Jessen nun den mit 10‘000 Schweizer Franken dotierten Ruzicka-Preis der ETH Zürich. «Damit würdigen wir einen jungen Wissenschaftler, der auf einem ebenso jungen Forschungsgebiet innerhalb der chemischen Biologie arbeitet und der mit einem kreativen Ansatz, der Vereinigung von chemischer Synthese und biologischer Anwendung, Herausragendes geleistet hat», begründet Prof. Donald Hilvert, Vorsteher des Departements Chemie und Angewandte Biowissenschaften, den Juryentscheid.

Lohnende Investition

Für Jessen, der vor seiner Berufung an die Universität Freiburg an der ETH Lausanne, der Universität Basel und zuletzt an der Universität Zürich forschte, ist der Ruzicka-Preis eine wundervolle Würdigung seiner Arbeit in der Schweiz. «Es freut mich ausserordentlich, dass die Leute, die an uns geglaubt haben und uns unterstützt haben, nun bestätigt bekommen, dass es sich lohnt, in risikoreiche Forschung zu investieren», betont er und fügt an: «Mit ‹uns› meine ich ausdrücklich meine Forschungsgruppe, meine Doktoranden und Masterstudierenden, die einen wichtigen Beitrag zum Erfolg geleistet haben.»

Der Ruzicka-Preis spornt Jessen auch für seine künftigen Projekte an. Zurzeit arbeitet er daran, seine Forschungsgruppe in Freiburg aufzubauen. Die Grundlagen für die Forschung stammen aus seiner Zeit in Zürich. «Wir können jetzt effizient all die Moleküle herstellen, die uns interessieren, sie in Zellen transportieren, dort freisetzen und ihre Wirkung auslesen», sagt Jessen. «Wir fahren also sozusagen die Ernte unserer geleisteten Arbeit ein.»

Ruzicka-Preis

Seit 1957 wird der Preis, der nach Nobelpreisträger Leopold Ruzicka benannt ist, an junge Forschende vergeben, die Herausragendes auf dem Gebiet der Chemie veröffentlicht haben. Der Ruzicka-Preis wird durch Gelder aus der schweizerischen chemischen Industrie ermöglicht und ist neben dem Werner-Preis der bedeutendste Schweizer Preis für Nachwuchsförderung in der Chemie. Das jeweilige Kuratorium hat seit der ersten Vergabe etliche Talente entdeckt: Auf der Liste der Preisträger stehen beispielsweise Namen wie Richard Ernst (Magnetische Resonanz, Nobelpreis 1991) oder Charles Weissmann (Prionenforschung, Robert-Koch-Medaille 1995).

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