Handel mit invasiven Pflanzen blüht

Weltweit werden täglich hunderte verschiedener Pflanzenarten – darunter viele, die auf einer Liste invasiver Arten stehen – über Online-Auktionsplattformen gehandelt. Das verschärft das Problem unkontrollierbarer biologischer Invasionen.

Vergrösserte Ansicht: Schön invasiv: Die Passionsblume Passiflora edulis ist eine attraktive Zierpflanze, die aus Brasilien, Paraguay und Argentinien stammt. (Bild: Leonardo Ré-Jorge/ Wikimedia Commons)
Schön invasiv: Die Passionsblume Passiflora edulis ist eine attraktive Zierpflanze, die aus Brasilien, Paraguay und Argentinien stammt. (Bild: Leonardo Ré-Jorge/ Wikimedia Commons)

Goldrute, Drüsiges Springkraut, Chinesische Hanfpalme: Drei Pflanzen, ein Problem. Diese Arten wurden einst von anderen Kontinenten als Garten- oder Zierpflanzen in die Schweiz eingeführt. Sie verwilderten und bedrängen nun die einheimische Flora.

Das passiert nicht nur in der Schweiz. Biologische Invasionen finden täglich auf allen Kontinenten statt. Eine Hauptquelle dafür ist der weltweite Handel, der sich zunehmend ins Internet verlagert und beispielsweise über Auktionsplattformen wie Ebay abgewickelt wird. Dadurch ist es möglich, mit einem Klick potenziell invasive Pflanzen von Kontinent zu Kontinent zu verbreiten und so ungewollt biologischen Invasionen Vorschub zu leisten.

Online-Auktionen überwacht

Um das Ausmass des globalen Handels mit invasiven Pflanzenarten auf Internethandelsportalen abschätzen zu können, überwachte eine Gruppe von Forscherinnen und Forschern der ETH Zürich unter der Leitung von Christoph Küffer, Privatdozent am Institut für Integrative Biologie, den Online-Handel mit rund zwei Dritteln der globalen Flora auf Ebay und neun weiteren Internethandels-Plattformen.

Mit Hilfe einer eigens für diese Studie programmierten Software verfolgten eine Forscherin und drei Forscher 50 Tage lang, welche Pflanzenarten in verschiedenen Ländern wie oft zum Kauf angeboten wurden. Verschiedene Listen von invasiven Pflanzen, unter anderem der Weltnaturschutzorganisation (International Union for the Conservation of Nature, IUCN), gab den Forschenden darüber Auskunft, ob die angebotenen Pflanzen irgendwo auf der Welt als invasiv eingestuft werden.

Das Programm, das die Verkaufsplattformen automatisch durchsuchte, wurde von Luc Humair vom ETH-Departement Informatik und Fabian Kuhn, einem ETH-Alumnus, der heute an der Universität Freiburg im Breisgau forscht, geschrieben. Die Daten, welche die Forschenden von Ebay verwendeten, stammten ausschliesslich von öffentlich zugänglichen Angeboten. «Ebay hat ein Interesse daran, die Angebote auch für Computer-Programme, welche systematisch und autonom Inhalte im Internet suchen und analysieren, zugänglich zu machen», sagt Luc Humair. Dies habe ihnen das Angebots-Monitoring ermöglicht.

Damit konnten die Forschenden allerdings nur die Angebotsseite nachverfolgen, nicht jedoch, ob sich Käufer und Verkäufer handelseinig geworden waren und in welche geografischen Grossregionen die Pflanzen verschickt wurden. «Natürlich wäre es interessant, auch den Bestimmungsort in ein solches Monitoring einzubeziehen», sagt Luc Humair. Diese Daten seien jedoch persönlich und könnten nur in Zusammenarbeit mit Ebay oder den anderen Anbietern erhoben werden.

Grosses potenzielles Handelsvolumen

Was dieses Programm trotz dieser Einschränkung aufdeckte, überraschte die Erstautorin der Studie, Franziska Humair: «Das Ausmass des weltweiten Handels mit Pflanzen, die bekanntermassen in anderen Regionen invasiv sind, hätten wir nicht erwartet», sagt die ehemalige ETH-Doktorandin. Die Studie wurde soeben in der Fachzeitschrift «Conservation Biology» veröffentlicht.

In den 50 Tagen ihres Monitorings fanden die Forscherin und die Forscher auf Ebay 2625 verschiedene Pflanzenarten, die zum Verkauf angeboten wurden. Das entspricht rund 1,4 Prozent der von ihnen untersuchten Samenpflanzen. Von 510 der gefundenen weiss man, dass sie in irgendeiner Region der Welt invasiv sind. Davon sind wiederum 35 unter den von der Weltnaturschutzorganisation IUCN als 100 Top-Invasoren benannten Arten.

Invasive Arten häufig im Angebot

Die am häufigsten angebotene invasive Pflanze ist die Passionsblume Passiflora edulis. Rund 90 Mal pro Tag taucht diese Art in Angeboten von Händlern aus 17 Ländern und fünf geografischen Grossregionen auf. Diese Passionsblume ist in den Tropen stark invasiv. Am zweithäufigsten zum Kauf angeboten wird die Kornblume Centaurea cyanus, die durchschnittlich über 80 Mal täglich zum Verkauf steht. Sie gilt in gewissen Gebieten der USA als invasiv. Die Händler dieser Art haben ihren Sitz in 10 Ländern in fünf Regionen. Am häufigsten im Angebot steht indessen eine Art, die ursprünglich in Steppen Afrikas und Arabiens heimisch ist, in anderen Regionen jedoch bisher nicht invasiv wurde. Durchschnittlich über 3100 Mal pro Tag suchen Händler aus 12 Ländern für die Wüstenrose Adenium obesum nach Abnehmern.

Vergrösserte Ansicht: Kornblume
Die Kornblume ist in Mitteleuropa selten geworden, in Nordamerika wird sie nun stellenweise invasiv. (Bild: H. Zell  CC BY-SA 3.0 Wikimedia Commons).
Vergrösserte Ansicht: Wüstenrose
Die Wüstenrose ist die am häufigsten im Internet zum Verkauf angebotene Blütenpflanze, ist bislang jedoch nicht als invasive Art aufgetreten. (Bild: Wikimedia Commons)

Die in der Studie entdeckten Anbieter von Pflanzen waren in 65 Ländern ansässig. Angebote für invasive Arten stammen aus 55 dieser Länder, darunter auch Australien. Dort ansässige Händler offerieren im grossen Stil invasive Pflanzen, die in anderen Weltregionen Schaden anrichten können. «Man kann sich darüber wundern, denn die Australier lassen keine fremde Pflanze ins Land. Handkehrum gibt es offenbar keine Kontrolle darüber, ob potenziell schädliche Pflanzen den fünften Kontinent verlassen», findet Küffer.

Die Zahl der gehandelten Arten und damit auch der potenziell Invasiven dürfte die in dieser Studie ermittelte Anzahl sogar noch übersteigen, schätzt der Senior Scientist. Die Forschenden haben die Auktionen nur gerade 50 Tage lang überwacht, jeden Tag seien bis zum Ende der Versuchsperiode neue Arten in den Angeboten aufgetaucht. Ausserdem haben die Forscher in ihrer Software nur die wissenschaftlichen Artnamen als Suchraster hinterlegt. Pflanzen, welche die Händler unter deren populären Namen aufführten, wurden durch die Websuche nicht erfasst.

Keine Spielregeln im Web

«Auf den Punkt gebracht: Die grosse Mehrheit der invasiven Arten ist äusserst einfach per Mausklick zu erhalten», sagt Franziska Humair. Spielregeln für den Handel seien selten oder würden lasch gehandhabt. Auch sei es für Händler kaum möglich, die verschiedenen Gesetze und Regeln betreffend invasiver Arten, die in den entsprechenden Ländern gelten, zu kennen. Anscheinend kann denn auch niemand den Internet-Handel mit bekanntermassen gefährlichen Arten eindämmen.

Auch droht neue Gefahr, da dank dem Internet Regionen an die Handelsströme angeschlossen werden, die bis anhin keinen Zugang hatten. «Auf unserer Landkarte erscheint nun auch Südafrika. Ob die Pflanzen, die aus dieser Ecke auf den Weltmarkt drängen, das Zeug zu invasiven Arten haben, wissen wir noch gar nicht», betont Küffer. Es sei gut möglich, dass auch davon einige in anderen Regionen invasiv werden könnten.

«Invasionen können nur eingedämmt werden, wenn wir den Handel mit potenziellen Invasoren eingrenzen können», so der ETH-Wissenschaftler. Die Studie zeigt, dass ein Dauermonitoring von Handelsplattformen im Prinzip möglich ist, um neu gehandelte Arten aufzuspüren, was einen Hinweis auf künftige Invasionen geben kann. Bereits heute gibt es in vielen Ländern Regelwerke mit dem Ziel, das Ausbringen von invasiven Arten zu beschränken. In der Schweiz beispielsweise gibt es dazu eine spezielle Freisetzungsverordnung; die EU-Länder sind daran, eine Liste der Arten zusammenzustellen, die EU-weit bedeutende Invasoren sind. «Der blühende Online-Handel macht die Bemühungen von Behörden oder verantwortungsbewussten Grossgärtnereien, ihr Angebot anzupassen, noch dringlicher», schätzt Küffer.

Literaturhinweis

Humair F, Humair L, Kuhn F, Kueffer C: E-commerce trade in invasive plants. Conservation Biology 2015. doi: externe Seite10.1111/cobi.12579

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