Wertvolle Zeitdokumente

Insgesamt 250 Stunden Video- und Tonaufnahmen mit Zeitzeugen hat das Archiv für Zeitgeschichte im Projekt «Humanitäre Schweiz» in seine Datenbank integriert. Das Vorhaben hat sich gelohnt: Das umfangreiche Material zeigt eindrücklich, wie sich die Schweizer Entwicklungshilfe in den letzten Jahrzehnten verändert hat.

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Verena Fiechter (1921-2013) berichtet, wie sie als Krankenschwester für die Basler Mission im Spital Moiyen (China) gegen Ende des chinesischen Bürgerkriegs (1949) mit Soldaten verhandelte. (Video: Thomas Gull, Jens Rövekamp / AfZ)

Es sind bemerkenswerte Dokumente zur jüngeren Schweizer Geschichte: Mit insgesamt 75 Zeitzeuginnen und Zeitzeugen hat der Verein «Humem» zwischen 2006 und 2010 mehrstündige Videointerviews über ihren Einsatz in der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit geführt. Ausschnitte dieser Gespräche waren in der Wanderausstellung «Die andere Seite der Welt» zu sehen, die im Rahmen des 50-Jahr-Jubiläums der DEZA im Herbst 2011 unter anderem auch an der ETH Zürich gezeigt wurde.

Um die längerfristige Archivierung der Filme sicherzustellen, hat Humem bereits im Vorfeld mit dem Archiv für Zeitgeschichte (AfZ) an der ETH Zürich Kontakt aufgenommen. Dieses hat im Projekt «Humanitäre Schweiz» die Videos, Interviewprotokolle und Transkriptionen nun übernommen und in seine Archivdatenbank integriert. Im Beisein der Zeitzeugen sowie Vertretern der zahlreichen Sponsoren werden die Materialien nun an der Abschlussfeier des Projekts am 19. September 2015 nochmals präsentiert.

Grosse Datenmenge

«Die umfangreichen Aufnahmen in unsere Datenbank zu integrieren, war eine anspruchsvolle Aufgabe», erklärt Gregor Spuhler, Leiter des AfZ. «Aufgrund der Erfahrungen von früheren Projekten wussten wir, dass sich ein solches Vorhaben schnell einmal zu einer sehr aufwändigen Angelegenheit entwickeln kann.» Herausfordernd war nicht nur die grosse Datenmenge von gegen 13 Terabyte – immerhin 250 Stunden Ton- und Bildmaterial –, sondern auch die technische Integration in die Datenbank des AfZ. «Wir haben nun eine technisch fortschrittliche Lösung gefunden, für die es in der Schweiz kaum Vorbilder gibt», hält Spuhler fest.

Aufwendig war vor allem, dass die Erschliessungsdaten zu den Interviews nochmals überarbeitet werden mussten. Diese ermöglichen es, per Schlagwortsuche genau diejenigen Filmsequenzen zu finden, die zum entsprechenden Thema passen. Da die Indexierung über die Online-Datenbank frei einsehbar ist, mussten alle heiklen persönlichen Informationen herausgefiltert werden.

Vorerst können die Videos nur im AfZ selber angeschaut werden. «Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und wegen ungeklärter Urheberrechte können wir die Videos nicht einfach ins Internet stellen», meint Spuhler. «Wir arbeiten jedoch an einer Lösung, damit Interessierte mit einem entsprechenden Passwort Zugriff auf diese Dokumente bekommen.»

Mehr Männer, mehr Akademiker

Zu den Videos kamen noch weitere Materialien: Das AfZ führte eigene Anlässe durch, bei denen einige der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen mit Schulklassen ins Gespräch kamen. Diese Anlässe wurden ebenfalls aufgezeichnet und die entsprechenden Tondokumente nun in die Datenbank integriert. Zudem erhielt das AfZ von rund 20 Zeitzeugen zusätzliche persönliche Dokumente wie Briefe, Fotos, Tagebücher, Berichte, welche die Sammlung ergänzen.

Der neue Bestand im AfZ ist von grossem Interesse, stellt Spuhler erfreut fest. «Wir haben schon einige Anfragen von Wissenschaftlern, die unser Material nutzen möchten.» Der Bestand zeigt beispielsweise gut, wie sich die Entwicklungszusammenarbeit verändert hat. Waren in den ersten Jahren vor allem Nicht-Akademiker und Frauen prägende Figuren, kamen ab den 1970er-Jahren zunehmend mehr Männer und Akademiker auf das Feld. Nicht mehr das persönliche Engagement stand nun im Vordergrund, sondern der Wissenstransfer.

Spannend sind die Dokumente auch für die Oral History-Forschung. Anhand der Originaldokumente und der Videoaufnahmen lässt sich vergleichen, wie eine Person ihren Aufenthalt im Ausland damals erlebte und wie sie sich heute an diese Zeit erinnert.

Abschlussanlass «Humanitäre Schweiz»

Am 19.September 2015 um 14 Uhr findet im Archiv für Zeitgeschichte am Standort Hirschengraben 62 in Zürich die Abschlussveranstaltung des humem-Projektes statt.

Weitere Informationen und Anmeldung auf der Homepage des Archivs: www.afz.ethz.ch.

 

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