Ein Bahnexperte für die Schulleitung

Ulrich Alois Weidmann heisst der neue Vizepräsident für Personal und Ressourcen der ETH Zürich, wie der ETH-Rat mitteilt. Wer ist Ulrich Weidmann und was bewegt ihn dazu, Mitglied der Schulleitung zu werden?

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Ulrich Weidmann: Motiviert und mit Freude zum nächsten Karriereschritt. Ab Januar ist der Verkehrsexperte neuer ETH-Vizepräsident Personal und Ressourcen. (Bild: ETH Zürich / Peter Rüegg)

Wer Ulrich Weidmanns Büro auf dem Hönggerberg betritt, sieht sogleich die Eisenbahnmodelle, die man mit einer Professur verbindet, die sich mit dem öffentlichen Verkehr befasst. Wer sich weiter umsieht, bemerkt, dass die meisten Ordner und Dokumentenmappen grün sind. «Grün beruhigt und vermittelt mir Gelassenheit und Wohlbefinden bei der Arbeit», begründet er die Farbwahl.

Um dieses Wohlbefinden bei der Arbeit zu erhalten, achtet der Professor für Verkehrssysteme darauf, dass er seine Aufgaben effizient erledigt und «keine Zeit in Anlässe investiert, die nicht wertschöpfend sind», sagt er. Zudem setze er sich Eckwerte im Tages- und Wochenablauf: «Tagsüber bestimmt die ETH meinen Zeitplan, abends und am Wochenende aber meine Familie», sagt der Vater einer Tochter (16) und eines Sohns (14).

Im Januar wird Ulrich Weidmann nun sein Büro im HIL-Gebäude auf dem Hönggerberg verlassen und ein neues im ETH-Hauptgebäude beziehen. Denn dann wird er als ETH-Vizepräsident den Schulleitungsbereich Personal und Ressourcen übernehmen, den seit 2008 Roman Boutellier geleitet hat. Die Anstellung durch den ETH-Rat freut ihn: «In der Leitung einer weltweiten Spitzenhochschule mitzuwirken, ist eine einmalige Chance.»

Das ETH-Vizepräsidium ist nicht Weidmanns erste Führungsposition. Aktuell ist er Vorsteher des Departements Bau, Umwelt und Geomatik (D-BAUG) und vor seiner Berufung als ETH-Professor war er im Bahnunternehmen SBB von 1998 bis 2004 Sektionschef in der Division Personenverkehr und schliesslich CTO der Division Infrastruktur.

«Ich freue mich sehr über die Wahl von Ulrich Weidmann in die Schulleitung und auf die Zusammenarbeit mit ihm», so ETH-Präsident Lino Guzzella. Er ergänzt: «Der künftige Vizepräsident für Personal und Ressourcen ist eine Idealbesetzung. Ich bin überzeugt, dass Ulrich Weidmann mit seinen vielfältigen Kompetenzen sowie mit seinem grossen Erfahrungsschatz in anspruchsvollen Führungspositionen in- und ausserhalb der Hochschule in den kommenden Jahren wichtige Beiträge zur Entwicklung der ETH Zürich leisten wird.»

In der Kontinuität der Laufbahn

Führungsaufgaben, welche Strategie, Politik und Personalführung mit Infrastruktur- und Technologieentwicklung verbinden: das sind Aufgaben, die ihn motivieren. Als ETH-Vizepräsident für Personal und Ressourcen sind Weidmann unter anderem die Immobilien, der Umweltschutz, das ICT-Management, die betriebliche Sicherheit sowie das Personalwesen zugeordnet. Er sieht seine neue Aufgabe in der Kontinuität seiner Laufbahn und will die Erfahrung aus SBB und ETH in seinem Schulleitungsbereich nutzbar machen.

Bei Investitionsentscheidungen für neue Bauten und Infrastrukturen beispielsweise seien neben aktuellen Nutzerbedürfnissen auch die langfristigen finanziellen Belastungen zu berücksichtigen: «Da hat mich die Zeit bei den Bahninfrastrukturen geprägt», sagt Weidmann, denn wie die SBB verfüge auch die ETH über Grossinfrastrukturen mit hohen Fixkosten und regelmässigem Erhaltungsbedarf. Darum seien flexibel auf künftige Nutzerbedürfnisse anpassbare Immobilien wichtig – adaptieren statt neu bauen.

Wichtig ist Ulrich Weidmann in seinem künftigen Bereich eine Dienstleistungskultur, die auf Kundenorientierung setzt. Auch hier spielt die Erfahrung mit: In der Division Personenverkehr erlebte Weidmann, wie sich die SBB von einem Verwaltungszweig zu einem eigenverantwortlichen und marktorientierten Bahnunternehmen verselbständigte, womit eine neue Marktorientierung Einzug hielt. «Die Kundenorientierung halte ich für zentral. Der Schulleitungsbereich Personal und Ressourcen soll als gefragter Dienstleister gelten», erklärt er.

Die Kundenorientierung an der ETH Zürich sei stark ausgeprägt, stellt Weidmann fest. Weil sich der Bedarf mit der Zeit verändere, ebenso die beteiligten Menschen, lasse sie sich aber nicht einmal und für immer gewinnen: «Vielmehr ist jede Organisation ständig unterwegs, und manchmal ist sie näher an diesem Ziel, manchmal weiter entfernt», sagt Ulrich Weidmann und ergänzt: «Eine prozessorientierte Denkweise hilft allen Beteiligten, ihren eigenen Beitrag zum Ganzen zu erkennen. Die genaue Organisationsstruktur ist dabei nicht zentral, sondern vielmehr der Wille zur Zusammenarbeit» , erinnert er sich mit Blick auf den durchlebten Wandel der SBB-Infrastrukturdivision.

«Ich werde mich neu erfinden»

Mit Blick auf seine Zukunft als ETH-Vizepräsident sagt Ulrich Weidmann, ihm sei bewusst, dass er einen grossen Schritt in seiner beruflichen Laufbahn mache: «Mit dem Eintritt in die Schulleitung werde ich mich bis zu einem gewissen Grad beruflich und persönlich neu erfinden.» Schon heute bewege er sich als Departementsvorsteher zwischen den zwei Welten der Wissenschaft und des Hochschulmanagements. Als Mitglied der Schulleitung rücke der Managementaspekt ganz in den Vordergrund.

Seine «Neuerfindung» werde auch eine Konsequenz haben: «Realistisch betrachtet heisst das, dass ich mich schrittweise aus dem Wissenschaftsbetrieb zurückziehe», erklärt Weidmann. Die laufenden Doktorate wird er bis zum Abschluss betreuen und auch seine Gruppe und das Departement in der Übergangszeit bis zu seiner Nachfolge nicht im Stich lassen. Sein Wissen möchte er zudem noch weitergeben , zum Beispiel mit Lehrbüchern über Bahninfrastruktur, Angebotskonzepte und Angebotsplanung im öffentlichen Verkehr. Ob er dafür Zeit finden wird? «Hoffentlich, denn die Skripte aus meinen Vorlesungen liegen vor. Bis sie Buch-Reife haben, ist allerdings etwas Einsatz nötig.»

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