Wissenschaft à discrétion

An der feierlichen Eröffnung der Zürich-Woche im Schweizer Pavillon der Expo Milano am vergangenen Montag lieferten Forscher der ETH Zürich den Gästen interessante Hintergrundinformationen zur Lebensmittelwertschöpfungskette der an der Veranstaltung servierten Gerichte.

Vergrösserte Ansicht: Expo Milano
Wie die Weltbevölkerung ausreichend mit sicheren und gesunden Lebensmitteln versorgt werden kann, ist eine der Fragen, die im Schweizer Pavillon an der Expo Milano 2015 thematisiert wird. (Bild: ETH Zürich)

Schauen Sie sich Ihr Nachtessen heute einmal etwas genauer an und rufen Sie sich in Erinnerung, dass hinter der Produktion dessen, was heute Abend auf Ihrem Teller landet, jahrzehntelange Forschung steckt. Genau dazu wurden die Gäste an der Eröffnungsfeier der Zürich-Woche aufgerufen, welche die ETH Zürich und das World Food System Center unter dem Motto «Science on Your Plate» (Wissenschaft auf dem Teller) vor dem Hintergrund des Expo-Themas «Feeding the Planet, Energy for Life» (Den Planeten ernähren, Energie für das Leben) organisierten.

ETH-Präsident Lino Guzzella hiess die Gäste mit einer Ansprache herzlich willkommen: «Ich freue mich, dass die ETH Zürich zusammen mit Präsenz Schweiz, der Stadt und dem Kanton Zürich sowie anderen wichtigen Partnern die Schweiz an der Mailänder Expo vertritt. Als Hochschule mit einer stark internationalen Ausrichtung liegen unseren Forschern die hier präsentierten Themen sehr am Herzen – ist die Verfügbarkeit sicherer Nahrungsmittel schliesslich eines der grundlegenden Probleme auf der Welt. Wir an der ETH verfolgen bei unseren Studien zu Ernährungssicherheit und erneuerbaren Wasserressourcen einen multidisziplinären Ansatz. Die Expo bietet uns eine Plattform, wo Wissen und Ideen verschmelzen und zu einem Wandel inspirieren können.»

Nach der Begrüssung wurden den Gästen verschiedene Köstlichkeiten serviert. Beim Essen berichteten Forscher der ETH Zürich Interessantes über die Herstellung der aufgetischten Speisen und erklärten, in welchem Zusammenhang Nachhaltigkeit und Landwirtschaft stehen. Zu den Höhepunkten des Abends gehörten unter anderem die Präsentationen über Käse, Reis und Honig.

Der wirkliche Wert von Milchprodukten

Valeria Galetti, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Lebensmittelwissenschaften, Ernährung und Gesundheit der ETH Zürich, startete den Abend mit den Worten: «Wenn es um den Nährwert von Milchprodukten, wie z.B. Käse, geht, denken wir immer zuerst an Kalzium und Eiweisse. Dabei liegt der eigentliche Wert der Milchprodukte für unsere Ernährung im darin enthaltenen Jod.» Galetti wird eine zweijährige Studie zum Jodspiegel von Schweizer Kühen, deren Milchprodukten und der Schweizer Bevölkerung durchführen. In ihrer Präsentation unterstrich sie, dass Milchprodukte für die Schweizer Bevölkerung die wichtigsten Jodlieferanten sind.

Galetti zeigte Daten, wonach der Jodgehalt Schweizer Milch im Jahresverlauf unterschiedlich ist. In den Wintermonaten, wenn die Rinder Nahrungsergänzungsmittel erhalten, ist der Jodgehalt höher als im Sommer, wenn die Schweizer Kühe auf der Alp weiden.

Galetti will dieses Phänomen genauer untersuchen und abschliessend Massnahmen empfehlen, um die saisonbedingten Unterschiede des Jodgehalts in der Milch sowie Nährstoffverluste durch Produktionsprozesse zu reduzieren. Sie wird ausserdem eine klinische Studie durchführen, um zu messen, wie der menschliche Körper Jod aufnimmt, und geht davon aus, dass diese angewandten Forschungen die Produktionsprozesse verbessern und Milchprodukte in der westlichen Ernährung als feste und zuverlässige Jodquelle etablieren können.

Wie Reis der Umwelt schaden kann

Als den Expo-Gästen das Risotto serviert wurde, referierte Charlotte Decock, Dozentin für Umweltsystemwissenschaften und Mitglied der Gruppe Nachhaltige Agrarökosysteme der ETH Zürich, zum Thema Reis – einem für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung wichtigen Grundnahrungsmittel. Reis wird ausser in der Antarktis auf allen Kontinenten der Welt und damit unter verschiedensten Bedingungen angebaut: auf steilen Bergterrassen, in Küstenregionen mit Salzwasserzufluss, und auf weiten, bewässerten Ebenen. Für die Reisproduktion werden nicht nur die lokalen Wasserressourcen verbraucht, der Anbau trägt auch wesentlich zum Ausstoss von Treibhausgasen bei, da die im anaeroben Bodenmilieu von bewässerten Reisfeldern lebenden Mikroorganismen Methangas produzieren.

Durch die Zusammenarbeit mit der italienischen Reisorganisation (Ente Nazionale Risi), der Gemeinde Castello d’Agogna (Italien) und anderen Partnern, widmen sich Decock und ihr Team den mit dem Reisanbau verbundenen Wasser- und Methanproblemen, indem sie erforschen, wie die biochemischen Eigenschaften des Bodens auf eine alternative Wassernutzung reagieren. Abwechslungsweises Fluten und Trockenlegen der Reisfelder hilft, Wasser zu sparen und den Bedingungen entgegenzuwirken, die zur Entstehung von Methangas führen.

Honig und Bestäubung

Antoine Champetier de Ribes, der in der Gruppe Agrarwirtschaft ebenfalls am Departement Umweltsystemwissenschaften doziert, sprach über die Honigproduktion aus bioökonomischer Sicht. «Sehen Sie Honig als die Bezahlung an, die Kultur- und Wildpflanzen den Honigbienen für Ihre Bestäubungsdienste leisten», erklärt er.

Anhand von Daten der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) erklärte er den Zuhörern, dass die Zahl der Bienenstöcke in den letzten 50 Jahren um 30 Millionen zugenommen habe. Einer der wichtigsten wirtschaftlichen Treiber dieser Entwicklung sei der relative Preis des Honigs zu den Opportunitätskosten der landwirtschaftlichen Arbeit. Aber auch die Nachfrage nach Bestäubern sei laut Champetier de Ribes ein Faktor. In Kalifornien zum Beispiel spielen die Bienen für die Mandelproduktion eine wichtige Rolle. Fast die Hälfte des gesamten Imkereiumsatzes der USA wird durch grossangelegte Bestäubungsaktionen für die Mandelbäume erwirtschaftet.

Zürichs Stadtpräsidentin Corine Mauch resümierte nach einem geglückten Abend und einer nutzbringenden Zusammenarbeit: «Die Zürich-Woche zeigt beispielhaft, was unsere Stadt in Sachen Forschung, Kreativität, Kultur, Innovation, Lebensqualität und Nachhaltigkeit alles zu bieten hat. Als Stadt können wir für diese Themen an der Expo eine Plattform schaffen. Für die Inhalte sind wir auf kompetente Partnerinnen und Partner angewiesen. Die Zusammenarbeit mit der ETH ist für uns deshalb ein 'Perfect-Match' und von ausgesprochen hoher Bedeutung. Ich schätze das Engagement der ETH sehr.»

Videos

Im Schweizer Pavillon an der Expo Milano 2015 wird ein Filmbeitrag der ETH Zürich, "Water – The Source of Life" über die Forschungsbestrebungen der ETH in den Bereichen Wasser und Ernährungssicherheit gezeigt. Auch externe SeiteDrinkPure, ein vom ETH-Spin-off Novamem entwickelter Wasserfilter, wird in einem Filmbeitrag vorgestellt.

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