Vom Laser zum Spaser

Der diesjährige Max Rössler-Preis wird an David J. Norris verliehen. Der Professor für Materialtechnik am Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik erforscht Nano-Optik an der Schnittstelle von Chemie, Material- und Ingenieurwissenschaft.

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David Norris (r.) erklärt Preisstifter Max Rössler seine komplizierten Apparturen. (Bild: ETH Zürich / Peter Rüegg)

An der Thanksgiving-Veranstaltung der ETH Foundation vom vergangenen Donnerstag erhielt der 47-jährige für seine Forschung den mit 200'000 Franken dotierten Max Rössler-Preis. Dieser Preis wird seit 2009 an vielversprechende Forscherinnen und Forscher der ETH Zürich vergeben, die in der Expansionsphase ihrer Laufbahn sind. Mit David Norris erhält nun zum ersten Mal ein Vertreter des Departements Maschinenbau und Verfahrenstechnik (D-MAVT) die begehrte Auszeichnung.

«Dieser Preis ist für mich eine grosse Ehre und auch eine grosse Überraschung », sagt der Professor für Materialtechnik und Leiter des Laboratoriums für Optische Materialtechnik. «Auf der Liste bisheriger Preisträger stehen grosse Namen.»

Für Detlef Günther, Vizepräsident Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH Zürich, ist Norris eine ausgezeichnete Wahl. «Er ist innovativ in seiner Forschung, ein begeisternder Hochschullehrer und engagiert sich für die ETH», sagt er. Und Preisstifter Max Rössler pflichtet bei: «David Norris ist ein solider Forscher mit aussergewöhnlichen und kreativen Ideen. Seine bisherige Arbeit in der Nanotechnologie hat mich sehr beeindruckt. Seine Forschung hat ein hohes Potenzial für industrielle und medizinische Anwendungen.»

Interdisziplinärer Chemiker

David Norris ist nicht der «klassische» Maschinenbauer. Seine Forschung ist anzusiedeln an den Schnittstellen von Materialwissenschaft, Optik und physikalischer Chemie. Er ist spezialisiert auf die Herstellung und Untersuchung von synthetischen optischen Materialien, die es in der Natur nicht gibt. Sein Ziel ist es, Strukturen zu finden, die mit Licht in neuartiger und spezieller Weise wechselwirken.

So haben er und seine Mitarbeitenden einen Siliziumdünnfilm von besonderer Struktur geschaffen, die Licht von bestimmter Wellenlänge in ihrem Inneren auslöscht. «Es war eine grosse Herausforderung, ein Material so zu gestalten, dass es diese spezifischen Eigenschaften aufweist», sagt Norris. Dazu musste Silizium so verarbeitet werden, dass regelmässig angeordnete nanogrosse Poren entstanden. Das Muster durfte keine Fehler aufweisen. Die Lösung – «als Chemiker strebe ich nach einer möglichst einfachen Herangehensweise» – war schliesslich so elegant wie clever: Der Forscher und seine Mitarbeitenden verwendeten winzige Glaskügelchen, die sich spontan selbstorganisierend gitterartig anordnen. Die Zwischenräume wurden danach mit Silizium aufgefüllt und die Glaskügelchen weggeätzt. Ein solches Material lässt sich beispielsweise dazu nutzen, um neue optische Phänomene zu studieren.

Regenbogenfrösche und Spaser

Vergrösserte Ansicht: Froscheier
Fluoreszierende Quantenpunkte in Zellen von Froschembryonen machen deutlich, wie sich Zellen teilen und welches Organ diese aufbauen. (Bild: aus Dubertret et al.; Science 2002).

Auch beschäftigt sich der Amerikaner mit Materialien, die als Quantenpunkte (engl.: Quantum Dots), bekannt sind. Dank jahrzehntelanger Forschung werden diese in der neusten Generation von TV-Geräten verwendet, um rote und grüne Farben auf dem Bildschirm zu erzeugen. Norris arbeitet mit solchen, die aus Cadmiumselenid bestehen und zwischen 2 und 8 Nanometer gross sind. Werden die Teilchen mit blauem Licht angeregt, beginnen sie zu leuchten – je nach Grösse der Quantenpunkte in einer anderen Farbe.

Mit diesen hat der ETH-Professor bemerkenswerte Experimente durchgeführt. So injizierten seine Mitarbeiter diese fluoreszierenden Farbstoffe in einzelne Zellen von Froschembryonen im frühen Entwicklungsstadium. Dann beobachteten die Forscher, wie sich der Embryo zur Kaulquappe entwickelte. Bei jeder Zellteilung wurden die injizierten Quantenpunkte unter den Tochterzellen aufgeteilt. Anhand des unterschiedlichen Leuchtens der Quantenpunkte konnten die Wissenschaftler erkennen, aus welcher Ursprungszelle sich das jeweilige Gewerbe oder Organ entwickelte. «Diese ‹Regenbogenfrösche› waren allerdings eher eine spielerische Anwendung, um das Potenzial und Wirkungsprinzip von Quantum Dots in der biologischen Bildgebung aufzuzeigen», sagt Norris. Weil die verwendeten Quantenpunkten das giftige Cadmium enthielten, müssen für medizinische Anwendungen andere Materialien eingesetzt werden.

Ein weiterer Schwerpunkt von Norris‘ Forschung liegt auf den sogenannten Oberflächenplasmonen, einer besonderen Art von Lichtwellen, die auf Metalloberflächen auftreten. Indem die Wissenschaftler die Metalloberfläche mit speziellen Strukturen wie scharfen Spitzen oder Kanten versehen, können sie ein Plasmon dazu verwenden, das Licht auf winzigste Volumina in der Nanometerskala zu konzentrieren. Das ist mit herkömmlichen Linsen nicht möglich. Anwendungen sind beispielsweise Solarzellen, Sensoren oder Bildgebende Verfahren.

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Erster Schritt zum Spaser: Die schwarze Linie besteht aus Quantenpunkten, welche das Plasmon auf die Gratschneide konzentrieren. (Bild: zVg D. Norris ETH Zürich)
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Dieses Material, ein Siliziumgitter, vereint Ästhetik und Funktionalität. (Bild: aus Vlasov et al.; Nature 2001)

Ein Ziel von Norris‘ Forschung in diesem Gebiet ist ein neues Instrument, das «Spaser» genannt wird. Dazu stellte seine Gruppe einen winzigen Grat mit zwei, darauf aufgesetzten Spiegeln aus Silber her. Die Spiegel liegen nur 10 Mikrometer auseinander, was einem Sechstel des Haardurchmessers entspricht. In Zusammenarbeit mit der Gruppe von ETH-Professor Dimos Poulikakos vom D-MAVT druckten die Forscher präzise auf der Gratschneide Quantenpunkte auf.

Das durch Anregung dieser Strukturen erzeugte Plasmon läuft exakt entlang des Grates zwischen den Spiegeln hin und her. Damit ist Norris und seinen Mitarbeitenden der erste Schritt hin zum Spaser, einem neuartigen Nano-Laser, gelungen.

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David Norris gibt Max Rössler (m.) und Detlef Günther (r.) Einblick in seine Laborexperimente. (Bild: ETH Zürich / P. Rüegg)

Für dieses Spaser-Projekt erhielt Norris 2013 einen ERC Advanced Grant. «Wir stehen erst am Anfang dieser Forschung, aber mit dem bisher Erreichten beginnt ein 20 Jahre alter Traum von mir Wirklichkeit zu werden», sagt der ETH-Professor. «Wir können mittlerweile so viele Eigenschaften von modernen Materialien kontrollieren. Wir können sie auch auf neue Weise kombinieren und es ist nicht immer einfach vorauszusagen, was passieren wird. Das macht diese Forschung so aufregend.»

Von Chicago nach Zürich

Norris stammt ursprünglich aus Chicago. Er startete seine wissenschaftliche Karriere mit einem Bachelor-Studium in Chemie, das er 1990 an der University of Chicago abschloss. Für seine Doktorarbeit in Physikalischer Chemie ging er ans MIT, wo er 1995 promovierte. Nach Forschungszwischenstopps an der University of California, San Diego, am NEC Research Institute in Princeton und an der University of Minnesota wurde er im Jahr 2010 an die ETH Zürich berufen, wo er seither forscht und lehrt.

Max Rössler-Preis

Max Rössler studierte an der ETH Zürich Mathematik und arbeitete danach während über 20 Jahren für eine Schweizer Grossbank, ehe er sich aus dem Geschäftsleben zurückzog. 2008 vermachte er der ETH Zürich Foundation zehn Millionen Franken. Mit dem Zins, das diesem Vermögen erwächst, wollte er einen jährlichen Förderpreis für besonders vielversprechende ETH-Professoren in der Expansionsphase ihrer Forscherkarriere ermöglichen. Der Rössler-Preis ist die höchstdotierte Auszeichnung für Forschung an der ETH Zürich und wird jeweils am Thanksgiving-Anlass der ETH Zürich Foundation verliehen. David Norris ist bereits der fünfte Rössler-Preisträger. Im letzten Jahr wurde Christian Wolfrum vom Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie (D-HEST) diese Ehre zuteil. Der Preis ist mit 200'000 Franken dotiert.

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