Bei ScopeM kommt Kleines ganz gross raus

Wer ein Licht- oder Elektronenmikroskop für seine Forschung benötigt, ist bei ScopeM richtig. Seit 2014 hat die Technologieplattform ihr Zuhause auf dem Campus Hönggerberg.

Vergrösserte Ansicht: Atom Probe Tomograph. (Bild: ETH Zürich/Florian Bachmann)
Mit dem «Atom Probe Tomograph» lassen sich Strukturen mit atomarer Auflösung in 3D abbilden. (Bild: ETH Zürich/Florian Bachmann)

Immer weiter hinab geht es durch lange, mit Metallplatten ausgelegte Gänge bis tief in den Keller. Unterhalb der Wiese zwischen den Gebäuden HPM und HPF stehen hier am ETH-Standort Hönggerberg hinter schweren Stahltüren einige der wertvollsten Elektronenmikroskope der ETH Zürich. Nur so – neun Meter unter der Erde in einem speziellen Bau aus Eisen-Beton – können sie erschütterungsfrei und ohne elektromagnetische Störfelder optimal funktionieren.

Die Mikroskope gehören zu ScopeM, dem «Scientific Center for Optical and Electron Microscopy». Diese interdisziplinäre Technologieplattform hat die ETH Anfang 2014 ins Leben gerufen. Sie vereint das Zentrum für Elektronenmikroskopie (EMEZ) und das Lichtmikro­skopie- und Screening-Zentrum (LMSC) unter einem Dach. «Wir verstehen uns als Dienstleistungszentrum für wissenschaftliche Mikroskopie. Bildlich gesprochen ist unser Gebiet die Aufnahme und Analyse von kleinen Objekten mit der höchsten Auflösung», beschreibt Geschäftsführer Nicolas Blanc die Funktion von ScopeM.

Blanc ist im September 2014 zum 30-köpfigen Team von ScopeM gestossen. Der Physiker, der 25 Jahre in der angewandten Forschung mikroelektronische Komponenten und optische Sensoren entwickelte, soll die Technologieplattform unternehmerisch führen und weiterentwickeln. Fachlich unterstützt wird er von den beiden technischen Leitern, dem Strukturforscher Roger Wepf und dem Biophysiker Gábor Csúcs. Wepf war zuvor zuständig für das EMEZ und Csúcs für das LMSC. Beide entwickeln die Plattform gemeinsam mit Nicolas Blanc strategisch weiter.

Bereits 500 Nutzer bei ScopeM

«Unser Angebot richtet sich vor allem an ETH-Angehörige und die wissenschaftlichen Mitarbeitenden, ist aber grundsätzlich für alle offen», erläutert Blanc. Die Geräte sind stundenweise zu mieten. Die Reservierung ist online möglich. Für Wissenschaftler gelten dabei günstigere Konditionen als für Nutzer aus der Industrie. Bereits jetzt machen über 500 Nutzer aus 180 Forschungsgruppen Gebrauch von der Technologieplattform, die zu den grössten der ETH zählt; 95 Prozent von ihnen kommen aus der ETH oder aus dem ETH-Bereich.

«Die Nutzer werden zunächst von uns am Mikroskop geschult, bevor sie selbstständig daran arbeiten dürfen», berichtet Blanc. Je nach Komplexität des Mikroskops kann die Einführung bis zu mehreren Tagen dauern. Schliesslich gilt es neben der Bedienung des Gerätes auch zu erlernen, wie die Proben zu präparieren und anschliessend auszuwerten sind. Dies ist bei fast jedem Mikroskop anders. Wer ein bestimmtes Mikroskop nur einmalig benötigt, kann daher sein Projekt teilweise bis ganz vom ScopeM-Team umsetzen lassen.

Generell soll ScopeM als Plattform die Mikroskopiedienstleistungen der ETH Zürich bündeln. «Anstatt dass sich jede Forschungsgruppe ihre eigenen Geräte anschafft und nur sporadisch einsetzt, stellen wir sie hier zentral allen rund um die Uhr zur Verfügung», erklärt Blanc. Bei Kosten von bis zu vier Millionen Franken pro Gerät ist das nicht unwesentlich. Allerdings hat der Zusammenschluss zu einer zentralen Plattform auch wissenschaftliche Gründe. Zum Beispiel ergänzen sich die Ergebnisse in vielen Forschungsprojekten, wenn man Licht- und Elektronenmikroskopie kombiniert.

Vergrösserte Ansicht: Multi-Photonen-Lichtmikroskop. (Bild: ETH Zürich/Florian Bachmann)
Typisch für ScopeM: Ein Forscher nutzt ein Multi-Photonen-Lichtmikroskop, um eine Gewebeprobe abzubilden und auszuwerten. (Bild: ETH Zürich/Florian Bachmann)

Der Traum vom idealen Mikroskop

Beide Techniken haben unterschiedliche Stärken. Bislang kann nur die Elektronenmikroskopie Strukturen auf atomarer Ebene bis zu 0,1 Nanometern darstellen. Mit Lichtmikroskopen wiederum lassen sich biologische, geologische oder chemische Strukturen dynamisch sowie farblich darstellen und besser unterscheiden. Auch können mit ihnen lebende Proben untersucht werden. Mit der Elektronenmikrospie geht das bisher nicht.

Das «ultimative Mikroskop» sollte daher die Auflösung der Elektronenmikroskopie und die Flexibilität der Lichtmikroskopie miteinander vereinen, sagt Gábor Csúcs.

Ein Gerät, das sich diesem Ideal annähert, steht seit einigen Monaten im Gebäude HPM versteckt hinter grünen Trennwänden und einem Vorhang, der es bei Aufnahmen vor Streulicht schützt. Es handelt sich um ein «STED-Mikroskop». Es bringt die Fluoreszenz-Lichtmikroskopie einen deutlichen Schritt weiter an das Auflösungsvermögen der Elektronenmikroskopie. Sein Erfinder Stefan Hell hat gerade erst den Nobelpreis 2014 erhalten. «Wir haben es allerdings noch vor der Preisverleihung angeschafft», sagt Gábor Csúcs mit ein wenig Stolz.

Insgesamt verfügt ScopeM über etwa 100 Geräte, von denen der Geschäftsführer 30 als «Kerngeräte» bezeichnet. Darunter sind auch Geräte, die es in der ganzen Schweiz nur einmal gibt. So zum Beispiel der «Atom Probe ­Tomograph», mit dem man Proben mit atomarer Auflösung in 3D rekonstruieren kann.

Plattform wird weiter ausgebaut

Seit Jahresbeginn sind bereits weitere sieben neue Geräte zur Schulung und Ausbildung von ETH-Angehörigen sowie drei High-End-Instrumente für die Forschung dazugekommen. Um dem Anspruch als Mikroskopiezentrum auch räumlich zu entsprechen, soll 2016 ein Grossteil der Geräte von ScopeM zentral in zwei bis drei Stockwerke des HPM-Gebäudes ziehen. Roger Wepf freut sich schon jetzt, denn die Elektronenmikroskope und Präparationsgeräte waren zeitweise auf sechs Gebäude verteilt. Heute befinden sie sich noch immer in drei Gebäuden.

Nur die empfindlichen Grossgeräte bleiben auch in Zukunft in dem eigens für sie gebauten Keller.

Vergrösserte Ansicht: ScopeM-Leitung: Roger Wepf, Nicolas Blanc, Gábor Csúcs. (Bild: ETH Zürich/Florian Bachmann)
Bauen ScopeM weiter aus: Roger Wepf, Leiter Elektronenmikroskopie, Nicolas Blanc, Geschäftsführer, und Gábor Csúcs, Leiter Lichtmikroskopie. (Bild: ETH Zürich/Florian Bachmann)

ScopeM

ScopeM ist eine zentrale Technologieplattform der ETH Zürich. Hauptstandort ist der Campus Hönggerberg. Im interdisziplinären Mikroskopiezentrum können Forschende aus verschiedenen Departementen die kostenintensive Infrastruktur gemeinsam nutzen. ScopeM trägt dank modernster Elektronen- und Lichtmikroskope sowie Nano-Analytik zur strukturellen Charakterisierung von Materialien bei. Die Reservierung von Mikroskopen ist online unter Einreichung einer Projektbeschreibung möglich.

www.scopem.ethz.ch

Dieser Artikel erschien zuerst in life, dem Magazin für die ETH-Community.

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