Im Kampf gegen das Bakterium Clostridium difficile

Mattias Ivarsson hat einem lästigen Bakterium, das für Infektionen in Spitälern verantwortlich ist, den Kampf angesagt. Er widmete diesem Thema seine Doktorarbeit, ist daran eine Firma zu gründen und hat dieses Wochenende in Berlin seine Ideen vorgestellt – als einer der Finalisten der Falling-Walls-Lab-Konferenz. ETH-News traf sich mit dem kosmopolitischen Ingenieur vor seiner Reise nach Berlin.

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Mattias Ivarsson gewann den Falling Walls Lab Ende September in Zürich (Bild: ETH Zürich)

Welch ein Jahr! Entspannt und mit einem Anflug von sommerlicher Farbe im Gesicht sitzt mir Mattias Ivarsson im Zürcher Café Des Amis gegenüber und erzählt von den vergangenen Monaten. Gerade erst ist der 27-Jährige Jung-Ingenieur von Mauritius von seiner Hochzeitsreise zurückgekehrt. Kurz zuvor hatte er seine Dissertation am Institut für Pharmazeutische Wissenschaft der ETH Zürich mit Erfolg verteidigt und von der ETH Zürich für die Weiterentwicklung seiner Forschung zu einem Produkt ein Pioneer Fellowship erhalten. Zudem zählt er zu den Venture Leaders 2014, die von externe Seiteventurelab, dem nationalen Trainingsprogramm für innovative Hightech-Startup, ausgewählt wurden. Und, als wäre das Jahr noch nicht ereignisreich genug gewesen, brachte seine Funk und Soul-Band externe Seite«Lying Eight», in der er Saxophon spielt, diesen Sommer noch ihr erstes Album raus.

Zurück aber zu dem Anlass für das Gespräch. Grund ist seine Teilnahme beim Falling Walls Lab. Mattias Ivarsson konnte sich Ende September gegen zwölf andere Nachwuchswissenschaftler bei der Ausscheidung in Zürich durchsetzen. Das berechtigte ihn für die Teilnahme am Final in Berlin, wo er übers Wochenende gegen 99 andere Finalisten aus 34 Ländern antrat. Diesmal reichte es nicht ganz für einen den vordersten Plätze, aber Ivarsson genoss trotzdem die Erfahrung in der deutschen Hauptstadt.

Kontakte und Geschäftsideen

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Zusammen mit 99 weiteren Finalisten kämpfte Mattias Ivarsson um die Gunst der Jury in Berlin (Bild: Falling Walls Foundation)

Die Kontakte von der Berliner Konferenz kann Ivarsson gut brauchen. Denn statt sich der Wissenschaft zu verschreiben, möchte er künftig Medikamente für den Praxiseinsatz entwickeln. So ist es nur folgerichtig, dass sich seine Doktorarbeit mit einem, man könnte fast sagen, populären Medizinthema beschäftigt. Es geht ums Bakterium Clostridium difficile. «Es ist der weltweit häufigste Erreger von Krankenhausinfektionen», erklärt Ivarsson. «Er verursacht Durchfall, kann zu Darmblutungen und bei 5 bis 10 Prozent der Erkrankten sogar bis zum Tode führen». Gefährlich an Clostridium difficile ist das Gift, das es absondert. Dieses dringt in die Zellen der Darmwand ein und beschädigt oder zerstört sie.

Ivarssons Lösung, um das Darmbakterium schachmatt zu setzen: Er hat ein Molekül entwickelt, welches das Bakteriengift bekämpft. Dieses Toxin, ein grosses Protein, besteht aus zwei Untereinheiten. Teil eins befördert das Gift in eine Zelle der Darmwand, Teil zwei schädigt die Zelle von innen. Das Molekül sorgt dafür, dass sich die beiden Teile noch vor dem Eindringen in die Darmzelle trennen. Das Toxin wird damit unschädlich. Das Patent ist bereits angemeldet; weitere Tests an Mäusen sind vielversprechend.

Mit Hilfe seines ETH Pioneer Fellowship-Stipendiums möchte er eine Biotech-Firma gründen. Läuft alles gut, sollen in etwa zwei Jahren erste klinische Studien stattfinden. Dafür will er sich einen grossen Partner aus der Pharmabranche suchen. Kauft das Unternehmen das Ergebnis seiner Forschungen, ist das für ihn perfekt. Selbst wenn er dadurch gewissermassen arbeitslos würde. «Dann mache ich eben etwas anderes», meint er entspannt. Angst vor Neuem hat er nicht.

Polyglott und weltoffen

Das Gespräch führen wir übrigens auf Deutsch. Das möchte er so. Deutsch spricht der junge Wissenschaftler erst regelmässig seit seinem Wechsel von der EPFL an die ETH, die ihn mit einem Excellence-Scholarship unterstützte. Aufgewachsen ist Ivarsson, so erzählt er, in Genf als Sohn eines schwedischen UN-Diplomaten und einer polnischen IT-Ingenieurin. Hauptsprache daheim war Französisch; seine Eltern brachten ihm aber auch Schwedisch und Polnisch bei. Während der Schuljahre an der International School Genf kam dann Englisch dazu. Im Studium lernte er bei einem Austauschjahr an der amerikanischen Cornell University, schliesslich seine jetzige Frau kennen. Da sie Kroatin ist, lernt er nun, – es mag nicht mehr überraschen, – auch noch Kroatisch.

„Ich mag viele verschiedene Sachen entdecken und möchte so viel wie möglich lernen“, beschreibt er seine Motivation. So hat Ivarsson neben dem Studium in Unternehmensberatungen hineingeschnuppert, um bei Praktika erstes Managementwissen zu erwerben. Bei der WHO hat er als Praktikant eine internationale Studie zur technischen Ausrüstung von Krankenhäusern mitbegleitet. Und an der ETH war er im Masterstudium Präsident der externe SeiteStudierendenvereinigung BEEZ (Biomedical Engineering ETH Zurich), und als Doktorand Präsident der Pharmaceutical Scientists’ Association (PSA).

In seiner Freizeit spielt er zudem passioniert Fussball, tanzt mit seiner Frau Tango, golft ab und zu, fährt Ski oder greift zum Saxophon. Seine Leidenschaft für das Instrument entdeckte er übrigens mit neun Jahren, als er den damaligen US-Präsidenten Bill Clinton im Fernsehen Saxophon spielen sah. Befragt zu seinen Plänen sagt er zum Abschluss des Gesprächs: «Am liebsten würde ich immer wieder ein neues Produkt für die angewandte Forschung entwickeln». Das spricht für weitere ereignisreiche Jahre.

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