Bodennahes Ozon: Sommersmog verursachender Luftschadstoff

Natürliches Ozon in der Stratosphäre schützt uns vor schädlicher UV-Strahlung. In Bodennähe wirkt dasselbe Molekül als lungenschädigendes Reizgas. Der Luftschadstoff Ozon wird aus Abgasen gebildet und verursacht Sommersmog. In einigen Riesenstädten von Schwellenländern könnten die Ozonwerte besorgniserregend ansteigen.

Vergrösserte Ansicht: Shanghai Smog
(Bild: iStock)

Das dreiatomige Sauerstoffmolekül Ozon (O3) ist in der bodennahen Atmosphäre der wichtigste Luftschadstoff des Sommersmog – im Gegensatz zur Ozonschicht in der oberen Atmosphäre, wo das Molekül einen lebenswichtigen Schutzschild bildet, indem es die UV-Strahlen der Sonne absorbiert (siehe auch den Blogbeitrag von Thomas Peter zum Zustand der Ozonschicht. In unserer Umgebungsluft jedoch kann Ozon in grosser Konzentration die Lungenkapazität verringern, zu Husten und Entzündungen der Atemwege führen, Lungenkrankheiten wie Asthma und chronische Bronchitis verschlimmern und die Mortalität messbar erhöhen.

Sommersmog durch Abgase und Sonnenschein

Ozon entsteht bei schönem Wetter unter dem Einfluss des Sonnenlichtes aus Vorläuferschadstoffen wie Stickoxiden (die in Verbrennungen bei hohen Temperaturen entstehen), flüchtigen organischen Verbindungen (VOC: Volatile Organic Compounds) und Kohlenmonoxid. Ozon-fördernde Bedingungen herrschen oft im Hochsommer in Städten vor, was zum Begriff «Sommersmog» führte. Doch die Ozonkonzentrationen sind ausserhalb der Städte meist grösser als innerhalb, da es einige Stunden dauert, bis sich Ozon bildet, und Wind die verschmutzten Luftmassen während dieser Zeit ins Umland verfrachtet. Durch den Sommersmog entstehen auch Partikel, die die Sichtweite einschränken: Daran lässt sich das Phänomen erkennen – Ozon selbst können wir nicht sehen.

Wirtschaftswachstum als (historischer) Ozon-Treiber

Als nach dem zweiten Weltkrieg in den Industrienationen das einzigartige Wirtschaftswachstum stattfand, gelangten sehr grosse Mengen an Abgasen ungereinigt in die Luft. Die grössten Ozonkonzentrationen wurden in den 60er-Jahren in der Umgebung von Los Angeles gemessen, weshalb diese Luftverschmutzung auch «Los Angeles Smog» genannt wird: Der Spitzenwert lag damals bei 680 ppb (parts per billion: 1 ppb entspricht einem Milliardstel Volumenanteil) [1]. Zum Vergleich: Diese Konzentration ist rund zehn Mal grösser als jener Wert, der gemäss der schweizerischen Gesetzgebung maximal einmal pro Jahr überschritten werden darf (ca. 60 ppb). Ab den 70er-Jahren haben die Ozonmaxima in der Umgebung der Grossstadt Los Angeles um mehr als einen Faktor drei abgenommen (auf Werte um die 200 ppb), da die Emissionen mit neuster Abgasreinigungstechnologie stark reduziert wurden.

Sehr hohe Ozonspitzenwerte (bis 500 ppb) wurden auch anfangs der 90er-Jahre in Mexico City registriert [2]. Die Grossstadt ist von Bergen umgeben, was die Durchlüftung stark einschränkt. Auch Mexiko bemühte sich intensiv, die Emission der Vorläuferschadstoffe zu beschränken, so dass die Ozon-konzentrationen deutlich zurück gegangen sind.

Situation in der Schweiz

In der Schweiz trat 1985 die Luftreinhalte-Verordnung in Kraft. Seither haben die menschgemachten Stickoxid-Emissionen um etwa einen Faktor zwei, diejenigen der VOC um etwa einen Faktor drei abgenommen. Die Spitzenwerte der Ozonkonzentration, die in der Südschweiz gemessen werden, betragen heute etwa 100 ppb [3]. Analysen von langjährigen Ozonmessungen zeigen, dass die höchsten Ozonwerte insbesondere an Hanglagen im schweizerischen Mittelland seit Beginn der 90er Jahre lediglich um etwa 20 Prozent zurückgegangen sind (auf rund 80 ppb) [4]. Es bleibt abzuklären, inwiefern ozonhaltige Luftmassen aus Übersee (Amerika und oder Asien), die durch Winde in die Schweiz transportiert werden («interkontinentaler Transport»), für die vergleichsweise geringe Abnahme der Ozonmaxima hierzulande verantwortlich sind.

Bedrohliche Ozonwerte in Riesenstädten

Vergrösserte Ansicht: Peking Sommersmog
Zwei Aufnahmen von Peking im August 2005: Das linke Foto entstand nach zweitägigem Regen, das rechte Foto zeigt denselben Ort an einen Sonnentag. (Bilder: Bobak / Wikimedia)

Heute sind die Ozonspitzenwerte in den Abluftfahnen von «Megacities» – Agglomerationen mit einer Bevölkerung von mehr als zehn Millionen – besorgniserregend. Im Sommer 2005 wurden beispielsweise etwa 50 Kilometer nördlich von Peking maximale Ozonwerte von 286 ppb gemessen [5], was einem Faktor 4,7 des Schweizer Grenzwerts entspricht. Letztes Jahr gab es 24 solcher Megacities, von denen einige stark wachsen und in Schwellenländern liegen. Bei vielen dieser Riesenstädte sind heute die Ozonwerte nicht bekannt, weil meist keine systematische Luftüberwachung erfolgt. Es ist jedoch zu befürchten, dass in einigen von ihnen die Ozon-Spitzenwerte besorgniserregend ansteigen werden. Als ich zu Beginn der 90er Jahre das erste Mal in Peking war, wimmelte die Innenstad vor lauter Fahrrädern. Als ich zwanzig Jahre später wieder kam, dominierten Motorfahrzeuge und verstopfte Strassen das Bild. Dabei ist Peking kein Einzelfall.

Diese Entwicklung ist gefährlich. Denn insbesondere dort, wo die Wirtschaft wächst und Luftschadstoff-Emissionen nicht vermindert werden, könnte schlechte Luftqualität zu erheblichen gesundheitlichen Problemen der Bevölkerung führen.

Weiterführende Informationen

[1] D. Grosjean, 2003: Ambient PAN and PPN in southern California from 1960 to the SCOS97-NASTRO, Atmospheric Environment, 37, Suppl. 2., S221-S238.

[2] Mexico City Air Quality Monitoring Network, Annual Report 2006;

Weitere Informationen zur Situation in Mexico City finend Sie externe Seitehier

[3] BAFU 2013: NABEL – Luftbelastung 2012. Messresultate des Nationalen, Beobachtungsnetzes für Luftfremdstoffe (NABEL). Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Zustand Nr. 1324: 128 S.

[4] OSTLUFT - Die Luftqualitätsüberwachung der Ostschweizer Kantone und des Fürstentums Liechtenstein, Juni 2014 Luftqualität 2013,

[5] Wang, T., A. Ding, J. Gao, and W. S. Wu (2006), Strong ozone production in urban plumes from Beijing, China, Geophysical Research Letters, 33, L21806, doi:10.1029/2006GL027689.

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