Ausbau der Industriebeziehungen

Industry Day 2014: Mit Leidenschaft und Fachwissen stellten ETH-Professorinnen und Professoren Vertretern von Industrie und KMU ihre Forschungsthemen vor - von Big Data über Additive Verfahren bis hin zu Computergrafik. Das Interesse der Firmen war so gross wie noch nie.

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Innovationen sind das Lebenselixir der Schweizer Wirtschaft: Mit diesen Worten begrüsste Hans Hess die Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft. (Bild: Tom Kawara)

Für Roland Siegwart, Vizepräsident Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH Zürich, war der Industry Day 2014 etwas Spezielles: Für ihn, der diesen Anlass als «Brücke zwischen Hochschule und Industrie, namentlich für die Kleinen und mittleren Unternehmen KMU», mitbegründet hat, war es der letzte in seiner aktuellen Funktion. Siegwart wird Ende Jahr als Vizepräsident zurücktreten und sich wieder der Forschung widmen.

Gross deshalb seine Genugtuung, dass die Saat aufgegangen ist und sich der Anlass sowohl bei Forschern als auch bei Wirtschaftsvertretern sehr gut etabliert hat. Über 300 Vertreterinnen und Vertreter von kleinen, mittleren aber auch von grossen Unternehmungen konnte er begrüssen - so viele wie nie zuvor.

Das Interesse der Industrie an der Zusammenarbeit mit der ETH Zürich sei in den vergangenen 10 Jahren gewachsen. «Es gibt heute so viele Interaktionen zwischen ETH und Wirtschaft wie nie zuvor», freute sich Siegwart.

Wirtschaft setzt auf Hochschulforschung

Auch Swissmem-Präsident Hans Hess machte in seiner Begrüssung klar, dass die Zusammenarbeit von Hochschulen und Unternehmen zentral ist für den Erfolg der Schweizer Wirtschaft. «Innovation ist das Lebenselixier der Schweizer Exportwirtschaft», sagte er. Dies sei der einzige Weg, damit sich Firmen von der Konkurrenz absetzen könnten.

Hess sagte, dass sich nur noch wenige grosse Firmen eine eigene Forschungsabteilung leisteten. Die allermeisten hätten Forschung und Entwicklung an die Bildungs- und Forschungseinrichtungen des Landes ausgelagert. Die Qualität der Innovationen werde deshalb stark geprägt von der Zusammenarbeit zwischen Firmen und Hochschulen. «Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Institutionen des ETH-Bereichs. Ohne die hervorragend ausgebildeten Ingenieurinnen und Ingenieure sowie den kontinuierlichen Wissenstransfer wäre die Industrie nicht so erfolgreich», konstatierte der Swissmem-Präsident.

KMU profitiert von Nähe zu ETH

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Roland Siegwarts letzter Industry Day in seiner Funktion als Vizepräsident Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH Zürich. (Bild: P. Rüegg/ETH Zürich)

Etwas, das Lars Lünenburger sicherlich unterschreiben würde. Lünenburger leitet bei der Firma Hocoma AG die Sparte Schlüsseltechnologien. Hocoma stellt unter anderem den Locomat her, einen Therapieroboter, der Menschen nach Schlaganfällen hilft zu gehen. Die Firma beschäftigt 170 Mitarbeiter und ist ein typischer KMU. Aktuell und in der Vergangenheit setzte die Firma immer wieder auf Zusammenarbeit mit der ETH Zürich, und zwar in Forschung, Lehre, Technologietransfer und Forschungsförderung.

«Besonders positiv ist, dass die Zusammenarbeit mit einigen ETH-Forschern durch gemeinsame Interessen getrieben wird und damit sehr nachhaltig ist», sagt Lünenburger. Diese habe bereits zu mehreren erfolgreichen Produkten und Weiterentwicklungen geführt, welche die Firma als Marktführerin gestärkt hätten. «Ich würde mich über einen weiteren Ausbau in der Zusammenarbeit in der Lehre freuen, damit die kommenden Studentengenerationen bereits in ihrem Studium den aktuellen Stand der (wirtschaftlichen) Umsetzung ihrer Studienfächer kennenlernen.»

Vom Industry Day 2014 erhoffte sich der ETH-Alumnus einen Einblick insbesondere in die Bereiche Big Data und Graphics, Vision and Imaging. Hocoma sei auf diesen Gebiet bisher nicht tätig gewesen, dementsprechend fehle es in den Bereichen an Erfahrung. Er könne sich aber vorstellen, das Knowhow der ETH künftig besser zu nutzen. «Ich möchte gerne die Gelegenheit nutzen, um mit einigen der Referenten in Kontakt zu treten», betonte er. Gerade Big Data sei ein aufstrebendes Feld, das mit den Fitnessuhren auch auf den Gesundheitssektor übergreife.

Kleinst-KMU wünschen eher Aufträge

In der komfortablen Lage von Hocoma ist Matthias Baldinger vom ETH-Spin-off Additively.com nicht. Er nutzte den Industry Day vor allem auch als Aussteller. Für ihn sei der Industry Day eine gute Möglichkeit, um sich zu zeigen und neue Kontakte zu knüpfen, sagte der Co-Gründer der jungen Firma, die eine Drehscheibe für die Vermittelung von 3-D-Printing-Aufträgen ist. Von den gebotenen Themen habe ihn deshalb auch vor allem der Bereich Additive Fertigungen am meisten interessiert. «Der Industry Day eignet sich hervorragend um zu sehen, was an der ETH alles geforscht wird.»

Zusammenarbeit mit Instituten oder Bereichen der ETH Zürich kommen für Additively.com allerdings (noch) nicht in Frage. Die Zweimannfirma ist erst im Aufbau. Baldinger denke deshalb eher daran, Aufträge für ETH-Forschende auszuführen und ihnen einen optimalen 3-D-Print-Anbieter zu vermitteln.

Zum ersten Mal an einem Industry Day dabei war auch Dan Kapasi, Chef des Fünfmannbetriebs «Intelligent Business Strategies». Er sei auf der ETH-Website auf diesen Anlass gestossen und habe einige für ihn interessante Themen ausgemacht, wie Additive Fertigung, Big Data und erneuerbare Energien. Kapasi sagt, er sei vor allem daran interessiert, mit Spin-Offs zusammenzuarbeiten und hoffe, möglichst mit vielen davon am Industry Day in Kontakt zu treten. Für Forschungszusammenarbeit, zum Beispiel über die Anstellung eines Doktoranden oder Masterstudierenden sei seine Firma jedoch zu klein.

Gestärktes Unternehmertum

Die ETH Zürich hat die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und den Technologietransfer in den vergangenen Jahren stetig erweitert und verstärkt. Dazu wurden mehrere Initiativen und Programme ins Leben gerufen, wie das Industry Relations Programm, die Pioneer Fellowships oder die «ieLabs». Dass die Bemühungen Früchte tragen, geht auch aus den Zahlen hervor: Deutlich mehr Vertragsabschlüsse mit Firmen im Jahr 2013 gegenüber 2003 und konstant über 20 Spin-off Gründungen in den letzten Jahren unterstreichen, dass die Massnahmen greifen. 2013 meldeten ETH-Angehörige 171 Erfindungen und es wurden über 100 neue Patente eingereicht. «Unternehmertum und Industriepartnerschaften sind heute ein zentraler Bestandteil der ETH-Kultur. Das war nicht immer so», sagte Roland Siegwart am Industry Day.

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