Maschinen das Lernen lehren

Die Maschinen, die uns umgeben, werden nicht nur immer intelligenter, sie werden auch lernfähiger. Um die nächste Generation von Informatikern auf die Herausforderungen dieses sich rasant entwickelnden Forschungsfeldes vorzubereiten, spannt die ETH Zürich nun mit dem Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme zusammen.

Vergrösserte Ansicht: Forscherin justiert Roboter
Nicht nur in der Robotik werden Maschinen lernfähig. (Bild: Wolfram Scheible / MPI-IS)

Der Begriff «künstliche Intelligenz» geistert seit den 1950er Jahren durch die Fachwelt und zahlreiche Science-Fiction-Filme. Viele Visionen blieben lange Science Fiction, denn was der künstlichen Intelligenz lange fehlte, war die Fähigkeit zu lernen. Aber genau diese Fähigkeit brauchen Autos, die selber einen Parkplatz ansteuern, Computer, die eigenständig Prozesse optimieren oder Mikroroboter, die als Messgeräte oder Wirkstoffvehikel durch den menschlichen Körper schwimmen. Mit der Fähigkeit, aus Erfahrungen zu lernen und sich anzupassen, rücken diese Zukunftsvisionen intelligenter Maschinen zunehmend in greifbare Nähe.

Mit immer präziseren Sensoren und Messmethoden produzieren wir immer grössere Datenmengen. «Big Data» hat eine Art digitales Goldfieber ausgelöst: Wie die amerikanischen Schatzsucher des 19. Jahrhunderts Flüsse nach Goldnuggets durchsiebten, durchsieben Forschende heute die riesigen Datensätzen nach Mustern und neuen Erkenntnissen. Die Herausforderung, die mit den stetig wachsenden Mengen an Daten und Informationen einhergeht, liegt auf der Hand: Systeme zu designen, welche die riesigen Datensätze auswerten und nutzbare Schlüsse daraus ziehen. Sei es um aus Gesundheitsdaten individualisierte Therapien zu entwickeln, oder um Computerprogrammen beizubringen, den Inhalt eines Kamerabildes zu erkennen.

«Machine Learning» ist inzwischen ein fest etablierter Teilbereich der Forschung an künstlicher Intelligenz. Als Schlüsseltechnologie hat es Einzug gefunden in eine Reihe von angewandten Disziplinen wie beispielsweise Robotik, automatische Bilderkennung, 3D-Rekonstruktion von Bildern, automatische Textanalyse oder das Design von künstlichen, der Natur abgeschauten Systemen, die sich an ihre Umwelt anpassen.

Doktorandenausbildung verzahnen

Um die nächste Generation von Informatikerinnen und Informatikern in diesem sich rasant entwickelnden Forschungsfeld auszubilden, haben die ETH Zürich und das Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme (MPI-IS) gemeinsam das Forschungsnetzwerk «Lernende Systeme» gegründet. «Wir möchten die Doktorandenausbildung in diesem Bereich zwischen dem MPI-IS und der ETH verzahnen», erklärt Joachim Buhmann, ETH-Professor für maschinelles Lernen. Im normalen Curriculum gebe es bisher wenig Angebote in diesem Fachgebiet. Das Forschungsnetzwerk soll dem nun Abhilfe schaffen. «Nachwuchstalente sollen nicht mehr an anderen Orten nach exzellenten Ausbildungsmöglichkeiten in dem Bereich suchen müssen, sondern ein Angebot in der Schweiz und in Deutschland vorfinden», fügt Buhmann hinzu.

Vergrösserte Ansicht: Doktorierende der ETH und des MPI-IS lauschen Vorträgen an der Summer school
Doktorierende der ETH und des MPI-IS lauschen Vorträgen an der Summer school. (Foto: Amanda Caracas/ ETH Zürich)

Derzeit findet an der ETH eine «Summer school» zum offiziellen Start des Netzwerks statt und bietet den Doktorierenden des MPI-IS und der ETH die Gelegenheit, mehr über die Arbeit der anderen zu erfahren. «Wenn zum Beispiel jemand aus der Grundlagenforschung am MPI mit einem ETH-Doktorierenden über ein anwendungsbezogenes Projekt nachdenkt, kann sich daraus eine fruchtbare Zusammenarbeit ergeben», sagt Thomas Hofmann, Professor für Datenanalytik an der ETH Zürich. Auch können in Zukunft Doktorierende in zwei Forschungsgruppen zugleich verankert sein, in einer am MPI-IS und einer an der ETH.

Die Doktorierenden erkennen die grossen Chancen des Forschungsnetzwerkes: «Wir verfolgen teils ähnliche Fragestellungen und können dank des Netzwerks nun miteinander statt gegeneinander arbeiten», sagt Nico Gorbach, Doktorand an der Professur für maschinelles Lernen an der ETH Zürich. Dem stimmt auch Alexander Herzog, Doktorand im Autonomous Motion Labor des MPI-IS, zu: «Es ist grossartig, sich auf dieser Vertrauensbasis austauschen zu können.» Anstatt zu konkurrieren, könne man so gemeinsam schneller vorankommen.

Durchbrüche brauchen Zeit

In seiner Begrüssungsrede an der «Summer school» erinnerte ETH-Rektor Lino Guzzella an die grossen Versprechen, welche in den 1980er und 90er Jahren rund um künstliche Intelligenz gemacht wurden und wie wenig davon bisher tatsächlich erreicht wurde. Er ermutigte die Studierenden, mit Durchhaltevermögen in diesem Bereich zu arbeiten, da grosse Durchbrüche Zeit bräuchten.

Auch wenn der grosse Wurf oft Jahrzehnte der Forschung benötigt, einen fruchtbaren Nährboden für einzigartige Ideen schafft das Forschungsnetzwerk «Lernende Systeme» sicher. «Wir bilden die nächste Generation von Forschenden aus und man darf gespannt sein, wie sie die intelligenten Systeme der Zukunft gestalten werden», sagt Joachim Buhmann. In gemeinsamen Seminaren, Konferenzen, Workshops und «Summer schools» können sich die Doktorierenden beider Institutionen austauschen und die Expertisen im Netzwerk nutzen. Ausserdem steht ihnen die gesamte Infrastruktur zur Verfügung, um innovative Projekte umzusetzen.

Forschungsnetzwerk «Lernende Systeme»

Die Idee einer Kollaboration zwischen dem MPI-IS und der ETH Zürich entstand bereits 2010 und wurde 2013 auch vertraglich festgeschrieben. Beteiligt sind die Forschungsgruppen von fünf Max-Planck-Direktoren der MPI-IS Standorte Tübingen und Stuttgart, sowie 20 Professoren der ETH aus fünf Departementen.

Lesen Sie auch den Hintergrund-Artikel in den News des Departement Informatik: Shifting the paradigm: pioneering research network in learning systems established

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