Präsidialer Besuch an der ETH Zürich

Ein Experiment, bei dem ein massstabgetreues Modell des Zürcher Hauptbahnhofs geflutet wird, stand im Zentrum des Besuchs von Singapurs Präsident Tony Tan an der ETH Zürich. Ralph Eichler, Präsident der ETH Zürich, betonte die Bedeutung des ETH-Forschungszentrums in Singapur und schlug eine Ausdehnung der Aktivitäten im südostasiatischen Stadtstaat vor.

Vergrösserte Ansicht: Tony Tan
Der Präsident Singapurs, Tony Tan, spricht während seines ETH-Besuchs mit Studierenden. (Bild: Josef Kuster / ETH Zürich)

Der Präsident Singapurs, Tony Tan, machte sich mit seiner Delegation am Mittwoch bei regnerischem Wetter zu einem Besuch des ETH-Campus Hönggerberg auf. Wasser stand auch im Mittelpunkt eines Experiments in der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW). Ein Teil der Forschungsarbeit in der VAW zielt darauf ab, Risiken bei Naturkatastrophen wie Tsunamis und Überschwemmungen zu verstehen und zu modellieren. Während seines Besuchs besichtigte Präsident Tan eine Demonstration einer massstabgerechten Tsunami-Simulation sowie das Überflutungsmodell mit dem Zürcher Hauptbahnhof und der Sihl. Im Falle eines Sihlseestaudammbruchs in Einsiedeln würden der Hauptbahnhof und die Innenstadt von Zürich gemäss Forscherprognosen von rund 4,5 Metern Wasser überflutet. Der Präsident und seine Delegation erfuhren, dass das Land, auf dem die Stadt Zürich heute steht, vor 15’000 Jahren unter einer etwa 200 Meter dicken Eisschicht lag. Die Seen, Täler und Flüsse im Raum Zürich wurden während dieser Eiszeit geformt.

Wenn auch Glaziologie für Singapur kein relevantes Forschungsgebiet darstellen mag, so ist das mit Tsunamis und Überflutungen in Verbindung stehende Risiko bedeutend. Nur schon die kleinen Überschwemmungen, die Singapur erlebte, wirken sich auf die Wirtschaft aus.

Resiliente Systeme der Zukunft

2010 riefen die ETH Zürich und die National Research Foundation von Singapur gemeinsam das Singapore-ETH Centre for Global Environmental Sustainability (SEC) ins Leben. Das erste Forschungsprogramm des SEC, das Future Cities Laboratory (FCL), fokussiert auf nachhaltige Urbanisierung.

Die Zusammenarbeit ist für Singapur ein Weg, die eigene Kompetenz als wissensbasierte Wirtschaft rasch zu entwickeln. Die ETH Zürich profitiert ihrerseits von der Gelegenheit, die komplexen und interdisziplinären Herausforderungen eines Stadtstaates mit über fünf Millionen Einwohnern erforschen zu können. Das Future Cities Laboratory etwa untersucht die Herausforderungen rasch wachsender Städte in den Tropen – Forschung, die in der Schweiz nicht so einfach betrieben werden kann. «Präsident Tan unterstützte die ETH Zürich 2010 beim Aufbau des SEC und dafür sind wir sehr dankbar», sagte ETH-Präsident Ralph Eichler in Anerkennung von Tony Tans Engagement für das SEC.

Peter Edwards, emeritierter ETH-Professor und Direktor des SEC, wies darauf hin, dass urbane Zentren hochkomplexe Ökosysteme mit einem ständig wachsenden Risiko für Systemversagen und Katastrophen sind. «Wir können diese Systeme nicht länger als separate Einheiten betrachten, und wir brauchen wirklich neue Methoden, um die Resilienz von Städten zu verstehen.» Die Wechselbeziehungen und das Infrastrukturrisiko in Zusammenhang mit einer dicht bevölkerten modernen urbanen Umgebung zu verstehen, ist für Singapur und die asiatischen Nachbarländer, mit denen es in Kontakt steht, von Relevanz. Simulations- und Modellwerkzeuge, wie sie in der Forschung verwendet und entwickelt werden, sollten zu einem besseren Verständnis komplexer Systeme führen. «Es geht nicht nur um die Technologie, sondern auch darum, wie Menschen auf ein solches System reagieren», fügt Edwards an. Die ETH Zürich hat im Rahmen des SEC ein zweites Forschungsprogramm vorgeschlagen, diesmal zum Thema der Schaffung risikoresistenterer Städte.

Studentenforschung und urbanes Design

Trotz des straffen Programms nahm sich Tony Tan die Zeit, eine Gruppe ETH-Studenten zu treffen. Unter ihnen befanden sich Studenten aus Singapur, die derzeit ihr Studium an der ETH Zürich abschliessen, und Schweizer Studenten, die die Gelegenheit erhalten hatten, einige Zeit am SEC zu verbringen. Arpad Hetey und Rahel Schenker waren Teil eines 18-köpfigen studentischen Forschungsteams, das im Rahmen einer Lehrveranstaltung zu urbanem Design nach Singapur reiste, wo es das Rochor-Gebiet untersuchte. Am Ende des Forschungsprojekts unterbreitete das Studententeam Städteplanern und Stadtbeamten einen Vorschlag, wie bestehende Gebäude in ein neues Design eingebettet werden könnten.

Hetey erklärte, dass das Studium im Future Cities Laboratory den Studenten nicht nur Zugang zu Forschern aus verschiedenen Disziplinen verschaffte, sondern ihnen auch die Gelegenheit bot, die vielfältige Kultur in Singapur kennenzulernen. «Es war grossartig zu sehen, wie das Rocher-Gebiet genutzt wird. Normalerweise besucht man in einem Urban-Design-Lehrgang ein Gebiet nur für eine kurze Zeit, um die Gebäude anzusehen, aber indem ich Zeit in Singapur verbrachte, konnte ich studieren, wie der Raum genutzt wird, nicht nur zu unterschiedlichen Tages- und Wochenzeiten, sondern auch wie die verschiedenen Kulturen in Singapur den Raum nutzen. Singapur ist zudem ein strategischer Ausgangspunkt, um urbanes Design in der ganzen Region zu entdecken und untersuchen», sagte Hetey.

Lino Guzzella, zukünftiger Präsident der ETH Zürich, freut sich darauf, die Zusammenarbeit zwischen Singapur und der Schweiz auszubauen. «Singapur und die Schweiz haben so viele Gemeinsamkeiten, die uns bei der weltweiten Suche nach Talenten zu natürlichen Verbündeten machen.» Vor ihrer Rückkehr nach Singapur trafen Tony Tan und seine Delegation Didier Burkhalter, den Bundespräsidenten der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in Bern.

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