An den Grenzen des Magnetismus

Die kleinstmöglichen Magnete sind solche von der Grösse eines einzelnen Atoms. Nun haben Wissenschaftler die Grenzen der Optimierung dieser Winzlinge erreicht: Sie schufen Ein-Atom-Magnete, die so stark und stabil sind, wie es physikalisch nur geht.

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Jedes der Kobaltatome (blau) ist ein Magnet. Rot und weiss ist die Magnesiumoxid-Oberfläche dargestellt, golden die Sonde eines Rastertunnelmikroskops. (Illustration: Fabio Donati / EPFL)

Ein Forscherteam unter der Leitung von Wissenschaftlern der ETH Zürich, der EPFL und von IBM haben im Labor extrem kleine, starke und stabile Magnete geschaffen. Diese bestehen aus einem einzelnen Kobaltatom, das auf einer hauchdünnen Magnesiumoxid-Oberfläche sitzt. «Es ging uns darum, in einem Modellsystem aufzuzeigen, welches die Grenzen der Miniaturisierung von Magneten sind», erklärt Pietro Gambardella, Professor für Magnetismus und Grenzflächenphysik an der ETH Zürich. Er ist einer der Leiter einer Studie, welche soeben in der Fachzeitschrift «Science» veröffentlicht wurde.

Die Wissenschaftler stellten die Ein-Atom-Magnete her, indem sie eine winzige Menge Kobalt auf eine Magnesiumoxid-Oberfläche aufdampften, sodass sich vereinzelte Kobaltatome an die Oberfläche hefteten. Um die physikalischen Eigenschaften der Magnete zu beschreiben, untersuchten die Forschenden sie mit einem Rastertunnelmikroskop und dem Synchrotron am Paul Scherrer Institut. Diese Messungen ergaben, dass das System mit den vereinzelten Kobaltatomen auf Magnesiumoxid pro Atom betrachtet ein dreimal stärkerer Magnet ist als einer aus reinem Kobaltmetall.

Modellsystem für Informationsspeicher

Zudem sind die Ein-Atom-Magnete extrem stabil gegenüber Einflüssen von aussen, was eine Grundvoraussetzung für technologische Anwendungen ist: Um sie umzupolen, muss pro Atom eine tausendmal grössere Energie – Wissenschaftler sprechen von der magnetischen Anisotropieenergie – aufgewendet werden als bei reinem Kobaltmetall. «Unser System hat die höchstmögliche magnetische Anisotropieenergie pro Atom für die sogenannten Übergangsmetalle, also jene Materialien, aus denen Magnete in der Regel hergestellt werden», so Gambardella.

Schliesslich gelang es den Forschenden auch, detailliert zu beschreiben, welche Gesetze der Quantenphysik in diesen Minimagneten eine Rolle spielen. In der Quantenwelt sind Effekte oft nur kurzlebig. Die Magnetisierung ihres Ein-Atom-Systems bleibt bei tiefen Temperaturen während 200 Mikrosekunden erhalten, was verhältnismässig lang ist und ebenfalls einen Rekord für die Übergangsmetalle bedeutet. «Der Miniaturisierung sind wegen der atomaren Struktur der Materie physikalische Grenzen gesetzt. In unserer Arbeit haben wir nun gezeigt, dass es möglich ist, stabile magnetische Komponenten aus einzelnen Atomen herzustellen, also der kleinsten möglichen Struktur», sagt der ETH-Professor.

Letztlich sei das benutzte Modellsystem eines für die Miniaturisierung von MRAM-Speichermedien (für englisch: Magnetoresistive Random Access Memory), so Gambardella. Dies sind eine Klasse von Speichermedien, auf denen Information permanent gespeichert werden kann, ohne dass die Information wie bei den in PCs eingebauten RAM-Arbeitsspeichern fortwährend erneuert werden muss. Heute kommt MRAM in Spezialanwendungen zum Einsatz, zum Beispiel wegen ihrer Resistenz gegenüber kosmischer Strahlung in Steuerungssystemen von Flugzeugen und Satelliten. Es gibt allerdings Bestrebungen der Industrie, MRAM auch für den breiten Einsatz in PCs marktreif zu machen.

Literaturhinweis

Rau IG et al.: Reaching the Magnetic Anisotropy Limit of a 3d Metal Atom, Science, Online-Vorabveröffentlichung vom 8. Mai 2014, doi: externe Seite10.1126/science.1252841

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