Per App auf historischen Pfaden

Johannes Gerber ist leidenschaftlicher Suonen-Wanderer. In seiner Masterprojektarbeit entwickelte er eine App, mit deren Hilfe sich Liebhaber dieser historischen Bewässerungssysteme einfach orientieren können.

Suonen
Suonen - historische Bewässerungskanäle im Wallis. (Bild: Johannes Gerber)

«Suonen sind mein Thema», sagt er gleich zu Beginn des Gesprächs mit einer gewissen Lässigkeit, als wäre es ganz selbstverständlich, schon mit 26 Jahren Experte auf einem Gebiet zu sein. Tatsächlich muss er im Interview nicht viel Überzeugungsarbeit leisten: Nach einer knappen Stunde ist man sich sicher, einem der wenigen Kenner auf einem buchstäblich kaum bewanderten Feld gegenüberzusitzen. Aber genau daran möchte er ja etwas ändern. Johannes Gerber, Master-Student der Geomatik und Planung, teilt sein Wissen gern; er betreibt eine informative externe SeiteWebsite zum Thema und hat zwei Bücher über die historischen Bewässerungskanäle im Wallis veröffentlicht: einen Führer mit Wander- und Routenvorschlägen und eine Neubearbeitung des Standardwerks «Die Suonen des Wallis», das einen Überblick über Geschichte und Kultur dieses traditionellen Bewässerungssystems sowie technische Hintergrundinformationen bietet.

Hobby ins Studium integriert

Jetzt legt er im Rahmen seiner Masterprojektarbeit am Lehrstuhl Geoinformations-Engineering eine kostenlosen Suonen-Applikation für Android-Smartphones nach. «Ich habe mein Hobby quasi ins Studium integriert», sagt er schmunzelnd und fasst dann in wenigen Sätzen Idee und Inhalte seiner App zusammen. In erster Linie soll die entwickelte Software Suonen-Wanderer mit praktischen, standortbezogenen (Karten-)Diensten unterstützen: An welcher Suone befinde ich mich gerade und was für allgemeine Informationen wie Länge, Baujahr oder Wegbeschreibung sind über diesen Wassergraben bekannt? Welche anderen Kanäle befinden sich im Umkreis zwischen 200 Metern und 10 Kilometern? Wie verlaufen sie durchs Gelände? Welche alternativen Suonen-Wanderungen könnte ich – in Bezug zu Dauer, Steigung und Schwierigkeitsgrad – in der Region unternehmen? Und, schliesslich: Wie komme ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Startpunkt der ausgewählten Wandertour? «So eine Dienstleistung habe ich mir selbst, unterwegs beim Suonen-Erkunden, immer wieder gewünscht», erklärt Gerber seine Motivation für die Studienarbeit.

Faszination seit Schultagen

Seine Faszination für diese, wie er zugibt «spezielle Materie», hat er zu Schulzeiten entwickelt – bei Wanderferien mit den Eltern. Seitdem lassen ihn diese «gemütlichen kleinen Wasserläufe», die sich auf häufig abenteuerliche Weise durch Schluchten und Felswände zu Weinbergen und Obstplantagen, Wiesen und Weiden schlängeln, nicht mehr los. Auch, weil diese Bewässerungskanäle Zeugnis ablegen von Kultur und Zivilisation im Schweizer Alpenraum. Viele Suonen dienen etwa noch heute dazu, das Schmelzwasser der Gletscher auf Kulturland zu leiten. Von seinem Lieblingsthema kann Johannes Gerber also nur schwärmen: «Die Kontrollpfade entlang der Suonen eignen sich auch an heissen Sommertagen super gut zum Wandern.» Denn die meisten Wassergräben verlaufen horizontal, ohne bedeutende Höhenunterschiede und werden von schattenspendenden Bäumen gesäumt. «Und natürlich sorgt das Gebirgswasser für die nötige Abkühlung.» Schon als Schüler schrieb Gerber eine Projekt- und schliesslich seine Maturaarbeit zum Thema, auch seine Bachelorarbeit widmete er den bisses, wie die Suonen im französischsprachigen Unterwallis genannt werden.

Feldtests im Wallis

Sein gesammeltes Wissen nun für sein Masterprojekt und die Entwicklung einer mobilen Smartphone-Anwendung zu nutzen, lag für ihn auf der Hand. Da er auf seine jahrelangen und umfangreichen Recherchen und seine stets aktualisierte Internet-Datenbank zurückgreifen konnte, konzentrierte er sich während der Entwicklungsphase ganz auf die Programmierung der Applikation – «eine manchmal unerwartet schwierige Aufgabe». So dauerte die Implementierung einer ersten Google Karte über 30 Stunden. Und für die räumliche Selektion stellte die Meridiankonvergenz, also die Tatsache, dass die Längengrade gegen die Pole immer weiter zusammenlaufen und das Koordinatensystem somit nicht rechtwinklig ist, eine grössere Herausforderung dar. Enttäuschend für den Studenten verlief dagegen der Versuch, ein Wetter-Icon in seine App einzubinden: «Mit den gefundenen Online-Services, etwa Meteoschweiz, ist dies leider nicht möglich.» Dennoch ist er mit dem Endergebnis rundum zufrieden. Ausgiebige Feldtests im Wallis haben die Nützlichkeit der Outdoor-Applikation in punkto Kartenfunktionalität, Orientierung und Standortsuche bewiesen. «Und den Nachteil, dass die App bisher auf eine ständige Internetverbindung angewiesen ist, möchte ich in einer zukünftigen Version beheben.» Noch ist er wohl der aktivste Nutzer seiner App, die er Interessierten auf seiner externe SeiteWebsite zum Download zur Verfügung stellt.

Das könnte sich allerdings bald ändern. Spätestens, wenn die Walliser Suonen-Vereinigung mit ihrer UNESCO-Kandidatur Gehör findet. Dann wird Johannes Gerber der Erste sein, der die Aufnahme der traditionellen Bewässerungskanäle in die Liste des UNESCO-Kulturerbes mit Korkenknallen begrüsst.

Johannes Gerber: «Wandern an sagenhaften Suonen», Rottenverlag
Johannes Gerber: «Les bisses du Valais», Editions Monographic. Die deutschsprachige Ausgabe folgt im Frühjahr 2014.

Details auf der externe SeiteWebsite

Ähnliche Themen

Lehre

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert