1855-1904: Zwischen Schule, Fabrik und Labor

Nach der heftigen Gründungsdebatte trat die neue Institution in eine stabile Epoche des Aufbaus ein. Bis zur Jahrhundertwende fand sie ihren Platz in der politischen und ökonomischen Landschaft der Schweiz, indem sie zukunftsorientiert nationale Infrastrukturen aufzubauen und zu sichern versprach.

Plan des 1886 vollendeten Chemiegebäudes, das über gut ausgestattete Laborplätze verfügte.pochen/epoche1/
Plan des 1886 vollendeten Chemiegebäudes, das über gut ausgestattete Laborplätze verfügte. © gta Archiv, ETH Zürich: Bestand ETH Bauten (Archiv-Nr. 76-01-9)

Eckdaten dieser Epoche:

Ausgestaltung der Lehre im Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis

Das Polytechnikum sammelte und sicherte Wissen und stellte es für vielfältige Zwecke zur Verfügung. Zwischen den Anforderungen des Schulbetriebs, den Bedürfnissen der Industrie und den aufkommenden Forschungsinteressen war sorgfältig abzuwägen. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei der Ausgestaltung der Lehre im Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis. Es mussten Lehrpläne aufgestellt, Professoren gewonnen und Studenten rekrutiert werden. In den Anfangsjahren profitierte das Polytechnikum dabei vom repressiven Klima, das an anderen polytechnischen Schulen im europäischen Ausland herrschte. Angezogen von den neu berufenen Professoren – darunter Berühmtheiten wie Kinkel, de Sanctis, Vischer, Cherbuliez, Clausius, Culmann, Reuleaux und Semper – kamen Studenten aus ganz Europa nach Zürich.

Die Normierung der Schule brauchte jedoch viel Zeit. Das Diplom etwa, welches das Erfüllen einer Norm hätte dokumentieren können, erwarb noch 1879 nur ein knappes Drittel der Studenten.

Worauf sollte man sich bei der Ausgestaltung der Lehrpläne konzentrieren? Auf das Zeichnen, auf das Messen, auf die Mathematik oder auf die praktischen Umstände der industriellen Produktion? Die Erzeugung, die Absicherung und nicht zuletzt die Anwendbarkeit des polytechnischen Wissens hingen davon ab, wie diese Fragen beantwortet wurden. Lehrer wie Reuleaux formalisierten mit einigem Erfolg die praktische Konstruktionstätigkeit, die sie in der Industrie beobachteten.

Gratwanderung zwischen Schule, Fabrik und Labor

Mit den Laboratoriumsbauten der 1880er und 1890er Jahre versuchte man, zum Zwecke einer besseren Lehre diese theoretischen Wissensbestände im wissenschaftlichen Experiment zu vertiefen. Zugleich galt es, die abstrakten Wissensformen für die industrielle Praxis anschlussfähig zu machen. Das Bauprogramm der ersten Epoche der Poly-Geschichte bezeugt diese Gratwanderung zwischen Schule, Fabrik und Labor.

Die hier gezeigten Inhalte entstanden im Rahmen des Projekts «ETHistory 1855-2005». Die Projekt-Website, eine Web-Ausstellung des Instituts für Geschichte der ETH Zürich, bietet zahlreiche weitere Informationen zur ETH-Geschichte und ermöglicht virtuelle Zeitreisen durch 150 Jahre Hochschulgeschichte.

www.ethistory.ethz.ch

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