Pauli Lectures im Licht der Mikroskopie

Mit einem Kniff an der optischen Auflösungsgrenze durchbrach Stefan W. Hell die Beugungsbarriere in der Lichtmikroskopie und ermöglichte damit hochaufgelöste Einblicke ins Innerste des Lebens. Nun wird der Chemienobelpreisträger an der ETH Zürich die Pauli Lectures halten.

Vergrösserte Ansicht: Stefan W. Hell
Der Physiker und Nobelpreisträger Stefan W. Hell vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen wird an der ETH Zürich die Pauli-Vorlesungen 2017 halten. (Bild: Max Planck Institute for Biophysical Chemistry)

Feinste Strukturen sichtbar machen – das ist seit jeher ein Traum von Naturforschenden. Doch der scharfe Blick in lebende Zellen blieb Biologen lange verwehrt. Im Jahr 1873 erkannte Ernst Abbe, dass die Beugung des Lichts der mikroskopischen Auflösung eine scheinbar unüberwindbare Grenze setzt: Ein optisches Mikroskop kann lediglich Strukturen unterscheiden, die grösser sind als die halbe Wellenlänge des Lichts, mit dem die Proben beleuchtet werden. Diese Auflösungsgrenze galt für mehr als ein Jahrhundert als unumstösslich. Einer, der sich von Abbes Grundgesetz nicht abschrecken liess, ist Stefan W. Hell. Der rumäniendeutsche Physiker hatte sich als junger Forscher vorgenommen, die Beugungsbarriere in der Lichtmikroskopie zu durchbrechen. Das gelang ihm in den 90-er Jahren – mit einem ausgeklügelten Trick.

Geniestreich im optischen Grenzbereich

«Hell ist ein aussergewöhnlicher Forscher und genialer Erfinder», sagt Matthias Gaberdiel, Professor für theoretische Physik an der ETH Zürich. «Er hat als Erster einen Weg gefunden, die Abbesche Auflösungsgrenze von Lichtmikroskopen zu umgehen. Dank seiner Methode können Biologen und Mediziner heute hochaufgelöst in Zellen blicken und Lebensprozesse auf molekularer Ebene studieren.» Gaberdiel organisiert die diesjährigen Pauli Lectures und konnte Hell als Referenten gewinnen.

Hell gilt als geistiger Vater und Erbauer einer speziellen Form der Fluoreszenz-Lichtmikroskopie genannt STED (Stimulated Emission Depletion), deren Detailschärfe nicht mehr durch die Beugung des Lichts begrenzt ist. Um eben dieser Beugung ein Schnippchen zu schlagen, entwickelte Hell eine Methode, bei der benachbarte fluoreszierende Moleküle mittels zweier Lichtstrahlen auf engstem Raum kontrolliert und zeitlich nacheinander zum Leuchten gebracht werden können. Im Bild eines klassischen Mikroskops würden die beiden Moleküle verschwimmen. Mit Hells Technik lassen sich Bilder gewinnen, die Objekte rund zehnmal höher auflösen als frühere Verfahren.

Auf diese Weise hat Hell die Lichtmikroskopie revolutioniert. Denn wer bislang in molekulare Dimensionen vordringen wollte, konnte zwar ein Elektronenmikroskop heranziehen, doch lebende Zellen oder Gewebe untersuchen lassen sich damit aufgrund der energiereichen Strahlen nicht.

Leben und Werk eines Laureaten

Hell forscht am Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen und am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Für seine Leistungen erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Preise, insbesondere den Nobelpreis für Chemie im Jahr 2014, der ihm gemeinsam mit Eric Betzig und William E. Moerner verliehen wurde. Das Departement Physik der ETH Zürich würdigt Hell nun mit der Einladung, die diesjährigen Wolfgang-Pauli-Vorlesungen zu halten.

In der ETH-Vorlesungsreihe, die am Montag, 22. Mai beginnt, wird der 54-jährige Hell von seinem Weg zum Nobelpreis erzählen, spannende Einblicke in die Welt der Mikroskopie gewähren und neuste Entwicklungen auf seinem Forschungsgebiet präsentieren.

Pauli Lectures 2017

Die Wolfgang-Pauli-Vorlesungen sind eine seit 1962 jährlich stattfindende, dreiteilige Vorlesungsreihe. Sie sind alternierend der Physik, Mathematik und Biologie gewidmet. Im Rahmen der Pauli-Vorlesungen stellen hervorragende Referenten ihre Forschung vor. Benannt sind sie nach dem theoretischen Physiker und Nobelpreisträger Wolfgang Pauli, der von 1928 bis zu seinem Tod 1958 Professor an der ETH Zürich war. Die Vorlesungen werden auf Englisch gehalten, sind öffentlich und richten sich an ein breites Publikum mit Interesse an Naturwissenschaften. Der Eintritt ist kostenlos; eine Anmeldung ist nicht nötig.

Die Vorlesungen von Stefan W. Hell:

  • How I Got to Break the Diffraction Barrier of Optical Microscopy
    Montag, 22. Mai 2017 (17:15 h) Auditorium Maximum, HG F 30, ETH Zentrum, Rämistrasse 101, Zürich
  • Nanoscopy with Focused Light
    Dienstag, 23. Mai 2017 (17:15 h) Auditorium Maximum, HG F 30, ETH Zentrum, Rämistrasse 101, Zürich
  • Optical Nanoscopy: Concepts and Recent Advances
    Mittwoch, 24. Mai 2017 (15:30 h) Lecture Room HCI G 3, ETH Hönggerberg, Vladimir-Prelog-Weg 1-5/10, Zürich

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