Brillanz für Spitzenforschung

Der Schweizer Forschungsplatz ist um eine Grossanlage reicher: Am PSI wurde gestern der Freie-Elektronen-Röntgenlaser SwissFEL in Betrieb genommen. Die Anlage verspricht auch ETH-Forschenden Einblicke in bislang verborgene Vorgänge auf molekularer und atomarer Ebene.

Vergrösserte Ansicht: SwissFEL
Im Linearbeschleuniger werden die Elektronen auf die erforderliche Endenergie gebracht. (Bild: PSI/Markus Fischer)

Nach dreieinhalb Jahren Bauzeit wurde gestern im Beisein von Bundespräsident Johann Schneider-Ammann der Schweizer Freie-Elektronen-Röntgenlaser SwissFEL («Swiss Free Electron Laser») am Paul Scherrer Institut (PSI) feierlich eingeweiht. Bei der Anlage handelt es sich um einen Elektronenbeschleuniger, der hochbrillante, d.h. extrem intensive, extrem kurze Röntgenlicht-Blitze mit Lasereigenschaften erzeugt.

Ultra-schnelle Prozesse wie im Film

Der SwissFEL befindet sich in einem 740 Meter langen Tunnel und besteht aus vier Teilen: Im Injektor, dem ersten Teil, werden die Elektronen erzeugt und vorbeschleunigt. Ein Linearbeschleuniger bringt die Elektronen danach auf die erforderliche Energie. Die Undulatoren, d.h. Magnete mit abwechselnder Polarität, zwingen die Elektronen im dritten Teil auf eine schlangenförmige Bahn. Auf dieser Slalomfahrt erzeugen die Elektoren das Röntgenlicht, dessen Strahlen zu den Messplätzen im vierten Teil geleitet werden. Dort können Forschende von Hochschulen oder aus der Industrie Experimente durchführen.

Die hochbrillanten und ultrakurzen Pulse aus Röntgenlicht erlauben es, kurzzeitige Veränderungen von atomaren und molekularen Strukturen sichtbar zu machen. Ultra-schnelle Prozesse, die bisher im Verborgenen stattgefunden haben, können gewissermassen wie in einem Film schrittweise verfolgt werden. Dies sei eine vollkommen neue Dimension, erklärt Marco Stampanoni, Professor für Röntgenbildgebung an der ETH Zürich.

Mit seinem Team hat er bisher hauptsächlich an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) am PSI gearbeitet: «Ein einziger Röntgenpuls an der SwissFEL ist 10 bis 30 Femtosekunden lang und entspricht einer Belichtungszeit von etwa einer Sekunde an der SLS. Dies eröffnet unserer Forschung vollkommen neue Möglichkeiten.» Während früher die hochaufgelöste Untersuchung von Proben begrenzt war, weil es durch die relativ lange Belichtungszeit zu Strahlschäden kam, kann mit der neuen Anlage diese physikalische Grenze nun überschritten werden: «Beim SwissFEL treffen so viele Photonen in so kurzer Zeit auf die Probe, dass diese sehr genau untersucht werden kann, bevor sie dies quasi bemerkt und zerstört wird.»

Erste Pilotprojekte in 2017

Nicht nur im Bereich Röntgenbildgebung und Mikroskopie können dank dem SwissFEL nun offene Fragen beantwortet werden. Relevant wird die neue Anlage auch sein, um chemische Reaktionen zu verfolgen oder den genauen Aufbau von Materialien zu erklären. Laura Heyderman, Professorin für Mesoskopische Systeme an der ETH Zürich, würde den SwissFEL gerne einsetzen, um ultra-schnelle Abläufe in Magneten im Mikro- und Nanometermassstab zu untersuchen und Phänomenen bei Phasenübergängen auf den Grund zu gehen. «Diese Erkenntnisse könnten uns helfen, neue magnetische Materialien für leistungsfähigere Speichermedien zu entwickeln», erläutert die Materialwissenschaftlerin.

Bisher war diese Art von Forschung weltweit nur in wenigen Anlagen möglich. Dank dem SwissFEL stehen der Forschergemeinschaft nun pro Jahr insgesamt 5000 Stunden Messzeit zusätzlich zur Verfügung. Die ersten Pilotprojekte von sogenannten Expert-Users werden 2017 durchgeführt, um das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten zu testen. Ideen für den Einsatz von SwissFEL sind seitens der ETH genügend vorhanden. «Für mich stellt sich die Frage, wo die Grenzen der Röntgenbildgebung liegen», erklärt Stampanoni. «Inwieweit kann der SwissFEL das klassische Röntgen unterstützen? Und wird es damit sogar möglich sein, lebende Zellen dreidimensional darzustellen?» Genau solche Fragen möchte der Röntgenspezialist nun mit seinem Team an der neuen Anlage untersuchen.

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