Rohstoffe aus dem Weltraum

Rohstoff-Abbau im All klingt nach Sciencefiction. Tatsächlich entwickeln verschiedene US-Firmen Technologien, um Energie- und Mineralrohstoffe im Weltraum zu erschliessen. Mehrweg-Raketen und ein internationaler Weltraumrohstoff-Vertrag könnten den Weg ebnen zu schier unerschöpflichen Quellen.

Vergrösserte Ansicht: Rakete im Weltraum
(Bild: iStock / sbhaumik)

Wo der Mensch auf der Erde Energie- und Mineral-Rohstoffe gewinnt, treten meist Umweltprobleme und soziale Konflikte auf: Der Boden, unter dem sich wertvolle Ressourcen verbergen, ist auch Wohnraum von Menschen, Tieren und Pflanzen. Im Weltraum gibt es diese Probleme nicht. Bereits ein Asteroid von einem Kilometer Durchmesser kann Rohstoffe im Wert von hundert Milliarden Dollar enthalten – und es gibt hunderte solcher Asteroiden allein in Erdnähe. Diesem ungenutzten Potential stehen heute teure Startkosten ins All (ca. 5000 – 50'000 Dollar pro kg Nutzlast) und eine unsichere Rechtslage (wer darf Weltraum-rohstoffe nutzen?) gegenüber. Dennoch gibt es einige spannende Ideen und erste konkrete Projekte – überwiegend aus privater Hand.

Solarenergie per Mikrowellenstrahl

Vergrösserte Ansicht: Eine Raumsonde mit Solarantrieb erkundet den Weltraum. (Illustration: NASA)
Eine Raumsonde mit Solarantrieb erkundet den Weltraum. (Illustration: NASA [5])

Die Sonne scheint im Weltraum stets gleich stark, und ihre Strahlung ist die bevorzugte Energiequelle für praktisch alle heutigen Satelliten, Weltraumteleskope und Raumsonden. Sonnenenergie ist daher die einzige bereits heute vor Ort genutzte Weltraum-Ressource. Lange schon hegt man die Hoffnung, dass dereinst grosse Solarkraftwerke im Weltraum diese saubere Energie per Mikrowellenstrahl zur Erde schicken könnten. Doch Verluste bei der Energie-Umwandlung würden wohl einen grossen Teil des Weltraumbonus' zunichtemachen – solche Kraftwerke lohnten sich deshalb erst bei deutlich tieferen Raketenstartkosten.

Helium-3 vom Uranus

Ein interessanter Energierohstoff ist Helium-3. Man könnte es in fortschrittlichen Kernfusionsreaktoren in sauberen Strom umwandeln. Helium-3 ist auf der Erde extrem selten, auf dem Mond hingegen vermutet man eine Million Tonnen. Nur rund 300 Tonnen Helium-3 jährlich würden ausreichen, um den heutigen Strombedarf der Menschheit vollständig zu decken. Allerdings wäre der Aufwand dafür massiv: 4500 km² Mondoberfläche müsste man jährlich umpflügen, und das Mondgestein müsste auf 600° erhitzt werden, um das Gas freizusetzen. Praktisch unerschöpfliche Mengen Helium-3 gibt es dagegen in den Atmosphären der Gasplaneten, wo es bereits als Gas vorliegt. Das «Saudi-Arabien des 22. Jahrhunderts» dürfte deshalb nicht auf dem Mond, sondern etwa auf dem Uranus zu finden sein.

Rohstofflager und Tankstellen

Vergrösserte Ansicht: Eine Raumsonde scannt und charakterisiert die Oberfläche eines Asteroiden. (Illustration: NASA)
Eine Raumsonde scannt und charakterisiert die Oberfläche eines Asteroiden. (Illustration: NASA [5])

Für die US-Firma Planetary Resources [1], unter anderem unterstützt von Milliardären wie Larry Page (Google), stehen vorerst Edelmetalle wie Platin, Palladium und Gold im Fokus. Diese Metalle wurden bei der Entstehung der Erde fast vollständig im Erdkern eingeschlossen und sind deshalb selten, teuer und hochbegehrt. Auf Asteroiden, die nie einen Eisenkern gebildet haben, sind sie in unverändert hoher Konzentration vorhanden. Planetary Resources hat bereits im Juli 2015 einen Prototyp-Satelliten ins All geschickt – das nächste Modell soll mit einem Teleskop nach wertvollen Asteroiden suchen, und spätere Modelle sollen sie vor Ort untersuchen.

Vergrösserte Ansicht: Ein Landevehikel sichert einen Brocken Asteroidenmaterie. (Illustration: NASA)
Ein Landevehikel sichert einen Brocken Asteroidenmaterial. (Illustration: NASA)

Deep Space Industries (ebenfalls in privater Hand) [2] erwägt, Raketen-Treibstoff im Weltraum herzustellen. Durch die Elektrolyse von Asteroiden-Wasser sollen Wasserstoff und Sauerstoff gewonnen und an die NASA verkauft werden. Diese müsste so den begehrten Treibstoff nicht mehr teuer von der Erde hochbringen, sondern könnte ihn vergleichsweise günstig lokal tanken. Die NASA selbst schickt im Jahr 2020 mit ihrem nächsten Mars-Rover ein Experiment zum Roten Planeten, das aus dem CO2 der dünnen Marsatmosphäre lokal Sauerstoff  produzieren soll.

Mehrweg-Raketen mit tiefen Startkosten

Die Menschheit kann das enorme Potential von Rohstoffen aus dem Weltraum nur dann realisieren, wenn es gelingt, die Kosten für den Flug ins All massiv zu senken. Gängige Raketen kosten hunderte von Millionen Dollar und können nur ein einziges Mal verwendet werden. Im Dezember 2015 ist es der privaten Raumfahrtfirma SpaceX [3] zum ersten Mal gelungen, die erste Stufe einer Rakete, die einen Satelliten ins All geschossen hatte, wieder sicher in Cape Canaveral zu landen. Firmenchef Elon Musk sieht dies als ersten Schritt, um Raketen wie Flugzeuge wiederzuverwenden, und erhofft sich davon bis zu hundert Mal tiefere Startkosten. Auch Amazon-Chef Jeff Bezos arbeitet mit seiner Firma Blue Origin [4] an einer «Linien-Rakete», die vorerst aber nur Touristen ins All transportieren soll.

Unklare Rechtslage als weitere Hürde

Der breit abgestützte «Weltraumvertrag» der UNO [6] aus dem Jahr 1967 erlaubt zwar allen Staaten, den Weltraum zu erforschen und zu nutzen – aber verbietet es ihnen gleichzeitig, Hoheitsrechte geltend zu machen. Der «Mondvertrag» von 1979, der die Nutzung von Weltraumrohstoffen durch Privatpersonen beschränken wollte, scheiterte: keine Weltraummacht hat ihn unterzeichnet. So ist bis heute unklar, ob Privatpersonen und Firmen, die Weltraumrohstoffe zur Erde bringen, auch einen Besitzanspruch hätten.

Zwar hat US-Präsident Barack Obama im November 2015 ein Gesetz unterzeichnet, das US-Bürgern einen Besitzanspruch auf von ihnen geförderte Weltraumrohstoffe zuspricht. Besser als einseitige Schritte durch Einzelstaaten wäre aber ein erweiterter Weltraumvertrag. Vorbild könnte das Seerechtsübereinkommen sein, wo jeder in internationalen Gewässern fischen, aber niemand den Ozean für sich allein beanspruchen darf.

Matthias Meier hat diesen Beitrag auf der Basis eines Vortrags verfasst, den er anlässlich der Sonderausstellung «BodenSchätzeWerte»  von focus Terra  hielt. Die Ausstellung lwurde verlängert und äuft noch bis am 20. November 2016.

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Matthias Meier

Matthias Meier

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geochemie und Petrologie, ETH Zürich

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