Am Rande und doch mittendrin

Die diesjährigen UN-Klimaverhandlungen stehen unter besseren Vorzeichen als auch schon, gestalten sich aber dennoch zäh. Am Rande der Hauptverhandlungen diskutieren Expertinnen und Experten über wichtige Fragen, wie sich Klimaschutzmassnahmen besser umsetzen lassen.

Vergrösserte Ansicht: UN-Klimaverhandlungen in Lima
In Perus Hauptstadt Lima finden derzeit die UN-Klimaverhandlungen statt. Auch am Rande der Hauptverhandlungen diskutieren Experten über wichtige Aspekte des Klimaschutzes. (Foto: Tobias Schmidt)

Der Advent ist nicht nur die Zeit der Vorfreude auf Weihnachten, sondern auch die der jährlichen internationalen Klimaverhandlungen im Rahmen der Vereinten Nationen. Die «Conference of the Parties» (COP) findet dieses Jahr vom 1. bis 12. Dezember in Perus Hauptstadt Lima statt. Nach Gesprächen mit Vertretern verschiedener Delegationen kann ich berichten: Die Stimmung unter den Delegierten ist bisher deutlich besser als letztes Jahr in Warschau, was vor allem mit den Entwicklungen im Vorfeld zu tun hat. Die externe SeiteUSA und China haben eine Klima-Vereinbarung abgeschlossen, die EU hat ihre Ziele und Reformen für ihren externe SeiteEmissionshandel bis 2030 verkündet und auch die externe SeiteGeberkonferenz für den Grünen Klimafonds Ende November in Berlin wird mit 9,3 Milliarden Euro zugesagtem Geld als Erfolg bewertet. Das sind deutlich bessere Vorzeichen als im letzten Jahr, als die polnische Regierung noch während der COP ihren Umweltminister (also den damaligen COP-Präsidenten) entliess und zur gleichen Zeit der Weltkohlegipfel am anderen Ende der Stadt tagte. Dennoch zeichnen sich wieder zähe Verhandlungen auf dem Weg zum geplanten grossen Wurf in Paris Ende 2015 ab. Doch möchte ich in diesem Beitrag auch von der anderen Seite der Klimaverhandlungen berichten.

Die andere Seite der COPs: Side-events

Neben den Verhandlungen gibt es, wie jedes Jahr üblich, auch ein Programm von Nebenveranstaltungen, sogenannten Side-Events. In diesen informieren verschiedenste Organisationen, wie zum Beispiel Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oder Forschungsinstitutionen, über ausgewählte Themen.

Wie in den letzten Jahren hat die ETH auch dieses Jahr wieder ein Side-Event organisiert, diesmal zusammen mit der Gold Standard Foundation, einer NGO ansässig in Genf. Dabei ging es darum, die Wirkung von Emissions-senkenden Massnahmen der Klimapolitik in Entwicklungsländern zu verbessern, indem man finanzielle Risiken für private Investoren vermindert [1] (siehe auch mein Blogbeitrag über De-Risking). Hohe Risiken bedeuten auch höhere Finanzierungskosten, zum Beispiel durch höhere Zinsen für Kredite. Gerade emissionsarme oder -freie Technologien sind stark davon betroffen (siehe Graphik).

Vergrösserte Ansicht: Grafik über Einfluss von Finanzierungskosten auf Stromgestehungs- und Emissionsvermeidungs-Kosten
Einfluss von Finanzierungskosten auf Stromgestehungs- (oben) und Emissionsvermeidungs-Kosten (unten) verschiedener Technologien. Low: niedrige Finanzierungskosten (5% für Fremdkapital; 10% für Eigenkapital), High: erhöhte (10% und 18%). [2]

Im diesjährigen Side-Event haben Vertreter der Weltbank, des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP), der Gold Standard Foundation, des Energy Research Center of the Netherlands (ECN), der Universität Zürich, sowie ich als Vertreter der ETH Zürich, diskutiert, wie man De-risking Massnahmen in die Klimapolitikprogramme von Entwicklungsländern integrieren kann. Ausserdem haben Vertreter der Regierungen Kenias und Tunesiens diejenigen Ansätze ihrer Klimapolitik vorgestellt, die De-risking Komponenten enthalten. Kenia hat eine kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) für Geothermieanlagen zur Stromerzeugung entwickelt, die eine Versicherung für Fehlbohrungen, enthält. Diese ähnelt der Schweizer Risikogarantie für Geothermie. Tunesien hat mit dem UNDP eine KEV für Wind und Photovoltaik entworfen, die mittels politischer und finanzieller Instrumente ein ganzes Portfolio an Risiken reduziert.

Die Side-Event Teilnehmer waren sich über die hohe Relevanz und das grosse Potential von De-risking einig. Die wichtigste Frage dreht sich aber um die langfristige politische Umsetzbarkeit der Massnahmen. Nachdem Risiken sehr verschiedene Stakeholder betreffen, sind auch sehr unterschiedliche Teile des öffentlichen Sektors gefordert, diese zu adressieren. Eine Sache scheint also unabdingbar: Engagement auf höchstem politischen Level. Damit die Klimapolitik und damit die Bedingungen für Investoren stabil (also risikoarm) bleiben, müssen klimapolitische Massnahmen Vorteile mit sich bringen, die weit über den Klimaschutz hinausgehen. Nur dann haben solche Bemühungen den nötigen Rückhalt in Regierung und Bevölkerung, um längerfristig – auch bei Regierungswechseln nach politischen Wahlen – Bestand zu haben. Solche Vorteile können langfristig gesicherte Arbeitsplätze, Gesundheitsvorteile (zum Beispiel durch Vermeidung von Russ), aber auch reduzierte Kosten (beispielsweise durch gesteigerte Energieeffizienz) sein.

Ein wichtiger Beitrag für die politische Umsetzbarkeit und den Erfolg von De-Risking Massnahmen wäre sicher ein stringentes Klimaabkommen in Paris 2015. Wir werden Ende der Woche mehr wissen, ob die COP in Lima ein Schritt in diese Richtung war.

Weiterführende Informationen

[1] Offizieller Titel: “De-risking: designing cost-effective NAMAs to attract private sector investment“ (externe SeitePdf Flyer)

[2] Schmidt T.S.: "Low-carbon investment risks and de-risking". Nature Climate Change 4 (2014), 237-239. doi: externe Seite10.1038/nclimate2112

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