Per Mausklick zur Mass-Jeans

Unter dem Label «Selfnation» führen zwei ETH-Studenten seit Kurzem einen Webshop für massgeschneiderte Damenjeans. Dass diese auch wirklich sitzen, garantiert eine an der ETH entwickelte Software.

Vergrösserte Ansicht: Mass-Jeans
Die beiden Co-Gründer: Informatik-Masterstudent Michael Berli (links) und Maschinenbau-Masterstudent Andreas Guggenbühl. (Bild: Lukas Langhart / ETH Zürich)

Es war einmal eine Frau, die ging in ein Kleidergeschäft, probierte eine Jeans an und kaufte sie. «Haha, guter Witz», sagen jetzt die Frauen, denn die Realität ist eine andere. Das weiss jede Frau – und jeder Mann, der schon einmal das Vergnügen hatte, eine Frau beim Jeans-Shopping zu begleiten. Laut den beiden ETH-Studenten Andreas Guggenbühl und Michael Berli probiert eine Frau im Schnitt nämlich rund 15 verschiedene Jeans an, bevor sie sich für ein Paar entscheidet – das dann vielleicht doch nur halbherzig passt. Von den endlosen und nicht selten frustrierenden Shoppingtouren in ihrem weiblichen Freundeskreis inspiriert, haben die beiden einen Weg gesucht, am Computer die perfekte Jeans zu kreieren. Offenbar mit Erfolg. Seit Anfang Dezember ist ihr externe SeiteMass-Jeans-Webshop offiziell online.

Erste Formen angenommen hatte das Unterfangen vor rund zwei Jahren an der ETH Zürich, als der Maschinenbaustudent Andreas Guggenbühl für seine Bachelorarbeit zweidimensionale Schnittmuster aus dreidimensionalen Modellen abzuleiten hatte, während der Informatikstudent Michael Berli für seine Bachelorarbeit der Frage nachging, wie man Verkaufstechniken, die in traditionellen Kleidergeschäften angewendet werden, online simulieren kann. «Am Anfang schnitten wir einfach mal einige handelsübliche Jeans auseinander, um zu analysieren, wie sie zusammengesetzt sind», erinnert sich der 24-jährige Michael Berli.

Zehn Minuten zum Massnehmen

Heute basiert der bewusst sehr einfach gehaltene Bestellvorgang auf einer selber entwickelten Software, die aus den eingegebenen Körpermassen ein 3D-Modell erstellt, in dem sich die Kundin während des Bestellvorgangs «wie im Spiegel bei Zara oder H&M» wiedererkennen kann, wie Co-Gründer Michael Berli sagt – und woraus anschliessend mit Hilfe eines mathematischen Algorithmus das entsprechende Schnittmuster für die Schneiderei erstellt wird. Wer auf der Website selfnation.ch eine Jeans bestellen will, braucht deshalb nur ein Massband und zehn Minuten Zeit. Nach der Wahl eines Jeansmodells erklären kurze Videosequenzen den Kundinnen schrittweise, welche Körperstellen wie vermessen werden müssen. Zehn Tage später wird die Hose per Post verschickt. Kostenpunkt: 219 Franken.

Für den Entwurf der verschiedenen Jeansmodelle ist eine Designerin aus Berlin zuständig, produziert wird in einem Schneider-Atelier im Norden Bayerns, die Stoffe stammen aus Italien. «Wir setzen auf kurze Transportwege und erstklassige Qualität», sagt der 25-jährige Andreas Guggenbühl. Doch hält die Jeans wirklich, was sie verspricht? Jana Krause, Kundin der ersten Stunde und gemäss eigener Beschreibung «ein wenig kurz geraten», ist begeistert: «Bislang musste ich jede Jeans kürzen lassen, doch diese Mass-Jeans sitzt wie eine Eins», so die 24-Jährige. Von den rund 90 Testkundinnen, deren Feedback laut den beiden Gründern wesentlich zur Perfektionierung des Verfahrens beigetragen hat, haben einige bereits ein weiteres Paar Jeans bestellt.

Ambitionierte Expansionspläne

Wer mit seiner Mass-Jeans nicht zufrieden ist, darf diese kostenlos bei einer Schneiderei in Zürich anpassen lassen, und wer danach noch immer nicht zufrieden ist, erhält sein Geld zurück. «Die Zusammenarbeit mit unserer Partnerschneiderei ist eine Win-Win-Situation: Die Schneiderei kommt mit potenziellen Neukunden in Kontakt, und wir können mit jeder Rückmeldung unser Verfahren weiter verbessern», sagt Co-Gründer Guggenbühl.

Da dieser Änderungsservice bislang erst in Zürich angeboten wird, ist auch die Reichweite der Selfnation-Jeans noch begrenzt. Per Anfang 2014 kommen jedoch weitere Partnerschneidereien in anderen Städten hinzu. «Bald können wir die ganze Schweiz abdecken», sagt Guggenbühl. Die Expansion in weitere europäische Länder ist ebenfalls bereits aufgegleist. Und wann kommen die massgeschneiderten Herrenjeans? «Voraussichtlich in einem halben Jahr», sagt Guggenbühl. Ausserdem sind bereits weitere Produktentwicklungen geplant, beispielsweise in Richtung Sportbekleidung.

Offizielles Spin-off der ETH Zürich

Das Jeans-Label Selfnation ist eine Marke der Firma RealLook, die 2013 von Andreas Guggenbühl und Michael Berli als offizielles ETH-Spin-off gegründet wurde. Als Spin-off werden sie von ETH transfer, der Technologietransferstelle der ETH Zürich, beratend unterstützt – inklusive vergünstigten Büroräumlichkeiten im Zürcher Technopark. Im März 2013 durften die beiden Jungunternehmer die ETH Zürich ausserdem am jährlichen internationalen Technik- und Unternehmerfestival externe SeiteTechkriti in Indien vertreten.

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